Sequenz 85

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„Spock?" McCoy näherte sich leise der vom düsteren Zwielicht fast verborgenen Gestalt. Es wurde Abend und die Korridore dieses alten Gebäudes waren ohnehin recht dunkel.

„Sind Sie ansprechbar?"

„Das bin ich, Doktor", kam die ebene Stimme des Vulkaniers vom durch Staub und Dreck blinden und verdunkelten Fenster.

Wer es nicht miterlebt hatte, würde nicht ahnen, dass dieser Mann vor zehn Minuten nach einer lautstarken Auseinandersetzung mit steinerner Miene aus dem Labor zwei Etagen tiefer gegangen war. Obwohl den lauten und aggressiven Teil nicht er sondern Kirk beigesteuert hatte, doch der physische Rückzug des sonst so unerschütterlichen Vulkaniers sprach Bände, wenn auch das Gesicht keinerlei Hinweise gegeben hatte.

Spock hatte schlicht sein Destillat im Labor abgesichert und war gegangen. Er saß nun mit angezogenen Beinen in einer Fensternische auf dem Fensterbrett, spähte aus den staubigen und zum Teil gebrochenen Lamellen einer alten Jalousie auf die Straße drei Stockwerke unter ihm. Es brauchte einige Momente, dann sah er endlich abwartend zu McCoy, der sich inzwischen lässig mit dem Rücken neben ihn an das Fensterbrett gelehnt hatte.

„Ich wollte nicht in einer Meditation stören, falls es das war, was Sie gerade getan haben?", plauderte McCoy unverfänglich drauf los. „Aber dazu knien Sie sich ja auf den Boden, soweit ich das weiß. Also wohl keine Meditation. Dennoch, Sie schienen abwesend, gedankenversunken?"

„Ich habe nicht meditiert, Doktor." Spock spähte kurz wieder aus dem kleinen Schlitz der Jalousie und drehte sich dann etwas zu McCoy, ließ ein Bein locker das Fensterbrett herabhängen. Eine eher untypische Haltung für den sonst eher steifen Vulkanier. „Ich beobachtete lediglich die Straße, die zu diesem Gebäude führt."

„In der Nacht? Natürlich!" McCoy glaubte ihm nicht ganz. „Wenn Sie es sagen. Miri sagt aber, dass selbst die Kinder nachts in den Häusern bleiben. Wegen der Übergriffe mancher Grops!" McCoy betrachtete dabei beiläufig die blauen Flecken auf seinen Händen und drehte sie etwas um die eigene Achse, um sie aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Seit gestern waren die bläulich violetten Hautekzeme um einen weiteren Zentimeter gewachsen, schimmerten leicht an der Oberfläche. Doch nicht nur die Flecken besorgten ihn. Mehr noch die verstreichende Zeit und ihr allgemeiner Zustand. Sie hatten nicht mehr viel Zeit.

Kirks aggressives Verhalten Spock gegenüber, gerade eben unten im Labor, war nur ein weiterer Indikator für die tödliche Krankheit, die in ihnen tobte.

Ihnen rannte die Zeit geradezu davon.

„Ich denke wir haben mehr Probleme, als nachts herumlaufende Kinder", murmelte McCoy mehr zu sich selbst. „Zeit ..."

„Die junge Mrs. Miri ist sich auch nicht sicher, was ihre Artgenossen nächtens tatsächlich unternehmen, zudem ..." Spock stoppte und setzte neu an als er McCoys letzte Aussage abwog.

„Die Destillation der Blutsubstanzen wird eine weitere Stunde in Anspruch nehmen und ich erwarte einen Zwischenbericht einer Probe von Lt. Myers", erklärte Spock in seiner üblichen monotonen Art, doch er blickte nun ebenfalls auf die blauen Flecken auf den Händen des Arztes. „Das Substrat wird unabhängig von meiner Gegenwart reagieren. Es ist nicht notwendig, dass ich mich durchgehend neben dem Destille-Gerät aufhalte."

„Und hier haben Sie Ihre Ruhe zum Beobachten der Straße oder einfach nur Denken?" McCoy nickte. Er fühlte sich selber in Gedanken und etwas abwesend. „Wenigstens müssen Sie dann nicht in Gegenwart von uns launischen Menschen denken? Nicht wahr?"

Einen Moment schien es als würde Spock nicht antworten. Dunkle Augen trafen McCoys Profil und musterten es eingehend.

„Ja", antwortete er schließlich leise und fast zögernd.

Star Trek TOS Sequenzen 81-89Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt