Kapitel 2

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Es war stockduster und ich saß mit einer Flasche Bier auf meinem Bett. Ich schaffte es nicht, mich von meinen Gefühlen zu entfernen. Diese Gefühle, die mein Leben verdammt schwer machten. Samu war immer so lieb zu mir, aber so war man doch immer als guter Freund, oder? Er war der perfekte Freund. Liebevoll, besorgt, leidenschaftlich. Und genauso, wie er der perfekte Freund war, hatte er seine perfekte Freundin gefunden. Er liebte sie über alles. Wollte sie heiraten und mir würde er damit das Herz brechen. Doch durfte er das nicht erfahren, denn dann würde ich ihn auch noch als Freund verlieren. Es kostete mich verdammt viel Kraft in seiner Gegenwart nichts an mich heranzulassen und auch, nichts aus mir herauszulassen. Und es kostete mich verdammt viel Geld, dass ich mich seinetwegen dauernd besoff. Mit einem Seufzen fiel mein Blick auf die Flasche in meiner Hand, die mittlerweile auch schon wieder leer war. Ich stellte sie neben mein Bett zu den anderen, die ich heute schon geleert hatte und ließ mich dann rückling in die Kissen fallen. "Scheiße ...", murmelte ich in meinen nonexistenten Bart und fuhr mir durch meine Haare.

"Ridge, was hältst du von einem schicken Essen?"

Ich schaute Samu mit großen Augen an und glaubte, meinen Ohren nicht mehr trauen zu können. Fragte er mich wirklich, ob ich mit ihm Essen gehen wollte? Mein Herz begann schneller zu schlagen und meine Hände zitterten leicht. Ich öffnete meinen Mund und wollte etwas sagen, als Samu alles wieder kaputt machte.

"Und danach, zu Hause, mache ich ihr den Antrag? Ist das gut? Kannst du dann in unserem Wohnzimmer warten und irgendwas romantisches auf deiner Gitarre spielen? Das wäre mega."

Innerlich ohrfeigte ich mich. Ich schüttelte über mich selbst meinen Kopf. Wie hatte ich glauben können, er hätte mich gemeint.

"Ja ... Klar, mach ich ...", nickte ich und drehte ihm dann den Rücken zu. Er sollte die Tränen nicht sehen, die seinetwegen über meine Wangen rollten. Er würde nur Fragen stellen und das würde es für mich noch schwerer machen. Denn dann müsste ich ihn anlügen und ich hasste es, das zu tun.
"Ich ... Toilette", murmelte ich dann und verschwand so schnell wie möglich. In meinem Bad angekommen schloss ich dann sofort hinter mir ab und ließ mich mit einem erstickten Schluchzen auf den Boden sinken. Samus Worte taten jedes Mal wieder unglaublich weh und ich durfte nicht zulassen, dass er das bemerkte. Und es zerriss mich in meinem Innersten. "Kopf hoch, Riku, sonst fällt dein Krönchen runter." Elias machte es sich auf meiner Schulter bequem und lächelte aufmunternd. Doch ich schnaubte nur. "Ich bin zwar schwul, aber trotzdem bin ich noch ein richtiger Kerl", knurrte ich, stand auf und wischte meine Tränen weg. Wer war ich denn, dass ich rumheulte.

"Ridge? Ist alles gut?", fragte Samu plötzlich, drückte die Klinke und als er merkte, dass abgeschlossen war, klopfte er leicht. "Hey, Großer, lässt du mich rein?"

Ich stand sofort auf und schaute in den Spiegel. Erleichtert stellte ich fest, dass man nicht direkt sah, dass ich geweint hatte und so schloss ich die Tür wieder auf. Samu kam sofort herein und setzte sich auf den Badewannenrand. "Ich bin kleiner als du", sagte ich leise und lehnte mich ans Waschbecken. Künstlich lächelte ich und wuschelte kurz durch meine Haare. "Ich weiß, aber trotzdem bist du mein Großer. Das weißt du doch, hm? Was ist mit dir los? Ist irgendwas passiert? Ich seh doch, dass du geweint hast." Verdammt! Er kannte mich einfach zu gut. Er merkte es sofort, wenn es mir nicht gut ging.

"Es ist nichts und ich habe nicht geweint", sagte ich dann.

Samu stand auf und stellte sich vor mich. Sah mir in die Augen. Bescherte mir Herzklopfen. Und als seine Hand meine Schulter berührte, verlor ich beinahe meine Beherrschung.

"Riku Juhani Rajamaa, ich kenne dich lang genug, um zu sehen, dass du geweint hast. Und ich finde das auch nicht schlimm, dass du geweint hast.  Das ist doch nur menschlich. Aber bitte sag mir, was los ist, ja? Ich kann es nicht ab, wenn es dir schlecht geht ..."

Ich musste lächeln. Er war so lieb, so süß.

"Es ...", ich stockte. Was sollte ich ihm jetzt sagen? "Meine Oma ist ... sie ... sie hat Demenz und ... sie erkennt mich nicht mehr."

Die Lüge tat mir leid, aber ich konnte nicht ein Fünkchen Wahrheit sagen. Das Problem war nun aber, dass meine Oma mit meinen Eltern nur zwei Häuser weiter wohnte und of bei mir vorbeischaute. Und sie hatte weder Demenz noch war sie anderweitig eingeschränkt. Sie war für ihr Alter wirklich sehr fit.

"Oh scheiße ...", murmelte Samu dann, der wusste, dass meine Oma mir sehr wichtig war und zog mich ohne zu Zögern in seine Arme. Ich lächelte schwach und erwiderte die Umarmung fest, Wenigstens diese eine Chance nutzen, Samu nahe zu sein, ohne, dass es komisch rüberkam.

"Danke, Samu", murmelte ich dann, als Samu sich später verabschiedete, um seine Verlobung weiter zu planen.

Wieder schloss er mich in seine Arme und strich zärtlich über meinen Rücken. Dabei betete ich still, dass er mein Herz nicht klopfen spürt und miich nie wieder loslässt. Letzteres trat nicht ein, aber wenigstens hatte er nichts erfahren, was er nicht wissen sollte.


Irgendwann ist immer das erste MalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt