01 - Dream A Little Dream

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Es war zum kotzen. Es passierte schon wieder. Ich dachte es wäre vorbei. Es hatte mich doch so lange in Ruhe gelassen… Ich schaute in den Spiegel. Meine rot geschwollenen Augen, die eigentlich ein tiefes Braun hatten, mit den tiefen Rändern schauten zurück. Meine Mascara war verschmiert, und ich sah viel älter aus, als ich war… Ich fing jetzt doch wieder an zu weinen. Es machte mir solche Angst…

Ich erinnerte mich…

Die Brücke stürzte ein. Ein kleiner Junge viel aus einem der vielen Autos, vielleicht fünf oder jünger, die von der Brücke stürzten. Ich wollte loslaufen, doch meine Füße waren am Boden festgeklebt. Ich sah alles. Ich sah alle Autos, die herunterfielen. Ich sah die Gesichter an den Fensterscheiben, Menschen, die sich festhielten. Sie alle hielten sich aneinander. Nur ich nicht. Ich konnte mich nicht bewegen. Der Junge viel weiter… und weiter… und weiter. Er kam auf dem Wasser auf. Und war verschwunden. Die Autos fielen ins Wasser. Sie würden es nicht überleben. Die Menschen würden alle sterben – und ich würde leben. Das war nicht gerecht.  Die Brücke war einfach so eingestürzt; niemand hatte etwas geahnt. Ich wollte wegrennen. Weit weg. Doch etwas zwang mich stehen zu bleiben. Ich konnte nicht einmal blinzeln …

Da wachte ich auf. Dachte es sei nur ein Alptraum. Ich irrte mich. Und wie. Nicht einmal zwei Monate später hörte ich es. Die Brücke, die von allen für sicher erklärt worden war, war eingestürzt. Sie hatte zu den sichersten Brücken Deutschlands gehört. Es war alles so gekommen wie ich es geträumt hatte …

Es war fürchterlich gewesen. Das war der erste Traum, den ich gehabt hatte, der wahr geworden war – es waren noch viele weitere gefolgt. Ich hatte gelernt, das Träumen zu hassen. Und ich hatte es niemandem erzählt. Die Träume waren nicht immer Katastrophen – es konnte auch einfach über etwas Alltägliches gehen; aber nie konnte ich mich bewegen. Immer war ich auf dem Boden festgenagelt.

Ich schaute auf die Uhr – es war gerade mal 01:25 Uhr morgens. Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. Ich musste eigentlich schlafen, morgen musste ich früh aufstehen, um zu meinem Job zu gehen… Ich betrachtete ein letztes Mal mein Spiegelbild, das mir erschöpft entgegenstarrte, dann kroch ich in mein Bett zurück. Dort blieb ich liegen … „ich durfte nicht träumen“, war das letzte was ich dachte, bevor ich einschlief.

Future WhisperingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt