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Das Geräusch einer aggressiven Autohupe riss Max aus ihrem Halbschlaf. Seit 3 Tagen hatte sie kaum ein Auge zugemacht, was sich nun auch deutlich bemerkbar machte. Die Augen brannten vom Schlafmangel und sie spürte das Koffein von den viel zu vielen Tassen Kaffee durch die Adern schießen. Sie schaute auf und sah den Busfahrer ein paar Reihen vor sich schimpfen. Anscheinend kamen sie dem Stadtverkehr von San Francisco langsam näher.

Seufzend lehnte Max ihren Kopf an die Scheibe und sah durch die staubigen Fenster nach draußen. Sie war sich nicht sicher, wie froh sie tatsächlich war zu sehen, wie ihr Ziel nach und nach am Horizont auftauchte. Wieder eine neue Stadt, wieder alles von vorne. Sie hatte die Hoffnung fast aufgegeben gehabt irgendwo mal eine längere Zeit bleiben zu können, doch diesmal wollte sie es endlich versuchen. Vielleicht war alles endlich lange genug her, dass sie ein bisschen zur Ruhe kommen und alles hinter sich lassen konnte. Es war außerdem schon immer ihr Traum gewesen, eine Weile in San Francisco zu wohnen, sie sollte genießen, dass sie nun die Chance dazu hatte. Gleichzeitig fragte sie sich, ob der Versuch so klug war überhaupt irgendwo länger zu bleiben. Andererseits wusste niemand, dass sie hier war. Sie hatte schließlich nicht mal ein ctOS Profil und hielt sich offiziell sogar gar nicht im Land auf - wenn das überhaupt noch irgendwo auf der Welt der Fall war. Ob es generell richtig war, vor den ganzen Problemen zu flüchten, darüber dachte sie inzwischen nicht mehr nach. Doch obwohl auch hier in dieser neuen Stadt die Zukunft ungewiss war, wurde ihr mit jedem Zweifel mehr bewusst, dass sie es einfach irgendwo versuchen musste. Sie konnte einfach nicht so weiter leben, wie sie es die letzte Jahre getan hatte. Sie musste versuchen alles zurück zu lassen und nach vorne zu sehen. Es machte sie in gewisser Weise sehr stolz, dass sie es geschafft hatte, die letzten Jahre und Monate zu überstehen. Sie hatte sogar genug Geld zusammen gespart, um endlich hierher zu flüchten und mit ein bisschen Glück endlich einen richtigen Neuanfang starten zu können. Mit etwas Glück würde bald alles besser werden – oder vielleicht war es das auch schon? Es hatte schon damit angefangen, dass sie überhaupt ein Zimmer in San Francisco gefunden hatte, in dem sie bleiben konnte, ohne einen Job nachweisen oder Namen angeben zu müssen. So brauchte sie sich immerhin keine Sorgen machen, darüber entdeckt zu werden. Die letzten Jahre hatte sie viele Leute kennengelernt und so zum Glück vor ein paar Wochen auch jemanden getroffen, der sie problemlos und unbemerkt hierher vermitteln konnte. Ihre vielen Reisen die letzten Jahre hatten also doch zumindest ein paar positive Nebeneffekte gehabt, aber obwohl sie so viele Leute getroffen hatte, kannte sie allerdings trotzdem niemanden, der hier in San Francisco lebte. So würde sie die erste Zeit vermutlich ein wenig einsam sein, aber das war absolut kein Problem für sie, eigentlich war es nie anders gewesen. Vielleicht war das alles auch gar nicht so schlecht, so konnte sie hier immerhin völlig neu anfangen. Vielleicht war es besser so. Sobald sie endlich angekommen war, würde sie jedenfalls erstmal gefühlt eine ganze Woche schlafen.

Der Bus hielt an einer Ampel und brummte vor sich hin. Es würde wohl nicht mehr lange dauern bis sie endlich da war. Max konnte es kaum erwarten endlich schlafen zu können. Sie zog ihr neues Telefon aus der Tasche und warf einen Blick auf ihre E-Mails. Die letzten Tage hatte sie haufenweise Bewerbungen für irgendwelche Nebenjobs verschickt und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Zwar würden ihre Ersparnisse die ersten Wochen reichen, aber trotzdem brauchte sie dringend einen Job. Die Meisten machten sich allerdings nicht einmal die Mühe eine Absage zu schicken, doch diesmal hatte sie tatsächlich eine neue Nachricht im Postfach. Immerhin etwas Glück, dachte sie sich. Die Antwort war von einem Café in der Nähe ihrer neuen Wohnung. Es war noch keine Zusage, aber sie sollte die Woche vorbeikommen, um sich vorzustellen. Kellnern war nicht der beste Job den sie sich vorstellen konnte, sie konnte eigentlich nicht wirklich gut mit Menschen, aber es war ja auch nicht so, dass sie groß eine Wahl hatte. Immerhin gab es dort zusätzlich etwas Trinkgeld zu verdienen. Natürlich war das nicht unbedingt ein cooler Job und wahrscheinlich das Letzte, was man auf den ersten Blick von ihr erwarten würde, aber irgendwie musste man ja leider essen und irgendwo sicher schlafen können. Sie versuchte an all die positiven Sachen zu denken die sie sich von dem Umzug erhoffte. Sie hatte wahrscheinlich endlich mal die Möglichkeit vielleicht sogar ein paar coole, neue Leute kennenzulernen, wenn sie es wirklich schaffen sollte hier für eine längere Zeit bleiben zu können - vor allem welche, die man nicht nach spätestens ein paar Wochen wieder verließ und vergaß. Es gab wirklich schlechtere Orte an die sie hätte ziehen können. Eigentlich stand ihr nichts mehr im Weg, sie machte sich wahrscheinlich einfach zu viele Sorgen. Sie hatte schließlich alles getan, was ihr möglich gewesen war, alles zu verstecken, ihren Weg zu vertuschen und unerkannt zu bleiben. Selbst wenn jemand herausfinden würde, was wirklich passiert war, wäre wahrscheinlich niemand in der Lage zurückzuverfolgen, wo und wer sie jetzt war, wenn überhaupt jemand auf die Idee kam, das überprüfen zu wollen. Schließlich hatte sie es geschafft mit ein wenig Hacking Erfahrung, die sie die letzten Jahre gesammelt hatte den offiziellen Status einzusehen und gesehen, dass der Fall nun offiziell bei den Akten war. Das war ihre Chance für einen Neuanfang und um endlich nach vorne zu sehen. Die Sonne schien durch den Staub am Fenster und streichelte ihr Gesicht. Vor ihnen erstrecken sich nun glitzerndes Wasser und die Golden Gate Bridge über die sie ihr Weg führte. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Nun würde alles besser werden.

Eine Weile später schloss Max endlich die Tür zu ihrem neuen Appartement auf. Sie wünschte sich nichts mehr, als endlich zu schlafen und etwas zur Ruhe kommen zu können. Sie hatte die letzten Tage so wenig geschlafen wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Zum einen durch die Nervosität und zum anderen, wegen der ganzen Vorbereitungen und der lange Fahrt, mit sämtlichen Fortbewegungsmitteln, die ihr irgendwie zur Verfügung gestanden hatten. Sie warf den Rucksack in die Ecke und sah sich um. Die Wohnung bestand aus einem Zimmer mit einer kleinen Kochzeile, einem Fenster und einem kleinen Bad. Möbel gab es bisher keine, woran sich aber so wie sie sich kannte auch nicht so bald etwas ändern würde. Es war weder groß noch besonders, aber für Max reichte es auf jeden Fall. Das war weit mehr, als sie die letzten Jahre gehabt hatte und vor allem fühlte sie sich tatsächlich ein wenig sicher. Sie zog eine Luftmatratze aus dem Rucksack und warf sie ins Zimmer. Bevor sie schlafen ging wollte sie zumindest noch ganz kurz duschen und versuchen den Stress und die ganzen Sorgen abzuspülen und hinter sich lassen. Immerhin war sie mehrere Tage pausenlos unterwegs gewesen und fühlte sich entsprechend dreckig. Normalerweise störte sie das nicht groß, aber heute wollte sie einfach alles von sich abwaschen, was vor diesem Tag passiert war. Wahrscheinlich hatte sich das warme Wasser noch nie so gut und befreiend auf ihrer Haut angefühlt. Max spürte, wie endlich der ganze Dreck und der nun vergangene Lebensabschnitt weggespült wurden. Es war Zeit positiv nach vorne zu sehen dachte sie sich, stellte das Wasser aus und trocknete sich ab. Sie warf sich mit einer Wolldecke auf die Luftmatratze und schlief augenblicklich ein.

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