Lachend beendete ich die Audio an Jungkook und das Lächeln in meinem Gesicht verschwand augenblicklich. Ich war wirklich froh darüber, dass er nach Mitternacht noch wach ist, um mich vom Schlafen abzuhalten. Auch wenn er davon nichts wusste. Aber ohne ihn, wüsste ich echt nicht, was ich tun würde.
Die Decke anstarren? Hoffen keine Alpträume zu bekommen? Dasitzen und die Sekunden zählen, bis die Sommerferien vorbei sind? Wer weiß, ich hatte noch ein paar Möglichkeiten.
Doch spätestens gegen ein Uhr nachts wurde auch Jungkook müde. Dann saß ich wirklich einfach nur da und dachte nach. Oder ich versuchte zu schlafen. Versuchte. Eigentlich wollte ich nicht schlafen. Genau aus diesem Grund schaute ich fast alle fünf Minuten auf mein Handy, in der Hoffnung, jemand möchte mit mir Kontakt haben.
Viele Menschen kennen vielleicht die Tatsache, dass manche Menschen sich trotz tausender Facebook-Freunde allein und einsam fühlen. Bei mir war es nichts anders. Nur fehlten mir sowohl Facebook als auch die tausend Freunde.
Ich habe echte Freunde, gute Freunde. Jungkook ist einer von ihnen. Auch habe ich noch einige Bekannte, tatsächlich ein paar Internetbekanntschaften und sogar noch Kontakt zu alten Klassenkameraden. Trotzdem fühle ich mich einsam.
Diese Einsamkeit spiegelte sich auch in meinen Träumen wieder. Alle Träume der letzten Woche waren im Kern gleich. Ich war allein. Zwar hatte ich meine Freunde um mich herum, aber sie haben mir nicht geholfen, als ich wegen des Flechtens ein paar bunter Bänder von einer Frau im Schwimmbad zur Rede gestellt wurde. Das sei da nicht erlaubt gewesen. Meine Freunde saßen neben mir und lachten glücklich zusammen.
In einem anderen Traum war ich mit vielen Schüler meiner Schule in einer Art Hotel. Alle Leute die ich gesehen habe, kannte ich, aber befreundet waren wir nicht. Ich hatte sogar den Tisch für meine Freunde und mich gedeckt. Aber es kam niemand.
Solche und ähnliche Träume hatte ich in letzter Zeit. Und immer wenn ich aufwachte, fühlte ich mich noch einsamer. Diese Einsamkeit verdarb mir zusätzlich noch meine Ferien.
Ich hatte auf nichts Lust. Vielleicht mal eine Stunde lesen oder kochen am Tag, aber sonst blieb meine Motivation so ziemlich aus. Meine Ferien wollte ich für so viel nutzen, aber jetzt wollte ich nicht mehr.
Selbst wenn ich den halben Tag mit meinen Freunden schrieb, es änderte nichts daran. Jungkook gab mir ab und zu mal das Gefühl, dass ich ihm wichtig bin, dass er froh ist, mit mir Kontakt zu haben. Bei anderen war das eher selten.
Wieso sollte man auch sagen, dass eine Person einem wichtig ist? Sie weiß es meistens doch schon. Das stimmt vielleicht, aber manchmal möchte man das trotzdem gerne hören.
Auf meinem Handy erschien eine neue Nachricht von Jungkook. Eine Audio. "Ach, Xena, wie kommst du nur auf solche Sachen?" Er lachte "Wenn du willst, können wir morgen gerne weiter über deinen Ideenreichtum sprechen, ja? Ich bin hundemüde und kann morgen nur bis 10 Uhr ausschlafen. Du weißt ja, warum." Obwohl er es nicht mitbekam, nickte ich automatisch mit dem Kopf. "Wir schreiben dann morgen wieder. Gute Nacht!"
Schnell antwortete ich mit einer Textnachricht, wünschte ihm auch eine gute Nacht und seufzte. Ich würde auch gerne mal wieder bis 10 Uhr ausschlafen. Aber ich stellte mir den Wecker bereits um halb sechs, damit ich ohne mich an meinen Traum zu erinnern, aus dem Schlaf gerissen werde. Nach dem Klingeln bleibe ich aber liegen und mache einfach die Augen zu. So schlafe ich wenigstens noch ein bisschen, aber habe keine Träume in denen ich allein bin.
Jetzt wo Jungkook nicht mehr das war, hieß es für mich, dass es Zeit ist, mit meinem 3DS zu spielen. Und ich spielte ein Spiel, in dem ich wenigstens von einem Computer hin und wieder ein Kompliment und auch Aufmerksamkeit bekam. Doch viel besser fühlte ich mich nicht.
Nach zwei Stunden war es schwer, meine Augen noch länger aufzuhalten. Also speicherte ich, obwohl ich gerade neue Klamotten kaufen wollte, und schaltete meinen 3DS aus. Ich seufzte und legte das Gerät beiseite. Dann checkte ich noch kurz mein Handy und fand da sogar etwas Interessantes, was auch Jungkook interessieren würde.
Ich machte einen Screenshot davon und sendete ihn gleich weiter. Gerade als ich aus dem Chat. rausging, sah ich, dass Jungkook meine Nachricht gesehen hat. Er war noch wach?
"Xena, warum bist du noch wach?", fragte er schriftlich und ich wusste, dass ich in der Falle sitze. Wenn Jungkook mich nämlich direkt ansprach, war immer irgendwas los. Und in diesem Fall, war bei mir etwas los. Das wusste er genau.
Da ich nicht sofort geantwortet habe, fügte er hinzu: "Sag mir bitte gleich die Wahrheit. Irgendetwas stimmt mit dir nicht, das weiß ich." Auch darauf antwortete ich nicht. Denn ich wusste nicht, wie ich das machen sollte.
Wie soll man einer Person, mit der man täglich schreibt, erklären, dass man sich einsam fühlt? Kann man das etwa einfach so sagen? Das kommt mir seltsam und auch peinlich vor. Und vielleicht fühlt sich Jungkook dann auch verletzt, weil ich mich trotz seiner Anwesenheit einsam fühle. Na ja, Anwesenheit war relativ.
Plötzlich zeigte mein Handy an, dass Jungkook anrief. Ich war überfordert mit der Situation. Was sollte ich tun? Selbst wenn ich rangehe, hätte ich nichts zu sagen, weil ich nicht wüsste, was.
Jungkook beendete den Anruf und schrieb mir wieder. "Nimm den Anruf bitte an. Ich will wissen, was mit dir los ist. Langsam mache ich mir wirkliche Sorgen." Ein paar Sekunden später rief er wieder an. Diesmal ging ich auch dran und hielt mein Handy an mein Ohr.
Mit ruhiger Stimme fragte er, was los sei. Diese fürsorgliche Frage löste etwas in mir aus. Denn auf einmal waren so viele Gefühle gleichzeitig in mir. So viele unterschiedliche.
Ich war froh, dass es Jungkook interessierte, wie es mir ging. Ich fühlte Sehnsucht, nach Jungkooks Nähe. Ich war aufgelöst, weil Jungkook sich Sorgen machte. Ich war hellwach vor Aufregung. Doch vor allem war ich eins.
Einsam.
"Xena, wenn du im Moment nicht reden möchtest, dann können wir auch später reden. Aber falls du mich brauchst, bin ich jederzeit für dich da. Und deswegen", ich hörte, wie Jungkook sich bewegte, "werde ich den Anruf weiterlaufen lassen und dir so etwas Gesellschaft leisten. Auch wenn wir nicht miteinander sprechen."
Mir stiegen Tränen in die Augen. Er wollte wirklich am Handy bleiben, damit ich nicht allein bin? Mir Nähe geben, obwohl wir nicht in echt beinander waren? Womit hatte ich ihn verdient?
"Jungkook, das ist lieb von dir. Danke", sagte ich leise und legte mich ebenfalls bequem in mein Bett. "Keine Ursache, das würde ich für dich immer wieder tun. Selbst wenn ich total müde bin. Du bist mir in dem Moment einfach wichtiger."
Beim seinem letzten Satz spürte ich die erste Träne meine Wange herunterlaufen. Ich war ihm wichtig. Ich war ihm wirklich wichtig.
"J-Jungkook, weißt du, wie glücklich du mich gerade gemacht hast? Denn ich vermisse dich so sehr", gab ich endlich zu. Und da liefen auch schon die nächsten Tränen.
"Ich vermisse dich auch, Xena", erwiderte er und fügte noch hinzu: "Weißt du was, wie wäre es, wenn wir uns morgen irgendwo treffen. Egal wann, egal wo. Nur wir beide, um Zeit miteinander zu verbringen und damit wir uns nicht mehr so sehr vermissen. Was hältst du davon?"
Ich stimmte sofort zu. Denn ich wollte unbedingt zu Jungkook. Ein wild Fremder wäre auch gegangen, aber Jungkook war mir um einiges lieber.
"B-Bekomme ich dann auch eine Umarmung von dir?", fragte ich nach, denn ich glaubte, genau das brauchte ich auch dringend. Etwas Aufmerksamkeit und Zuneigung. Jungkook lachte kurz auf. "Natürlich bekommst du eine Umarmung. Die hast du dir verdient."
Wofür hatte ich mir eine Umarmung verdient? Hatte ich irgendwas Besonderes getan? Ich konnte mich nicht daran erinnern. Und deswegen fragte ich auch nach.
"Du hast dir die Umarmung verdient, weil ich keinen tolleren Menschen kenne als dich."
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1309 Wörter
~🌹LY🌹~
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BTS One Shots
FanfictionKurze Geschichten von mir für euch. Von süßen Texten zum Dahinschmelzen, bis hin zu welchen, bei denen man den Schmerz nachvollziehen kann. Für jeden ist etwas dabei.