Kapitel 6

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》NEIN!《 schrie Jonas aufgebracht und stellte sich schützend vor mich. Ich selbst war mittlerweile zu einer Salzsäule erstarrt und wusste nicht mehr wo oben und unten war, oder was hier grade passierte. Mein Leben zog an mir vorbei wie ein Film und ich fragte mich wirklich, ob es das gewesen sein sollte.
Was passierte hier und vor allem, warum passierte das ausgerechnet mir?

Das tiefe Knurren des Mannes holte mich zurück in die Gegenwart und ich blickte ängstlich in seine Richtung. Es klang furchteinflößend und irgendwie unmenschlich. Jonas stand immer noch zwischen uns und bildete eine schützende Wand aber ich bezweifelte, dass er gegen den wütenden Mann vor ihm ankommen würde.
Klar er war stark und ziemlich muskulös, aber ich hatte noch nie so viel Wut in den Augen einer Person gesehen, wie bei diesem Mann.

》Felix bitte, lass es mich versuchen. Ich werde es ihr erklären《 sagte Jonas und hob beschwichtigend die Hände.
DAS war Felix? Oh Gott! Ich spürte wie sich alles anfing zu drehen.

》Das geht nicht und das weißt du genau《 fauchte Felix. 》Ich muss es tun, es tut mir Leid!《 Er schubste Jonas mit aller Kraft zur Seite und stürzte auf mich zu.
Ich taumelte einen Schritt zurück, fiel über meine eigenen Füße und landete auf dem Boden.

In diesem Moment geschah es. Ein dumpfes Grollen ertönte aus Jonas Kehle als er von Felix zur Seite geschleudert wurde und er sprang an ihm vorbei. Doch mitten im Sprung passierte etwas! Vor mir stand nicht mehr Jonas. Nein, vor mir stand ein großer, schwarzer Wolf. Er blickte mir in die Augen und ich erkannte die funkelnden grünen Augen aus letzter Nacht wieder.

Ich taumelte zurück und spürte wie mir schlecht wurde. Der gesamte bis dahin noch vorhandene Inhalt meines Magens entleerte sich auf den Fußboden des Hauses und ich brach zusammen. Alle Kraft verließ mit einem Mal meinen Körper und ich fühlte mich wie ausgelaugt.

Ich war auch nicht mehr besonders überrascht, als ich aufblickte und sah, dass auch Felix sich in einen riesigen Wolf verwandelt hatte und mit dem schwarzen Wolf - oder besser gesagt Jonas kämpfte.
Was mich hingegen überraschte, war die Tatsache dass es die gleichen Wölfe waren, wie letzte Nacht im Wald. Es war wie ein Deja vu!
Das bedeutete also Felix hatte schonmal versucht mich umzubringen.

Eine weitere Ladung meines Mageninhaltes traf den Boden und ich spürte wie mir heiße Tränen über die Wangen liefen.

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich zuckte zusammen. Luke stand hinter mir und blickte mich mit traurigen Augen an. Warum war er so ruhig und nicht geschockt über die beiden Wölfe die da grade in seinem Haus kämpften? Ich wollte wegkriechen, oder im Boden versinken, aber er zog mich auf die Beine und trug mich aus dem Raum. Wie konnte dieser kleine und unschuldige Junge bloß so stark sein? Es schien ihn nicht einmal besonders viel Kraft zu kosten mich durch die Gegend zu tragen.
Er brachte mich in das Zimmer, in dem ich heute Morgen aufgewacht war. Fort von den kämpfenden Wölfen und fort von dem Geschehen, welches sich dort im Flur gerade abspielte.

Ich ließ mich auf den Boden sinken und ein Schluchtzer schüttelte meinen ganzen Körper. Luke kniete sich neben mich und blickte mich besorgt an. 》Kann ich irgendetwas für dich tun?《
Ich schüttelte bloß den Kopf. Ich wollte hier weg! So weit wie nur irgendwie möglich. Wer oder was waren die Menschen hier? War Luke genauso wie die anderen beiden? War vielleicht ihre ganze sogenannte Familie so? Warum passierte das hier alles? Und warum passierte es ausgerechnet mir?

Hunderte von Fragen schwirrten mir durch den Kopf und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Ich schlang die Arme um meine Beine und begann mich wie ein kleines Kind vor und zurück zu wiegen.
Luke blieb regungslos neben mir sitzen und guckte mich mit besorgtem Blick an.

Ich wusste nicht wie lange ich so da gesessen und mich nicht mehr bewegt hatte. Sämtliches Zeitgefühl war mir verloren gegangen und ich hatte keine Ahnung wie spät es war.

Draußen dämmerte es bereits und ich musste eingenickt sein, denn ich hatte nicht bemerkt, wie Luke das Zimmer verlassen hatte.
Ich war allein - Mutterseelenallein! Und so fühlte ich mich auch.

Wieder einmal schien mein Leben keinen Sinn mehr zu ergeben und alles ging den Bach runter.
Wieder und wieder durchlebte ich den Autounfall meiner Eltern, das Verschwinden meines Bruders, meine zwei Jahre im Heim und meinen letzten Abend im Wald, sowie die Situation von eben grade.
Nichts davon schien einen Sinn zu ergeben und ich schüttelte den Kopf. Meine Tränen waren versiegt und ich fühlte mich wie ausgetrocknet. Ich hatte Durst aber ich wollte und konnte mich nicht bewegen.
Eigentlich wollte ich nur noch einschlafen und am besten nie wieder aufwachen.

Das Klopfen an der Tür ließ mich zusammenzucken und riss mich aus meinen Gedanken.

MoonlightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt