Nein. Ich kann es halt einfach nicht. Nichts kann ich. Wieso sollte ich auch in irgendwas gut sein? Meine Schulnoten sagen perfekt aus, dass ich nichts kann. Nichts. Hätte ich einen Zweitnamen, dann würde er entweder Nichts oder am besten noch Nichtsnutz lauten.
Alles, was ich mal glaubte zu können, offenbarte sich als eine Lüge. Die eine, unbeschwerte Woche Urlaub hat mir gezeigt, dass meine Welt eine Welt voller Verzweiflung und schlechten Ergebnissen ist.
Egal um welche Arbeit es ging, ich war seit neustem immer der Schlechteste in meinem Freundeskreis. Ja, ein oder zwei schlechte Noten waren nicht die Welt, aber warum auch immer, gingen nun alle meine Noten nach unten. Und die ersten Prüfungen standen auch an.
Lohnt es sich überhaupt zu lernen? Wenn die Note eins unter meiner Vornote liegt, dann macht es eh nichts. Besser werde ich sowieso nicht sein, aber zumindest schlechter. Was heißt hier zumindest? Ich bin schlecht. Das weiß ich, aber zeige es nicht.
Selbst in Musik. Meinem Lieblingsfach. Der Klassenkameradin, der ich etwas Nachhilfe für die Klassenarbeit gegeben habe, war besser als ich. Vom Prinzip her.
Ich hatte eigentlich nur Noten von 1-2, sie von 3-5. Und die Fünf war oft vertreten. Warum sie Musik gewählt hat? Weil sie in Kunst noch schlechter sei. Dabei glaube ich das nicht. Ich wäre garantiert noch schlechter.
In der Klassenarbeit habe ich eine Drei bekommen, sie eine Vier. Ist die Logik jetzt verständlich? Sie hatte sich sogar mit einer Süßigkeit bei mir bedankt. Einmal für die Nachhilfe und einmal für die, für sie, gute Note.
Als sie mich fragte, ob ich traurig wäre, dass ich eine Drei geschrieben habe, habe ich sie einfach angelächelt und den Kopf geschüttelt. Schlechte Noten kämen vor. Ich glaube, es wäre weniger schmerzhaft gewesen, wenn sie nicht noch gesagt hätte, dass ich das hundertprozentig wieder ausbügeln könnte.
Ha, sehr lustig. Vielleicht früher. Aber heute sieht das alles ganz anders aus. Warum? Ich weiß es nicht. Mir wird alles gerade zu viel.
Meine Fassade bekommt risse. Sie verliert immer mehr die Farbe. Kleine Dinge, harmlose, lassen sie immer weiter kaputt gehen. Nichts könnte diesen höllischen Vorgang stoppen. Es ist ein Wettkampf mit der Zeit. Bin ich schneller aus der Schule raus, oder bricht die langlebige Fassade zuerst?
Die Fassade bricht. Naomi ist schuld. Mein schlechtes Gewissen ist schuld. Wieso habe ich auch weiterhin mit ihr Kontakt gehalten? Wieso muss sie so liebevoll sein? Wieso kann sie mich nicht wie die anderen in Ruhe lassen?
"Wenn es dir nicht gut geht, dann schreibe mir bitte, ja?" Damals, vor zwei Tagen, hatte ich mit einem einfach "Natürlich doch" geantwortet. Heute bereiten mir diese Worte Sorgen.
Ich will ihr aber keine Sorgen bereiten. Lieber weine ich noch die ganze Nacht, weine mich in den Schlaf, weine auch morgen nach dem Aufstehen noch weiter, nur damit sie nichts von meinen Problemen erfährt.
Niemals würde ich sie damit belästigen wollen. Wieso auch? Es ist mein Problem, nicht Naomis. Meine Fassade ist gebrochen. Nichts wird sie wieder aufbauen können. Nichts. Das bin eigentlich ja ich.
Doch die neuste Nachricht war die schlimmste für mich. "Hey Yoongi, warum bist du so spät noch wach?" Weil ich mir um kurz vor zwei Uhr morgens die Seele aus dem Leib heule, da meine Noten schlechter werden und mir auch alles andere gerade zu viel wird.
Mich haben schlechte Noten nie gekümmert. Nie. Aber jetzt auf einmal. Durch den Urlaub habe ich erfahren, wie schön es ist, ohne Probleme zu leben. Tja, und jetzt sind sie da. Intensiver als zuvor. Schmerzhafter als zuvor. Unerträglicher als zuvor.
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BTS One Shots
FanfictionKurze Geschichten von mir für euch. Von süßen Texten zum Dahinschmelzen, bis hin zu welchen, bei denen man den Schmerz nachvollziehen kann. Für jeden ist etwas dabei.