Teil 7

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Metallisches Klirren erklang, als sie sich mit den Händen die Schläfen massieren wollte, doch starke Ketten hielten ihre Hände starr über ihren Kopf erhoben. Sie war soeben von einem tiefen Schlaf erwacht. Einem unruhigen Schlaf der keinerlei Erholung brachte. Ihr Kopf dröhnte und jeder Muskel in ihrem Körper schien zu brennen, nichts hörte mehr auf ihren Willen. Gar zum Öffnen der Augenlider schien ihr die Kraft zu fehlen.
Verdammt wo bin ich?, jeder einzelne Gedanke verschwand augenblicklich wieder, bevor sie ihn zu fassen bekam. Sie konnte sich weder daran erinnern, was passiert war, noch wie sie, an in Ketten hängend, an diesen Ort gelangt war. Wieder verschwommen ihre Sinne und sie nickte ein.

Einige Male, Felicia hätte bei Leibe nicht mitzählen können wie oft, erging es ihr so. Erst nach einigen Stunden war sie imstande sich der Müdigkeit zu erwehren.
Sie strengte all ihre Sinne an, um aus der Situation in die sie geraten war, schlau zu werden. Wasser war zu hören, das als Tropfen kontinuirlich in eine Pfütze fiel. Dieser Geräusch war derart penetrant, dass ihre Kopfschmerzen nur noch schlimmer wurden. Ihre Augen konnten nichts erkennen, sie war von absoluter Dunkelheit umgeben, doch ihr Instinkt sagte ihr, dass sie alles andere als alleine war.

"Aufwachen Hexe!" Der dumpfe Klang von Eisen das auf Eisen schlug, vermischte sich mit dem der Wassertropfen.
Felicia zuckte unter dem Schlag zusammen, als wäre sie selbst davon getroffen worden. Unendlich langsam öffneten sich ihre Augenlider. Sie erkannte einen Lichtkegel und darin die unklare Gestalt eines Mannes in abgewetzten Kleidern und einem grauen Lederharnisch. Der Mann stand auf der anderen Seite von Gitterstäben.

Abermals schlug der Fremde mit einem Eisenstab gegen die Gitterstäbe. In der anderen Hand trug er eine Fackel, die einen schwachen Lichtschein warf, der aber genügte um Felicia endlich zu offenbaren wo sie war. Unter einem Gewölbe von geschwärzten Stein standen unzählige Zellen, teils überschwemmt von Wasser. Sie hängte in Ketten unter der Decke, ihre Füße schwebten über den feuchten Boden.

"Felicia. Das bedeutet doch 'Die Glückliche'? Wo ist dein Glück jetzt, Bluttrinkerin?" Der Mann hatte einen grässlichen Akzent, und bei jedem seiner Worte flog Felicia seine Speichel ins Gesicht.

"He! Hörst du mich?!" Der Mann wurde nun aggressiver, es folgten wieder Schläge gegen die Zellgitter.

"He! Arschloch!", rief Felicia. Ihre Stimme war dünn und brüchig, doch genügte es, dass der Wärter vor Schreck zurücksprang.
"Schlag noch einmal mit deinem Stab gegen die Stangen, dann nehm ich dir dein Spielzeug und brech dir beide Arme damit!"

Ihre Worte zeigten Eindruck. Der Glatzkopf stolperte zurück, der Lichtkegel der Fackel zog weiter. Felicias Blut geriet in Wallung, langsam kam sie wieder voll und ganz zu sich. Nun erst erkannte sie, in welch missliche Lage sie geraten war.
Verdammt, nicht schon wieder. Felicia schüttelte den Kopf. Dies war nicht das erste Mal, dass man sie eingekerkert hatte. Doch diesmal schien die Lage wirklich misslich. Sie schaute sich um, versuchte mehr von ihrer Umgebung zu erkunden, solange der Wächter, und vor allem dessen Fackel, noch im Gewölbe bei den Zellen verweilte.

Der Mann glotzte eben durch die Gitterstäbe der benachbarten Zelle. Er steckte sein vernarbtes Gesicht durch die Stäbe, wie eine Schildkröte ihren Kopf aus dem Panzer streckt. Er grinste, was einen Blick auf seine Zähne freigab. Drei Beißerlein, der Farbe nach aus Bienenwachs, thronten einsam in seinem Mund.

Auch in der Zelle nebenan war ein Unglücklicher eingeschlossen. Felicia gelang es aber nicht, mehr als einen Schatten zu erkennen, der im Halbdunkel auf einem Strohlager saß. Seine Arme umschlangen die Beine, die Füße waren angezogen. Wohl aus Furcht vor den Ratten die zu Dutzenden über den Boden der Zelle huschten.

"Wenigstens du, hübsche Prinzessin, bist freundlich zu mir..." Die Stimme des Wärters widerte Felicia an. Vor ihrem Inneren Auge sah sie, wie ihre Dolche den Wamst des Schweines aufschlitzten. Meine Waffen..., voller Schrecken bemerkte sie erst jetzt, dass man ihr ihre geliebten Klingen genommen hatte. Sie schwor sich, dass die dafür Verantwortlichen langsam ausbluten würden.

"Na, was hälste davon, wenn ich hineinkomme und wir ein bisschen Spaß haben?" Seine klobige Zunge leckte über die Lippen, während seine Hand den Eisenkolben in eine Schlaufe am Gürtel steckte und sogleich den klimpernden Schlüsselbund hervorholte. "Die Hauptmänner haben allen Soldaten verboten dich auch nur anzufassen. 'Sie gehört dem König', haben sie gesagt," der Mann trat langsam durch die Zellentür, "aber hier ist weder ein Hauptmann, noch der König. Nur ich, der arme, alte Phill", er klopfte sich mit der Rechten gegen die Brust, ein Bastard zu sein machte ihn wohl stolz, "den sie immer zurücklassen um auf diese grässlichen Gefangenen Acht zu geben. Aber jetzt...", der Mann ging vor dem Mädchen in die Knie, rammte die Fackel in einen Spalt im Boden, und packte das Mädchen grob an beiden Oberschenkeln, "ja... jetzt hol ich mir meinen Lohn!"
Felicia erkannte, dass die Hände des Mädchens, deren Gesicht hinter ihren langen, schwarzen Haaren versteckt war, in Handschellen in der Wand in ihrem Rücken steckten. Ich muss dem Mädchen helfen!, schoss ihr der Gedanke durch den Kopf. Doch es gab nichts, das sie hätte tun können. Mit ganzer Kraft rüttelte sie an ihren eigenen Ketten.
Natürlich geschah nichts. Das Eisen scheuerte auf ihrer Haut, bis diese unerträglich zu brennen begann.
Nichts wiederte Felicia mehr an als Männer die ihre Überlegenheit auszunutzen. Außer vielleicht der Fakt, dass sie dem hilflosen Mädchen nicht helfen konnte und dazu gezwungen war, Zeuge des barbarischen Treibens zu sein.

Dolch & Rose - Die letzte AssassineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt