Lucys Perspektive
Der Abend brach über das Land hinein und ich saß noch immer vor Natsus Bett und hielt seine Hand. Leidend durch die Angst, dass jede Sekunde etwas passieren könnte. Doch aktuell war es still. Außer das regelmäßige piepen der Geräte und Natsus leises atmen, dass man durch die Maske hören konnte, war nichts zu vernehmen.
Ab und zu kam eine Krankenschwester in den Raum und kontrollierte seine Werte. Doch bis jetzt schien alles okay gewesen zu sein. Jedesmal wenn sie den Raum verließen ohne einen besorgten Gesichtsausdruck zu machen viel mir ein kleiner Stein vom Herzen.
Mittlerweile war es gegen 20 Uhr und Michelle hatte sich bereits verabschiedet. Im selben Zug stellte sie mir eine Kollegin und Freundin vor die jetzt an ihrer Stelle kam. Wenn ich Probleme oder Sorgen hatte sollte ich mich bei ihr melden. Außerdem hat sie mir etwas zu trinken vorbei gebracht und wollte auch für etwas zu essen sorgen, was ich allerdings ablehnte. Ich hatte einfach die Vorahnung nichts runter zu bekommen. Denn jedes mal wenn ich Natsu ansah bekam ich ein mulmiges Gefühl im Bauch, so könnte ich nichts essen.
Momentan holte mich sowieso ein anderes Bedürfnis ein. Denn ich wurde Minute für Minute müder. Die Angenehme wärme und das gedämmte Licht im Zimmer machten es mir nicht leicht die Augen offen zu halten. Doch wenn ich mich hinlegen wollte müsste ich in ein anderes Zimmer gehen, da auf der Intensiv Station keine Besucher Betten aufgestellt wurden. Und da ich wegen des Vorfalls eine Sondergenehmigung hatte und auch außerhalb der Besuchszeiten bei Natsu bleiben durfte, würde ich das sicher nicht Wegschmeißen um wo anders zu schlafen. Hartnäckig versuchte ich also wach zu bleiben. Doch ich sank immer mehr in meinen Stuhl, bis ich mich schließlich auch noch mit dem rechten Arm auf der Matratze neben mir abstürzte. Meine Linke Hand blieb bei Natsus.
Öfters zuckte ich kurz auf und versuchte mich zusammen zu reißen.
Doch es dauerte nicht lange bis auch der letzte Versuch wach zu bleiben scheiterte und ich schließlich komplett auf der weichen Matratze zusammen viel und dort einschlief..-.-.-.-.-.-.-.
Einige Stunden später wurde ich von einigen Geräuschen plötzlich wach. Erschrocken riss ich die Augen auf. Ich war verschwitzt und atmete schwer. Wieder ein Albtraum. Dieses Erlebnis würde mich wohl nicht anders verfolgen als das letzte. Die Erinnerung an den Traum trieb mir wieder die Tränen in die Augen. In ihm waren die heutigen Ereignisse bereits weiter fortgeschritten, ohne das die Polizei alles unterbrechen konnte. Geplagt von diesen Gedanken erhob ich mich von der Matratze und setzte mich wieder aufrecht hin, während ich mit meinem Handballen einige Tränen vertrieb.
"Entschuldigung, habe ich sie geweckt?", fragte plötzlich eine Krankenschwester, die auf der anderen Seite des Bettes stand. Ich bemerkte sie zuvor gar nicht. Die Frau war gerade dabei irgendetwas an Natsus Infusion zu regeln und das gab die Geräusche von sich, von denen ich wach wurde.
"Ist schon gut, es war besser so.", antwortete ich ihr verschlafen. Sie nickte darauf hin nur mit einem gedrückten Gesichtsausdruck. Dann bewegte sie sich zu einem Schrank aus dessen Schublade sie etwas nahm. Damit bewegte sie sich wieder zu Natsus rechter Seite. Jetzt fiel mir auch auf das die Blutinfusion in den letzten Stunden abgenommen wurde. An der Stelle wo bis vor kurzem noch die dicke Nadel steckte saß nun eine kleinere Kanüle. Die selbe die bereits an seiner Hand angebracht war. Die Krankenschwester packte eine Spritze aus und zog damit ein Medikament aus einer kleinen Glasflasche ein. Dann setzte sie an der eben neu Entdecken Kanüle an und drückte die Flüssigkeit aus dem durchsichtigen Gefäß der Spritzte heraus.
"Was ist das?", wollte ich wissen, während ich mir müde ein Auge rieb.
"Schmerzmittel.", erwiderte sie nur kurz. Verstehend nickte ich ihr zu.
Die Schwester verließ wortlos das Zimmer und lies mich mit Natsu zurück. Es war bereits 4 Uhr Morgens. Das bedeutete das die Sonne bald aufgehen würde. Ich entschied mich also dazu für einen kurzen Moment ein Bad aufzusuchen und mich etwas frisch zu machen. Ein letztes mal streichelte ich gefühlvoll über Natsus Hand, bevor ich aufstand und das Zimmer verließ. Zwischen den zahlreichen Zimmern befand sich eine Toilette für Besucher. An den zuvor gehenden Waschbecken wusch ich mir mein Gesicht und meine Arme. Das kühle Wasser tat gut und ich machte mich wieder relativ wach.
Missmutig betrachtete ich mich im Spiegel. Im Moment glich ich eher einer Wasserleiche, als einem gesunden Menschen. Gedemütigt von dieser Erkenntnis kehrte ich ins Krankenzimmer zurück. Dort angekommen setzte ich mich wieder neben das Bett und griff sofort nach Natsus Hand. "Ich bin wieder da.", teilte ich ihm leise mit. Und so saß ich wieder Stunde um Stunde neben ihm und lies meinen Gedanken freien lauf. Kurz vor sieben Uhr endete allerdings die Stille.
"Guten Morgen.", ertönte eine freundliche Stimme hinter mir. Ich fuhr herum und erblickte Michelle die im Türrahmen stand und mich anlächelte.
"Guten Morgen Michelle.", erwiderte ich.
"Ich habe Besuch für dich mitgebracht.", sagte sie und sah mich dabei breit grinsend an. Etwas verwirrt stand ich also auf und wendete mich mit einem letztem sehnsüchtigen Blick von Natsu ab. Sofort als ich das Zimmer verließ wurde ich praktisch von einer Umarmung überfallen. Im ersten Moment konnte ich noch nicht einmal zuordnen wer mich da eigentlich umklammerte und geriet leicht in Panik. Doch dann erkannt ich relativ schnell die scharlachroten Haare.
"Erza.."
Sobald ich diese Erkenntnis erlangte beruhigte ich mich wieder, dennoch gewann ich wieder Abstand zu ihr, indem ich sie vorsichtig weg schob. Auch wenn ich deutlich besser mit der Nähe zu anderen Frauen umgehen konnte, als zu Männern, war es mir unangenehm umarmt zu werden. Ausnahmen waren da eher selten.
"Ich dachte du wolltest erst nach der Schule vorbei kommen?", fragte ich und ergriff damit als erste das Wort.
"Ja, aber ich konnte diese Nacht vor Sorge kaum schlafen, deswegen bin ich früher aufgestanden und habe deine Sachen zusammen gepackt.", erwiderte sie und reichte mir eine Tasche. "Da sind einige Klamotten drin und zwei Bücher, ich hoffe ich habe die richtige Wahl getroffen, eins davon lag auf deinem Nachttisch. Vielleicht hast du ja Lust weiter zu lesen.", fügte sie hinzu und ich nahm die Tasche während dessen entgegen.
"Danke Erza, dass ist echt lieb von dir.", antwortete ich ihr kurz bevor ich wieder in Natsus Zimmer verschwand, ihr aber mit einem kurzen Wink mitteilte das sie mir folgen sollte. Die Tasche platzierte ich neben meinem Stuhl, bevor ich mich vor Natsus Bett stellte und ihm einmal über den Oberarm Strich. Erza folgte mir nur langsam. Als auch sie endlich am Bett stand sah sie erschüttert drein.
"Wie geht's ihm?", fragte sie unsicher.
"Ich weiß nur das die Medikamente gestern angeschlagen haben und die Blutinfusion ihr übriges getan hat, aber sonst gibt es wohl noch keine Neuigkeiten. Bestimmt wird sich später noch ein Arzt darum kümmern." erklärte ich gedrückt.
"Ich möchte dich nicht darüber ausfragen was genau passiert ist", begann Erza wieder zu sprechen," aber mich würde interessieren was er hat. Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn."
"Da kommt so einiges zusammen"..." Sepsis, Gehirnerschütterung, Prellungen, eine Stichwunde und vor allem eine Schusswunde an der rechten Hüfte.", beinahe monoton zählte ich alles auf, um nicht mit jedem Wort den Tränen näher zu kommen. "Eine Stichwunde?", wiederholte Erza und starrte dabei Natsu an. "Daran willst du doch nicht wirklich sterben, oder Natsu?!"
"Eine Stichwunde ist eine ernste Sache, warum tust du das ab als wäre es kein Grund um in diesem Zustand zu sein?!", gab ich etwas wütend, aber dennoch leise zurück.
"So meine ich das nicht, Natsu sollte das nur einfach nicht nach machen.", antwortete Erza mit einem Erzwungenen lächeln auf den Lippen.
"Wie meinst du das?", fragte ich sie nun irritiert. Erza schüttelte darauf hin nur den Kopf, ohne mich dabei anzusehen. Diese Frau war mir ein Rätsel. Bei diesem Gedanken viel mir allerdings noch etwas anderes ein. Vielleicht wusste sie ja mehr?
"Erza? Weißt du warum er das gemacht hat?", erkundigte ich mich und zeigte ihr den Zettel den ich aus meiner Tasche gezogen hatte. Es war das Stück Papier auf dem Natsu mir die Vollmacht für sich Überschrieben hatte. Erza lächelte das Blatt an und sah dann zu Natsu und anschließend zu mir. Dann streckte sie mir das Blatt wieder entgegen und schüttelte erneut mit dem Kopf.
"Lass dir das von ihm erklären. Ich möchte mich da nicht einmischen.", erwiderte sie als ich das Blatt wieder entgegen nahm.
"Also weißt du etwas?", bohrte ich weiter nach.
"Lucy, so leid es mir tut, ich werde dir darüber nichts sagen. Bestimmt wird Natsu dir davon früher oder später von ganz allein erzählen."
"Nagut.", gab ich nur enttäuscht zurück.
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Touches
FanfictionSeit Tag X, der ihr Leben Grundlegend veränderte, lebte Lucy eher fernab von anderen Menschen. Diese Ferne bedeutete für sie Sicherheit und Kontrolle. Doch ihre Gefühle spielen ihr einen Streich, was also wenn sie plötzlich die Nähe spüren will, die...