05 - Gina

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Eine halbe Stunde später stand ich hinter dem Tresen der Eisdiele vor der eine Gruppe kleiner, süßer und nerviger Kinder stand, die sich einfach nicht entscheiden konnten.
Leo hatte mich die ganze Zeit bedrängt, nachzugeben und das Studium sausen zu lassen, sogar als ich mich meine Arbeitsklamotten angezogen hatte, war er vor der Umkleide stehen geblieben und hat mir zugeschriehen, dass ich doch nachgeben solle.
Ich habe wirklich überlegt, aber ich weiß nicht… Was ist mit den Träumen? Hier kenne ich immerhin jemanden, hier kann ich den Menschen um mich herum vertrauen … aber so weit weg?
„Hallo? Bekomme ich jetzt noch eine Kugel Schokolade oder nicht?“, wurde ich von einem der Kinder aus meinen Gedanken gerissen. „Jaja, klar… Aber könnt auch mal früher nachdenken, immerhin sind hinter euch noch welche…“, schnauzte ich ihn an. Er konnte ja eigentlich nichts für meine schlechte Laune, aber ok.
Er war nun mal in Reichweite. Selber Schuld gehabt.
 Ich machte dem Jungen sein Schokoeis und dem Rest der Horde auch, und als sie endlich weg waren, seufzte ich erleichtert. Eigentlich mochte ich Kinder ja, aber … Ich hatte gerade einfach schlechte Laune.
„Sally? Willst du mal Pause machen? Heute ist nicht viel los, bis auf die Kinder eben, und du siehst ehrlich gesagt so aus, als ob du dringend eine Pause benötigst…“, fragte mich Michi, der andere Angestellte. Ich überlegte. In einer halben Stunde konnte ich mich nochmal mit Gina unterhalten. Sie konnte immer gut Probleme lösen.
„Ja gerne, danke Michi!“, antwortete ich. Erneut öffnete ich WhatsApp und schrieb Gina: Hey süße! Ich weiß du hast gerade eigentlich Arbeit aber hast du nur ein ganz bisschen Zeit für mich?
Dann nahm ich meine Sachen und ging in die Toilette, schließlich konnte ich nicht Zitat Michi „so rumlaufen, als ob ich eine Pause bräuchte“. Wenn der wüsste.
Als ich in den Spiegel sah, bekam ich erst einmal einen Schock. Ich sah nicht so aus, als ob ich eine Pause bräuchte, ich sah eher so aus, als ob ich seit Monaten nicht mehr geschlafen habe und mindestens 10 Tage durchgeheult hätte. Fuck.

Etwa zehn Minuten später sah ich – dank Make-up (was ich sonst nicht benutze), Concealer, Mascara und Eyeliner wieder halbwegs aus wie ein Mensch.
Laut meinem Handy hatte ich noch 20 Minuten Pause. Gina hatte auch schon geantwortet und war online.
Gina: Hey, klar, für dich habe ich immer Zeit! Reicht Telefon oder soll ich rüberkommen? Ich geh dann einfach, ich meine, ich habe in letzter Zeit eh total viele Überstunden gemacht ;) :D
Ich: Nene du! :D Du bleibst schön da! Telefon reicht. Warte kurz ….
Schnell tippte ich ihre Nummer ein und rief sie an, bevor sie überhaupt auf den Gedanken kommen konnte, rüberzukommen.
 „Sally! Ich hab doch gesagt ich kann auch rüberkommen!“, kam mir ihre vorwurfsvolle Stimme entgegen. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie sie bitterböse in der Abstellkammer des Theaters stand, in dem sie arbeitete, und sich an ihren langen, roten Haaren zog, wie sie es immer machte, wenn sie etwas aufregte. „Nein, Gina. Du hast schon mal wegen mir Ärger bekommen, das war aber auch das letzte Mal. Wenn du jetzt kommst erzähl ich dir gar nichts“, drohte ich ihr, denn wenn man meiner lieben Cousine nicht ganz genau sagte, was sie zu tun hat und was nicht, hörte sie auch nicht drauf.
Fünf Minuten später wusste Gina Bescheid. „Ehrlich gesagt, ich bin genauso ratlos wie du. Ich habe keine Ahnung. Jedoch sagt mir irgendetwas, du solltest fahren. Du bist mit dem Studium doch nicht glücklich. Doch, ich würde fahren. Diese Chance hast du nur einmal im Leben.“ Ich überlegte.
Lange.
Dann antwortete ich schließlich: „Okay. Du hast Recht. Ich bin nicht glücklich. Ich werde fahren.“
Ich hoffte nur, dass das auch die richtige Entscheidung war…

Future WhisperingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt