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Knall! Die Tür schlug so fest zu, dass man meinen könnte die Wände wackeln. Liz´ und Franzis Eltern hatten sich wieder mal gestritten. Das passierte in der letzten Zeit öfter. Bei jeder Gelegenheit, bei dem kleinsten Fehler schrien sie den Anderen an. Am Ende knallte dann immer eine Tür, meistens die Schlaf- oder Wohnzimmertür. Doch heute war es die Haustür. Liz´ und Franzis Vater hatte im Streit ein paar Sachen zusammen gepackt und war nun mit dem Auto weg gefahren.

  „Mama?“ Liz kam in das Zimmer ihrer Eltern und fand ihre Mutter in sich zusammen gesunken in der hintersten Ecke. Vor einer halben Stunde hatte Liz Franzi einen Film angemacht und auf die höchste Lautstärke eingestellt, damit sie nichts von dem Streit ihrer Eltern mitbekam.

  „Er ist weg. Er ist weg“, wiederholte ihre Mutter immer wieder. „Er ist weg.“ „Papa kommt bestimmt wieder. Er würde uns doch nicht alleine lassen“, versuchte Liz ihre Mutter zu beruhigen. Doch ihre Versuche waren vergebens. Ihre Mutter hatte zwar aufgehört vor sich hin zu murmeln, aber ihr Blick war starr auf den Boden gerichtet.

  Liz ging auf sie zu und legte ihren Arm um sie. Bei der Berührung zuckte ihre Mutter zusammen und erwachte aus ihrer Trance.

  Erst jetzt registrierte Liz´ Mutter richtig, dass ihre große Tochter alles mitbekommen hatte. „Was ist mit Franzi? Hat sie auch gemerkt, dass ihr Vater weg ist?“ „Nein, sie sitzt in ihrem Zimmer und guckt auf meinem Laptop Barbie. Sie benutzt meine Kopfhörer, also dürfte sie eigentlich nichts von all dem mitbekommen haben“, antwortete Liz ihrer Mutter. Diese merkte, wie erwachsen ihre Tochter geworden war. Sie musterte ihre Tochter von der Seite. Sie wirkte auf einmal so erwachsen. Ihre braunen Locken hatte sie in einem strengen Zopf nach hinten gebunden. Ihre braunen Augen schauten ernst und zugleich liebevoll. Sie selbst dagegen kam sich schwach und verloren vor. Ihre schwarzen, langen Haare hingen in einzelnen Strähnen herab. Ihre blauen Augen blickten ängstlich und hilfesuchend durch das Zimmer. Eigentlich müsste es umgekehrt sein.

  Langsam standen beide auf und gingen aus dem Zimmer in die Küche. Dort angekommen holte Liz für ihre Mutter eine volle Packung Eis-Creme und einen großen Löffel. Sie hatte irgendwo mal gelesen oder gehört, dass das gegen Kummer half, also müsste diese Methode ja eigentlich auch hier funktionieren.

  Gerade als ihre Mutter den ersten Bissen nahm, kam Franzi ins Zimmer. „Ich will auch Eis“, maulte sie. Ihre Mutter schob ihr das Eis hin und stand auf. „Ich habe sowieso keinen Appetit mehr“, erklärte sie und verließ das Zimmer.

  Liz blieb mit ihrer Schwester Franzi am Tisch sitzen und sah ihr zu, wie sie das restliche Eis aß. Ihre braunen Locken hingen fast in der Eisbox. Ihre grünen Augen suchten gierig nach mehr zu Essen. Liz verstand noch, wie jemand so viel essen konnte und trotzdem nicht breiter wird. Sie selbst war auch nicht breit. Ihre Meinung nach könnte sie etwas weniger Bauch haben, aber die anderen sagen immer, die sei eigentlich genau richtig.

  Plötzlich ertönte ein Knall. Liz und Franzi schauten sich erschrocken an und rannten in die Richtung, aus der der Knall gekommen war. Schließlich standen beide vor dem Bad.

  Liz rüttelte an der Tür und musste feststellen, dass diese verschlossen war. Franzi rannte nach draußen in den Garten, um durch das Fenster ins Bad zu spähen. Was sie sah, war schrecklich. Ihre Mutter lag auf dem kalten Fußboden. Der Spiegel lag zerbrochen neben ihr und überall waren Scherben verteilt. Vor lauter Schreck übersah Franzi das bisschen Blut, das an Waschbeckenrand klebte und die leere Schachtel Tabletten, die daneben lag.

  Für ein paar Sekunden stand sie einfach nur da und starrte weiter durch das Fenster, doch dann schüttelte sie den Kopf, wie um sich selber zu wecken und stürmte wieder ins Haus. Dort rannte sie zu Liz und erzählte ihr, was sie gesehen hatte.

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