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Liz dachte nach. Lange lag sie einfach nur mit offenen Augen auf den Bett, doch ohne etwas zu sehen, und durchdachte alle Möglichkeiten die sie hatten. Zum Schluss hatte sie zwei Ideen zur Auswahl. Die Erste war, sich weiterhin versteckt zu halten und zu hoffen, oder ins Heim zu gehen. Doch auch wenn sie weiterhin in dem holen Baum bleiben würden, würde die Polizei sie irgendwann finden. Irgendwie mussten sie ja an Nahrung kommen. Außerdem wollte Liz nicht immer auf der Flucht sein. Das waren vielleicht die, die jemanden ermordet hatten, aber doch keine unschuldigen Kinder.

 Sie mussten wohl oder übel ins Heim. Auf Zehen schlich sie zu Verenas Bett und rüttelte sie vorsichtig wach. Diese murrte ein bisschen herum, setzte sich aber schließlich doch auf und sah sich verwirrt um. Dann erinnerte sich Verena wieder an den vergangenen Abend.

 „Hilfst du mir beim packen?“, fragte Liz und hoffte insgeheim, dass Verena noch nicht nach Hause musste. Diese aber streckte sich erst einmal ausgiebig in alle Richtungen und antwortete schließlich mit verschlafener Stimme: „Ja klar. Ich lass dich doch jetzt nicht alleine!“ Damit machten sich die beiden an die Arbeit, die Schubladen leise auf zuziehen und die Kleider wieder in die Taschen zu räumen.

 Während sie die erste Tasche zur Seite stellten und mit der Zweiten weiter machten, fragte Verena: „Versprichst du mir etwas?“ Ihre Freundin hörte sich fast so an, als ob sie jeden Moment in Tränen ausbrechen würde. Liz war verblüfft. Das kannte sie gar nicht von ihr. Sonst war Verena immer die Diejenige, die Liz trösten musste. Mit einem beruhigenden Unterton antwortete Liz schließlich: „Ja klar. Alles was du willst.“ „Versprich mir, dass du mich nicht vergisst. Und dass du mich besuchst, sobald du kannst.“ Verena brachte kaum einen Ton heraus. Die Tränen flossen ihr über die Wangen, als wollten sie das ganze Versteck überfluten. „Dich vergessen? Wie könnte ich dich vergessen?“ Liz war überrascht, dass Verena ihr so etwas überhaupt zutraute.

 „Ich habe eine Idee. Der wievielte ist heute?“ „Der 15.10. Warum fragst du?“, antwortete Verena fast schon neugierig. Liz antwortete mit einem fröhlichen Flöten: „Dann treffen wir uns jedes Jahr am 15.10. in unserem Versteck. Solange wir uns jährlich treffen, werden wir uns nicht vergessen.“ So wie Liz das sagte, klang es ziemlich kindisch, aber wenn Verena so darüber nachdachte, war es ein Zeichen für Treue und Freundschaft. „Abgemacht“, antwortete Verena und kam sich vor wie ein kleines Mädchen, dass mit seiner Freundin Glasmurmeln tauschte. Du bekommst zwei Blaue und ich dafür die Lilane.

 Beide trockneten ihre Tränen und packten die zweite Tasche fertig. Nach zehn Minuten, in denen keiner ein Wort gesagt hatte, hörten beide hinter sich ein Geräusch und drehten sich wie auf Kommando um. Franzi war aus ihrem langen Schlaf erwacht und streckte sich nun, als hätte sie mehrere Jahre geschlafen. Doch erst als sie ihre Augen nach den langem Reiben öffnete, merkte man, wie müde sie gewesen war. Ihre Augen waren zu kleinen, schmalen Schlitzen geformt, ihr Mund öffnete sich immer wieder, um das nächste Gähnen anzukündigen und ihre Haare standen wild in alle Richtungen. Sie sahen aus, als wären sie noch nie mit einer Bürste in Berührung gekommen.

 Franzi stand auf und tapste in Socken über die dreckige Erde zu Verena und Liz. "Ist hier irgendwo was zu trinken?", fragte sie kleinlaut. Ihre Stimme klang rau, als wäre ihr Hals ausgetrocknet. Liz reichte ihr eine Dose Cola, die Verena mitgebracht hatte, doch als Franzi sie öffnete, gab es ein Zischen und alle drei Mädchen wurden mit einer spritzigen Ladung Cola geduscht. Verena versuchte die Cola mit den Händen abzuhalten, während Liz vor Schreck aus ihrer Hocke nach hinten auf den Hosenboden fiel. Franzi ging ein paar Schritte rückwärts. Als nichts mehr aus der Dose spritzte, war es für einige Sekunden still, bevor alle gleichzeitig in lautes Lachen ausbrachen.

 Doch sie verstummten zeitgleich, als sie leise Schritte wahrnahmen. Die Schritte entfernten sich zwar von ihnen, doch sie waren sich sicher, dass die nicht von draußen kamen.

 Verwirrt sahen sich die drei Mädchen an. In der Ferne waren die Schritte noch immer zu hören. Eingebildet hatten sie es sich also nicht. Verena brach das Schweigen als erste: "Woher kam das?"

 Es war die Frage, die allen durch den Kopf ging, doch keiner wusste die Antwort. Die Schritte hatten sich in der Zwischenzeit so weit entfernt, dass sie keine Richtung mehr ausmachen konnten, doch Franzi war sich sicher, dass sie aus Richtung der Strickleiter gekommen waren. Also gingen sie an die Wand, über der die Klappe war und schauten sie genauer an. Verena fing an, die Wand an der einen Seite abzuklopfen.

  "Glaubst du, das funktioniert wirklich? Das klappt doch nur in Filmen", meinte Liz und klopfte zur Demonstration hinter der Strickleiter gegen die Wand. Sie erschrak, als sich das Klopfen anders anhörte und ihre Fingerknöchel auf etwas glattes, metallisches stießen. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 08, 2014 ⏰

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