Kapitel 30

4.9K 351 44
                                    

VORAB: An alle, die das ein oder andere Kapitel nicht lesen können, das liegt an der App! Auch auf meinem Handy wurden mehrere Kapitel nicht angezeigt, aber am PC kann man's ohne weiteres lesen, Leute. Die Kapitel sind in meinem Handy sogar bei "Erstellen" nicht vorhanden, aber auf meinem Laptop sind sie das. Also, schaut dort noch mal nach. Und jetzt viel Spaß beim Lesen. :)

Ich starrte das Wassermädchen geschockt an, nicht fähig zu atmen. Sie umrundete mich mit einem Grinsen, ganz langsam, und ließ dabei ihre langen Finger knacken. Ich schluckte schwer. "Was wird das?", fragte Keith und warf einen schnellen Blick nach draußen, wo die Musik wieder ansetzte und verwirrte Partygäste noch mehr Alkohol in sich hineinkippten. Ich seuzte. "Die einzige, die hier Fragen stellen darf, bin ja wohl ich", sagte ich mit müder Stimme. Die anderen wurden hellhörig, das Wassermädchen stockte in ihren Bewegungen. "Also", setzte ich an, "warum seid ihr hier? Und jetzt sagt nicht 'wir müssen reden'. Ich brauche konkrete Gründe." "Nun, ihr zuerst." Das Wassermädchen schenkte meinen neuen Freunden ein halbherziges Lächeln, während sie mir einen Arm um die Schultern legte. Die Fünf sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an, nickten, und schoben schließlich Nathan vor. Es war im sichtlich unangenehm, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren, aber darauf konnte ich im Moment keine Rücksicht nehmen. Ich brauchte Antworten. Nathan räusperte sich. "Wir.. oder besser gesagt, Ich glaube, etwas zu wissen, das mit Rubys letzter Nacht zu tun hat. Also mit ihrem Verschwinden." Als er das sagte, wurde ich ganz aufgeregt. "Was ist es?" Ich wischte meine schwitzigen Hände an Rubys Kleid ab und merkte, wie Keith mich darin musterte. Er lehnte mit verschränkten Armen an der Wand, ein klitzekleines Lächeln auf den Lippen. Nathan räusperte sich erneut. "Na ja, es ist nur so eine Vermutung, versprechen kann ich euch nichts..." "Sag schon", drängte ich und rollte die Augen. "Also gut. Ruby und ich waren anders befreundet, irgendwie intensiver als mit dem Rest der Truppe. Und ja, vielleicht war da auch mehr als bloß Freundschaft. Wenn wir zusammen waren, sagte sie auf einmal ganz wenig und ich so viel, das war sonst nicht so. Ich glaube, zusammen konnten wir die Menschen sein, die wir wirklich waren und das sagen, was wir dachten." Bei der Erinnerung trat ein Lächeln in sein Gesicht, wenn es auch mehr traurig als alles andere war. "Jedenfalls haben wir uns immer öfter allein getroffen. Am Strand. Meistens bei Nacht. Es gefiel uns so gut, diese Unendlichkeit, in der wir schwebten: Über uns der endlose Sternenhimmel, vor uns das weite, dunkle Meer. Man konnte den Übergang nicht mehr sehen." Ich versuchte mir das bildlich vorzustellen, aber meine Schwester machte das Bild zunichte. Sie war keine Romantikerin gewesen und während Nathan sprach, ärgerte es mich, dass sie nur bei ihm so offen für ihre Gefühle war und nicht bei mir. Aber was soll's? Rückgängig machen dürfte in diesem Fall wohl schwer werden. "Und dann?", hakte ich nach. "Wir haben uns geküsst", sagte Nathan. "Einen Abend vor ihrem Verschwinden haben wir uns das erste Mal geküsst. Es hat sich so ... einzigartig angefühlt." Er verstummte, um sich an die Lippen zu fassen. Seine glasigen braunen Augen starrten zu Boden, er steckte mitten in lebhaften Erinnerungen. "Das ist etwas, was mir niemand mehr nehmen kann", fuhr er dann fort. "Aber Ruby wurde komisch, als ich sie fragte, wann wir uns das nächste Mal sehen würden. Sie war auf einmal ganz unruhig, hektisch, beinahe verzweifelt. Es tat weh, sie so zu sehen. Als ich fragte, was los sei, sagte sie, dass es kein nächstes Mal gäbe. Ich konnte sie nicht ernst nehmen. Immerhin wohnte sie nur wenige Meter entfernt. Dass sie sterben würde, habe ich damals ja nicht in Betracht gezogen, sie war immerhin kerngesund. Aber Ruby hat es irgendwie gefühlt. Sie meinte, es täte ihr so leid, dass wir uns geküsst hatten, denn nun würde der Abschied schwerer fallen. 'Welcher Abschied?', habe ich nur gefragt." Nathan stieß ein freudloses Lachen aus, während er sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte. Ich wollte ihn trösten und umarmen, aber ich war wie festgefroren. Das Wassermädchen holte zitternd Luft, Nathan sprach weiter:"Sie meinte, sie hätte eine falsche Entscheidung getroffen. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wovon sie sprach. Aber Ruby wiederholte nur, dass sie das nicht hätte tun dürfen, dass es vorbei war, wir uns nie mehr wiedersehen würden. Aber sie sprach mit sich selbst, nicht mit mir. Ich fing an, mich zu fürchten. Irgendwann ist sie aufgestanden und hat mir einen letzten Kuss gegeben. Er war salzig vor lauter Tränen. Sie hat den anderen gesagt, wir würden uns morgen treffen, aber da wusste ich schon, dass etwas nicht stimmte. Wir würden sie nicht mehr treffen. Und so war es. Zwei Wochen später fand man ihre Leiche, ein Jahr später lernten wir Holly kennen. Und hier stehen wir. Das komische ist, dass ich mich an all das erinnere, als wäre es gestern gewesen. Wenn man ihre Leiche nicht aus dem Wasser gezogen hätte, würde ich glauben, sie wäre noch mitten unter uns. Ich fühle mich ihr jeden Tag so nahe. Als wäre sie noch immer hier." Er schüttelte leise den Kopf. Bei den letzten Worten hatte er die Stimme gesenkt, aber ich konnte ihn trotzdem verstehen. "Geht mir genau so", sagte ich in das Schweigen hinein. Dann streckte ich meine Hand aus, um nach Nathans zu greifen. Sosehr es mich auch geärgert hatte, dass Ruby ihm anscheinend mehr vertraut hatte als mir, so tat er mir doch unendlich leid, denn er hatte sie auf eine andere Weise verloren als ich. Klar, Blut ist dicker als Wasser, aber jemanden zu verlieren, den man wirklich liebt... Außerdem war er der letzte gewesen, der ein totes Mädchen geküsst hatte. Poppy schüttelte den Kopf. "Das klingt doch, als hätte sie sich dazu entschieden, zu sterben, oder?" Es fiel ihr offensichtlich schwer, diese Worte zu sagen. Ich dachte darüber nach, schüttelte schließlich den Kopf. "Nein, das kann so nicht gewesen sein. Ruby war eine Kämpfernatur und hätte sich niemals für Selbstmord entschieden. Und selbst wenn, dann hätte sie diese Idee einfach wieder vergessen können. Versteht ihr nicht? Sie war glücklich. Sie hatte keinen Grund, zu gehen, erst recht nicht, als sie zu Nathan gefunden hat. Aber jemand anderes könnte sie gezwungen haben, aus dieser Welt zu verschwinden." Ich erschrak über meine eigenen Worte und auch die anderen wirkten sichtlich erschüttert von meiner Härte. Aber nach und nach kapierten wir alle, dass es die einzig logische Möglichkeit war, dieses Rätsel zu lösen. Ruby war nicht ermordet worden, aber jemand hatte sie gezwungen, Selbstmord zu begehen. "Es muss einen Haken geben", sagte ich. "Ruby war kein Angsthase. Niemals hätte sie ohne weiteres aus Zwang Selbstmord begangen. Es war ein Deal, Leute. Sie hat irgendwas dafür bekommen." Ich ließ mich auf einen Rattansessel in Abigails Wohnzimmer sinken und stützte den Kopf auf meine Hände. Die anderen sahen mich konzentriert an. "Aber was soll das gewesen sein?", fragte Vic leise. "Sie ist doch eh gestorben. Von allem Geld der Welt, dass er oder sie ihr geboten haben könnte, hat sie nie wieder etwas mitbekommen." Ich schüttelte den Kopf. "Kein Geld, Vic. Irgendwas, wofür sie bereit war zu sterben." Wir schwiegen, während wie alle darüber nachdachten, was das gewesen sein könnte. Schließlich murmelte Lilith:"Und wenn man es so sieht: Der jemand, der sie zum Selbstmord gezwungen hat, hatte etwas gegen sie in der Hand, womit er gedroht, es zu verraten oder Menschen zu verletzen, die ihr lieb waren. Und sie ist gestorben, damit sich nichts verändert. Macht das Sinn?" Auf den ersten Blick machte es sogar ziemlich viel Sinn, aber mit der Zeit verlor ihre Theorie an Logik. "Nein", sagte Nathan an meiner Stelle. "Nein, das macht keinen Sinn. Sie hat zu mir gesagt, dass sie sich dazu entschieden hat, dass sie eingewilligt hat. Das passt nicht zu einer Drohung. Das passt viel besser zu Hollys Theorie." Er warf mir einen schnellen Blick zu und ich nickte. Ja, wir mussten bei dem Deal bleiben. Ich hatte das Gefühl, dass wir ganz nah dran waren. "Leute", sagte Keith plötzlich, "wo ist das Wassermädchen?" Verwundert fuhr ich umher, nur um kurz danach nach Luft zu schnappen. Das Wassermädchen war weg, wie vom Erdboden verschluckt. Mein Blick fiel auf die Tür, die zum Garten führte. Der Schlüssel steckte von innen im Schloss. "Vielleicht hat sie aufgeschlossen und ist gegangen", murmelte Poppy, während sie das abgeddunkelte Zimmer durchquerte, um das gesagte zu überprüfen. Mit steifen Fingern versuchte sie, die Tür zu öffnen: Ohne Erfolg. "Abgeschlossen", bemerkte sie dumpf. Ich spürte, wie meine Kehle trocken wurde und schluckte schwer. "Hallo!", rief ich mit brüchiger Stimme. "Wassermädchen! Bist du da?" Nichts. Nur der Wind, der heulend ums Haus fuhr. Auch draußen auf der Wiese war sie nicht. Es war, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Oder als wäre sie nie hier gewesen. Mir wurde eiskalt und heiß zugleich, als oben eine Tür knarzte. Tränen stiegen mir in die Augen. "Hallo?", rief Lilith, die in den Flur gegangen war, aber auch sie bekam keine Antwort. Dann knallte wieder etwas ins Schloss und ein Schatten fiel vor dem anderen Fenster, das zum Nachbarhaus zeigte, zu Boden. Kreischend stürzte ich an die Scheibe. War sie etwa gefallen? Als ich hinaus sah, war nichts mehr zu sehen, kein Schatten, kein Wassermädchen, kein Abdruck von dem Körper, den ich hatte fallen sehen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Schluchzend verbarg ich das Gesicht in den Händen und merkte, wie mich zwei Arme in eine tröstende Umarmung schlossen. Als ich aufsah, stellte ich fest, dass sie Poppy gehörten, der die Angst ins Gesicht geschrieben stand. "Irgendwas ist hier seltsam", murmelte Lilith, die aus dem Flur zurück ins Wohnzimmer kam. Ich wischte an meinen Augen herum und hoffte inständig, dass Mum wasserfestes Make-Up benutzt hatte. Ansonsten sah ich jetzt wahrscheinlich aus wie ein verwischter Vampir, der schwarz schillernde Tränen weinte. "Ich muss hier raus", sagte ich und ging schnellen Schrittes zur Wohnzimmertür. Als ich den Schlüssel im Schloss drehte, fiel mir auf, dass etwas  auf der Fußmatte lag, ein kleiner, eilig zusammengefaltener Zettel. Ich sah mich um, ob die anderen ihn auch gesehen hatten und als das nicht der Fall war, bückte ich mich schnell danach. Mit zittrigen Fingern faltete ich ihn auseinander.

Wenn du versuchst, mich zu finden, bist du tot.                                                                                   -W

Ich runzelte die Stirn. Es war nicht schwer zu erraten, dass 'W' für Wassermädchen stand, aber warum hatte sie mir diese Nachricht hinterlassen? Befand sie sich in Gefahr? War sie wütend? Befand ich mich in Gefahr?

                                                                     *******************

An dieser Stelle noch mal sorry für die Verwirrung hehe :/ So, dann frag ich euch mal, warum ihr glaubt, dass das Wassermädchen diese Drohung hinterlassen hat? Was ist eurer Meinung nach in Rubys letzter Nacht passiert und wo glaubt ihr, ist das Wassermädchen hinverschwunden? Wird Holly sich an die Warnung halten? Sagt es mir! :) Und falls ich euch noch nicht von meiner neuen Story FOSC - Das Dunkle in dir  erzählt habe, tu ich das hiermit. Findet ihr unter meinen Werken, wenn ihr mal reinsehen wollt. Ansonsten schönen Tag noch. :)

Königin des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt