Kat

Kurz nach 12 schwang plötzlich die Tür auf und Marc trat hinaus in die kühle Nachtluft. Krachend fiel sie hinter ihm wieder ins Schloss. Er sah sich suchend nach mir um, konnte mich jedoch nirgends entdecken. Ich musste schmunzeln, weil er fast ein wenig enttäuscht aussah. Dann öffnete ich meine Fahrertür und stieg aus dem dunklen Auto. Augenblicklich erhellten sich seine Gesichtszüge. Er freute sich wirklich mich zu sehen. War das zu fassen?
>Du bist doch gekommen!<, stellte er erfreut fest.
>Sieht so aus. Ich weiß zwar selbst nicht, weshalb ich hier bin und was ich hier eigentlich tue, aber wie Du siehst, bin ich hier. Also? Dann nutze mal Deine Chance...<
>Ich kann Dir sagen, weshalb Du hier bist.<
>Ach ja?<
>Ja.<, seine Hände in seinen Hosentaschen vergraben schlenderte er lässig auf mich zu. Er kam immer näher und ich versuchte ihm ein wenig auszuweichen. Also wich ich etwas zurück. Erst blieb er kurz stehen, schaute mich prüfend an, dann verringerte er den Abstand zwischen uns erneut. Auch ich wich weiter zurück, bis ich hinter mir die kühle Hauswand spürte. In die Enge getrieben fühlte ich mich jedoch unwohl, daher ging ich trotzig in die Offensive.
>Dann sag es mir, weshalb ich hier bin. Sonst steige ich jetzt in mein Auto und fahre!<
>So?< Der Abstand zwischen uns hatte sich bis auf ca. 50 cm verringert. Und Marc dachte offensichtlich gar nicht daran, stehen zu bleiben. >Tust Du das?<
Plötzlich war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob er mich überhaupt noch zum Auto gehen lassen würde. Nein, ich war mir sicher, dass er mich sicher nicht gehen lassen würde! Na super! Was zum Teufel hatte ich mir dabei nur gedacht, mich in eine solch gefährliche Situation bringen zu lassen? Ich stand mit einem Kerl, den ich überhaupt nicht kannte, in einem dunklen Hinterhof und niemand wusste wo ich war! Wie konnte ich nur so dumm sein?
Marc kam weiterhin langsam näher, wodurch meine Angst ganz plötzlich wieder in Erregung umschlug. Mein Körper, dieser elende Verräter, reagierte erneut auf ihn. Ich spürte, wie sich meine Atmung wieder beschleunigte. Adrenalin pumpte durch meinen Körper und ließ mich erschauern. Ich spürte, wie meine Brustwarzen hart wurden und sich von innen gegen den Stoff meines BHs drückten. Ein Umstand, der nicht gerade dazu beitrug, meine Bemühungen zur Beruhigung zu unterstützen. So nah war er mir bisher noch nicht gekommen. Und verdammt! Ich wollte ihn. Jede Zelle in meinem Körper schrie nach seiner Berührung. Ich wollte wissen, wie es wäre, von ihm angefasst zu werden. Wollte wissen, wie gut er wohl küsste und wie sich seine Haut auf meiner anfühlen würde. Seine Lippen kamen näher und ich überlegte, wie sie wohl schmecken würden.
Diese vollen, roten Lippen, die so verboten gut aussahen und mich lockten.
Marc hob seinen Kopf leicht an und sah mich von oben herab abschätzend an. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er selbst überlegte, wie weit er gehen konnte.
>Wie heißt Du?<
>Kathrin. Aber alle nennen mich Kat.<
>Nun, Kat...< Langsam taxierte er jeden einzelnen Zentimeter meines Körpers, studierte meine Gesichtszüge und beschloss noch einen Schritt auf mich zuzugehen. Jetzt stand er direkt vor mir. Sein Kopf leicht über meinem, starrte er auf meinen Mund. Er öffnete seine Lippen, beugte sich zu mir herunter und setzte zum Kuss an. Hielt dann jedoch noch einmal inne. Die Spannung war mittlerweile unerträglich und zum Greifen nahe. In meinem Magen flatterten tausend Schmetterlinge umher und aufgeregt schnappte ich nach Luft.
>Genau deswegen bist Du hier. Du reagierst auf mich, genauso wie ich auf Dich. Deine Neugier hat Dich hergetrieben, Kat. Du willst meine Haut auf Deiner spüren, mich küssen, willst dass ich Dich anfasse. Du willst etwas Verbotenes kosten, hab' ich Recht?<
Fuck! Das wollte ich tatsächlich. Woher zum Teufel wusste er, was ich wollte? In diesem Moment sehnte ich mich nach seiner Berührung. Seine Nähe und sein Spiel berauschten mich, vernebelten meine Sinne. Wenn er mich nicht sofort berühren würde, würde ich wahnsinnig werden.
Dann stemmte er einen Arm neben meinen Kopf und stützte sich mit ihr an der Wand ab, die andere legte er unglaublich sanft an meinem Hals. Zart streichelte er mit seinem Daumen an meiner Wange auf und ab und sah mir immer noch tief in die Augen. Ich schmolz dahin. Was tat dieser Typ nur mit mir? Er hatte eine Art an sich, die mich unglaublich antörnte. Alles an ihm strahlte pure Dominanz aus und trotzdem war er zugleich unfassbar zärtlich. Bisher dachte ich immer, das eine würde das andere ausschließen. Aber Marc vereinte beides in seiner Art. Unfähig noch eine Minute länger Stand zu halten, ergab ich mich. Meine Körperspannung ließ nach, änderte sich schlagartig und ich lehnte meinen Kopf an die Hauswand hinter mir. Marc reagierte sofort. Er hatte meinen Widerstand ausgehebelt, zögerte keine Sekunde, presste mir seine Lippen auf meinen Mund und schob mir seine Zunge zwischen die Lippen. Fordernd und küssend begann er, mich zu erkunden. Dabei drückte er mich mit seinem Körper gegen die Wand und sein Griff an meinem Hals verstärkte sich. Ich spürte seine Erektion deutlich an meinem Bauch. Er wollte mich, hielt mich fest und gab mir mit seiner Körpersprache zu verstehen, dass er mich nicht gehen lassen würde. Als ich atemlos nach Luft schnappte, gab er meinen Mund frei und wanderte mit seinen Lippen erst über meinen Hals und dann zu meinem Ohr. Meine Sinne schwanden, mein Herz überschlug sich fast in meiner Brust und ich musste aufpassen, nicht vor ihm umzukippen.
>Komm mit mir nach Hause.<, hauchte er mir ins Ohr. Seine Stimme vibrierte an meiner Wange und ein Schauer überzog meinen Hals, der mir anschließend durch meinen ganzen Körper fuhr.
Trotzdem schüttelte ich leicht den Kopf, selbst über mich verwundert, dass ich gerade NEIN gesagt hatte. Wenn ich jetzt nachgab, würde ich fremdgehen. Soviel war sicher. Je intensiver ich jedoch darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, dass ich bereits dabei war. Ich hatte mich gehen lassen und war schon viel zu weit gegangen. Langsam klärte sich mein Verstand, als mir klar wurde, was ich hier eigentlich tat.
>Bitte.< Wieder hauchte er mir ins Ohr und griff nun mit der anderen Hand an meine Taille, um mich fester zu halten. Erneut verstärkte sich mein Verlangen, doch noch einmal versuchte ich, es niederzukämpfen.
>Ich...ich kann und darf nicht!<
>Doch, Du kannst, wenn Du willst. Und Du willst! Ich sehe es Dir an.<
Wie Recht er damit hatte. Ich wollte! Unbedingt sogar. Aber mit meinem Gewissen konnte und wollte ich das nicht vereinbaren. So etwas macht man einfach nicht!
>Du denkst zu viel nach, Kat!<
Ja, das tat ich tatsächlich. Aber wer konnte mir das in dieser Situation schon verübeln?
>Glaub mir, ich kann nicht!< Ich versuchte meinen letzten Widerstand zusammen zu kratzen, es gelang mir jedoch nicht wirklich. Ich schwebte gefährlich in einem Zwischenstadium. Unschlüssig, ob ich nachgeben sollte oder nicht. Seine reine Nähe verhinderte, dass ich auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte.
>Lass mich Dir noch einen Vorschlag unterbreiten: Ich will, dass Du mit mir kommst. Und Du weißt auch, dass Du es willst! Also hör auf Dich zu wehren und lass es zu. Auch wenn Du liiert bist, so bestimmst Du trotzdem noch ganz alleine über Dich selbst. Und lass Dir von niemandem etwas Anderes einreden. Es geht gerade nur um Dich. Um Deine Gefühle und Deine Befriedigung. Um niemanden sonst. Wenn Du mich jetzt willst, gehöre ich heute Nacht Dir. So lange Du willst. Und niemand wird etwas erfahren. Versprochen!<
Ich starrte ihn an. Das war doch jetzt eindeutig ein unmoralisches Angebot oder? Er meinte das todernst.
Immer noch sah er mir tief in die Augen, senkte den Blick auf meine Lippen und als er zu flüstern begann, lief mir ein Schauer über den Rücken.
>Wann hattest Du das letzte Mal richtig guten Sex? Wann wurden Dir Deine geheimsten Wünsche erfüllt? Wann bist Du das letzte Mal voller Ekstase in den Händen eines Mannes zerflossen? Wann, Kat?<
Behutsam glitt sein Mund an meiner Wange vorbei zu meinem Ohr.
>Lass mich die Erfüllung Deiner Träume sein. Ich will Dir unbeschreibliche Lust bereiten. Ich will dafür verantwortlich sein, dass Du stöhnst und schreist, wenn Du unter mir zuckst.<
>Oh Gott!< Meine Knie wurden noch weicher, als sie sowieso schon waren.
Er grinste an mein Ohr. >Marc reicht!<
Dann sah er mich wieder an und zwinkerte mir zu.
Eingebildet war der Typ gar nicht oder? Aber verdammt. Er hatte einen Nerv bei mir getroffen. Scheiße! Was sollte ich nur tun? Auf der einen Seite verzehrte sich mein Körper nach ihm und seinen Versprechungen. Auf der anderen Seite konnte ich das meiner Familie nicht antun. Und das war der ausschlaggebende Punkt. Es ging nicht!
>Marc, ich habe eine Familie. Ich kann nicht. Wirklich nicht!< Und damit schob ich ihn von mir. Brachte einen halben Meter Abstand zwischen uns. Und zu meinem Erstaunen akzeptierte er es. Marc trat zwei Schritte zurück.
>Ok. Es ist Deine Entscheidung. Auch wenn ich sie sehr bedaure.< Dann lachte er mich an, trat einen Schritt auf mich zu und gab mir einen keuschen Kuss auf die Wange.
>Schlaf gut, Prinzessin.< Dann vergrub er seine Hände wieder in seinen Hosentaschen, drückte seine Ellenbogen durch und streckte seine Arme. Er drehte sich um und ging auf den Hintereingang zu. Ungläubig sah ich ihm hinterher. Meine Befürchtungen waren umsonst gewesen. Er ließ mir tatsächlich die freie Wahl und bedrängte mich nicht, obwohl er mir kräftemäßig deutlich überlegen war und sich ohne weiteres hätte nehmen können, was er begehrte. Wow! Ich war beeindruckt. Er hielt seine Zusage ein. Kopfschüttelnd ging ich zu meinem Wagen. Wusste ich eigentlich, wieviel Glück ich gerade gehabt hatte? Ich hätte hier auch an den Falschen geraten können. Doch seine Reaktion machte ihn nur noch sympathischer für mich. Noch einmal sah ich ihm nach und ehe ich mich versah, rief ich ihm hinterher.
>Marc?<
Er drehte sich um und sah mich fragend an.
>Wie alt bist Du?<
>Ist das wichtig?<
Seine Gegenfrage warf mich aus der Bahn. War es wichtig? Nein! Nicht wirklich.
>Ist es nicht. Ich war nur neugierig.<
Einen Moment sah er mich durchdringend an. Dann antwortete er mir.
>26.<
Jetzt traf mich doch der Schlag. Verdammt! Er war eine ganze Ecke jünger als ich. Beinahe acht Jahre, um genau zu sein. Und ob ich es wollte oder nicht. Es spielte eine Rolle für mich. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte.
>Falls Du über den Schock hinweg kommst und Du vielleicht doch mal Lust haben solltest, weißt Du ja, wo Du mich findest.<
Verdammt! Warum wusste der Typ immer genau, was ich dachte? War ich wirklich so ein offenes Buch für andere?
Er zwinkerte mir zu, dann griff er nach der Tür, öffnete sie und verschwand. Erneut fiel sie krachend ins Schloss und er ließ mich damit alleine im Hinterhof zurück.

Immer noch durcheinander parkte ich mein Auto im Hof meines Hauses, drehte den Schlüssel um und zog ihn aus dem Zündschloss. Natürlich war ich inzwischen wieder nüchtern, sonst wäre ich gar nicht erst ins Auto gestiegen und hätte mir lieber ein Taxi gerufen. Doch nach der ganzen Aufregung erschien mir dies nicht nötig.
Den ganzen Weg hierher hatte mich eine quälende Unruhe fest im Griff. Der Motor erstarb und eine einnehmende Stille umgab mich. Ohne Motorengeräusch und Radio schrien meine Stimmen in meinem Kopf förmlich hin und her. Und alle, ausnahmslos alle, drängten mich, zurückzufahren und Marcs Angebot anzunehmen. Scheiße! Ich fühlte noch immer die Wärme seines Körpers auf meiner Haut und verzehrte mich nach seinen Händen, seinen Lippen und... natürlich auch nach seinem Schwanz! Ich wollte ihn! Aber ich durfte ihn nicht haben. Niemals!
Mein Blick glitt hinauf zu dem Kinderzimmerfenster meines Sohnes. Ein leichter, bunter Schimmer seines Nachtlichts war durch die Scheiben zu erkennen. Und ich wusste, dass meine Entscheidung, Marcs Angebot auszuschlagen, richtig gewesen war. Alles was zählte, war meine Familie. Und so sollte es auch sein.
Seufzend stieg ich aus, verriegelte mein Fahrzeug und lief die wenigen Treppenstufen hinauf zur Haustür. Ich schloss sie auf, schlüpfte hindurch ins dunkle Haus und ließ sie so leise wie möglich hinter mir wieder ins Schloss fallen. Im Flur entledigte ich mich meiner hohen Schuhe und schlich barfuß in die Küche. Der kühle Boden tat mir gut und kämpfte gegen meine innere Hitze, die mich nach wie vor nicht los ließ. Plötzlich hatte ich das unbändige Verlangen nach einem harten Drink. Kein Zweifel, die Sache würde mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen. Ich griff im Schrank nach einem Glas und nahm mir eine Flasche von Erics Whisky. Schon der erste Schluck brannte mir in der Kehle. Er schmeckte einfach scheußlich nach Holz und verdammt viel Alkohol! Überhaupt hatte ich noch nie verstanden, was die Männer an dem Gesöff eigentlich fanden. Aber ich zwang mich zu drei weiteren Schlucken. Irgendwie gab mir das Brennen das Gefühl, meine Sorgen zu übertünchen. Es lenkte mich ab und ließ meine Stimmen im Kopf beinahe verstummen. Zumindest drängte es sie weit in die hintersten Ecken meines Schädels zurück. Und da sollten sie bitte, bitte auch erst einmal bleiben. Bis ich selbst wusste, was ich mit ihnen anstellen sollte. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und kurz darauf stieg mir der Alkohol in den Kopf. Leichter Nebel begann meinen Kopf einzuhüllen. Darauf hatte ich gewartet. Kurz betrachtete ich den Rest Whisky im Glas. Dann zuckte ich mit den Schultern und goss ihn in die Spüle. Eric hätte mich dafür ohne Zweifel umgebracht! Mir hingegen war es egal, dass ich jetzt gerade verdammt viel Geld den Abfluss hinunter gespült hatte. Meiner Meinung nach, war das Zeug seinen Preis sowieso nicht wert!
Ich stellte das Glas auf die Spüle und schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Kurz lauschte ich an den geöffneten Türen der Kinderzimmer auf die gleichmäßigen Atemzüge meiner Kids, bevor ich ins Schlafzimmer ging. Schnell entledigte ich mich im dunklen Zimmer meiner Kleidung und kroch unter die Decke. Eric lag weit entfernt auf seiner Seite und schlief tief und fest. Das war mir heute Nacht nur Recht. Ich drehte mich in die entgegengesetzte Richtung, zog mir die Decke bis zur Nasenspitze hoch und genoss das Gefühl des Alkohols, der langsam durch meine Venen rollte und mich schon bald in einen tiefen, traumlosen Schlaf zog. Mein Körper wurde leicht, Wärme umgab mich und die Dunkelheit hüllte mich ein.

Unexpected - Ich bin, was Du brauchst...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt