Kapitel 5

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Ich saß auf Evelyns Bett und zählte ihre Haarspangen durch. Wie schon zu erwarten, hatte sie dieser komische Tony nur verarscht und wollte sie flachlegen. Amy hatte sie nur mitleidig angesehen und gedrückt. Ich konnte mir ein leises:,,wir haben dir es doch gesagt" nicht verkneifen.

Lange hielt bei ihr die Trauer aber auch nicht an, denn im nächsten Satz stellte sie schon den neuen tollen, super heißen Putzjungen vor.

Ja Leute sie wusste nicht mal seinen Namen. Sie beschrieb ihn als wäre er Adonis und die beiden kreischten und hopsten wie kreischende Hühner auf dem Bett herum, was meine Haarspangen durcheinanderbrachte und ich diese wieder neu sortieren und zählen musste.

Die Aggressionen, die in diesem Moment in mir hochstiegen und ich die beiden am liebsten an den Haaren gepackt und nach draußen befördert hätte schluckte ich herunter.

Wenigstens das hatte ich durch meine Jahrelange Therapie gelernt.

Ich war in meiner eigenen Welt und zählte die Spangen, hörte jedoch alles mit. Anscheinend hat dieser Putzjunge sie vor einer Fast Vergewaltigung von Tony gerettet und dann ganz super sexy Bad Boy einen Abgang gemacht. Pfff als ob der so toll ist.

Schwachsinn.

Ich hörte ein Handy klingeln. Als erstes reagierte ich überhaupt nicht, bis mich Amy dann an stupste:,,Josh, dass ist deins" meinte sie zu mir. ,,Ich kann jetzt nicht ich muss zählen" antwortete ich dann schnippisch.

Sie seufzte und zog mir mein Handy aus der Hosentasche und sah auf das Display.

,,Also ich würde mich mal auf den Weg machen, dass ist dein Psychologe" meinte sie dann Stirnrunzelnd. ,,Oh Shit...ist es schon 15 Uhr?" fluchte ich und zählte panisch noch ein letztes Mal die Spangen.

Konzentrier dich Josh du kannst jetzt aufhören, du hast sie mehr als genug gezählt, hör einfach auf!

Ich atmete zitternd ein und bemerkte wie Amy und Evelyn mich besorgt ansahen. Ich zählte weiterhin mit zittrigen Fingern die Spangen durch. ,,Nur...Nur noch ein Mal dann geh ich los" versuchte ich sie zu beruhigen.

Wobei ich denke, dass ich eher mich selber beruhigen wollte. Nachdem ich die Spangen noch einmal gezählt hatte, wollte ich aufhören. Doch ich konnte nicht. Ich zählte wieder eine Runde.

Ich hörte Amy leise seufzen und jemanden anrufen. ,,Dr. Pirth kommen Sie bitte in Evelyn Jacobs Zimmer, Nummer 122 Josh wird es nicht zu Ihnen in die Stunde schaffen, er muss noch...naja...etwas erledigen" meinte sie nun leise und ich schloss kurz enttäuscht meine Augen.

Ich war nicht enttäuscht von Amy, auf keinen Fall. Sie hatte richtig gehandelt. Ich war enttäuscht von mir selber.

Wieso konnte ich nicht einfach wenigstens beim 10ten Mal durchzählen aufhören??

Dann aufhören wann ich wollte?

Verdammte Scheiße
**
Und so vergingen die Wochen und Monate. Wie jeden Tag hatte ich Therapiesitzungen und musste routinemäßig ebenfalls jeden Morgen meine ach so tollen bunten Medikamenten Cocktail nehmen durfte.

Gott sei Dank bin ich mittlerweile nur noch auf Beruhigungsmitteln und pflanzlichen Medikamenten.

Vor 3-4 Jahren habe ich solche harten Psychopharmaka bekommen, dass ich durchgehend völlig benebelt war und ich mich nach und nach nicht mehr wie ein Mensch, sondern eher wie ein Roboter gefühlt habe.

So öde wie mein Leben in den letzten paar Monaten gelaufen war, umso spannender waren Amys und Evelyns. Amy hatte die Chemotherapie beendet und bis jetzt wurden keine weiteren Metastasen etc. gefunden, somit wurde sie entlassen.

3...2...1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt