Endgültig

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Eine Woche ist vergangen und ich habe wenig bis gar nicht geschlafen. Im Spiegel erkenne ich mich kaum wieder. Meine Augen sind vom Schlafmangel gerötet und dunkle Augenringe zeichnen sich unter diesen ab. Seufzend fahre ich mir mit meiner, mit Wasser angefeuchteten, Hand durchs Gesicht, doch auch danach ist mein Anblick im Spiegel nicht zu ertragen. Meine Gedanken darüber, wie es weiter gehen soll, bringen mich um den Verstand. Ich fühle mich hin- und hergerissen. Einerseits möchte ich meine Freunde nicht enttäuschen, andererseits wird es mich große Überwindung kosten, da weiter zu machen wo ich aufgehört habe. Am liebsten würde ich alles hinschmeißen und hinter mir lassen. Aber warum eigentlich? Alex hat sich freiwillig, und auch wegen mir, von den Jungs entfernt und trotzdem stört mich etwas. Vielleicht liegt es daran, dass zu 187 auch Alex gehört. Und egal wer von uns aussteigen würde, es würde immer etwas fehlen. Also warum soll ich nicht auch aussteigen und jeder macht sein eigenes Ding; außerhalb von 187. Ich lasse mir die Idee einige Male durch den Kopf gehen. Schlecht ist sie nicht gerade.

Genervt beende ich das Telefonat mit Raphael. Wieder mal habe ich mir die Meinung von ihm angehört. Als ich ihn nach dem Gespräch mit den Jungs angerufen hatte, war Raphael der festen Überzeugung dass ich Teil von 187 bleiben würde. Nun habe ich ihm meine neuen Gedankengänge erklärt. Raphael ist natürlich alles andere als begeistert, doch wie all die Jahre zuvor akzeptiert er meine Entscheidungen und ich bin ihm mehr als dankbar dafür. Ich an seiner Stelle hätte den Job als Manager schon längst über Bord geworfen. Mich beraten zu müssen stelle ich mir alles andere als einfach vor.

Im Internet buche ich einen Flug für morgen früh. Für ein paar Monate, eventuell für immer, möchte ich etwas Abstand von Hamburg und den Leuten hier, gewinnen. Den Jungs muss ich meine Entscheidung auch noch mitteilen. Nervös mache ich mich fertig und fahre dann ins Studio. Diese Nervosität geht mir mittlerweile richtig auf den Sack. Vor der ganzen scheiße war ich entspannt an jede auch so komplizierte Situation herangegangen. Seufzend parke ich vor dem Studio und hoffe, dass alle Jungs da sind. Bevor ich aussteige, schweifen meine Gedanken zu Maxwell. Hoffentlich wird es diesmal nur halb so schlimm. Noch einmal nehme ich tief Luft und steige dann aus meinem Wagen. Gedankenverloren streiche ich über den schwarz glänzenden Lack. Den muss ich ebenfalls zurücklassen.

Aufgeregt betrete ich das Studio und ich habe Glück; alle sind da. „Johnny, schön dich zu sehen!" Jonas kommt grinsend auf mich zu und umarmt mich kurz. Auch Maxwell begrüßt mich gut gelaunt, sowie auch Anton. „Du siehst echt scheiße aus, Diggi.", lacht Maxwell und zieht an seinem Joint. Ich schenke ihm ein falsches Lächeln und setze mich auf die Couch. Maxwell hält mir seinen Joint hin, welchen ich dankend annehme. Durch den ganzen Stress habe ich seit fast zwei Wochen keinen Joint mehr geraucht. „Du bist doch sicher nicht ohne Grund hier, oder?", stößt Jonas das Thema an, weswegen ich hier bin. Ich nicke und überlege einen Moment, wie ich am besten anfange. „Ich hab echt lange nachgedacht, Jungs. Und ich habe für mich entschieden, dass es besser ist wenn ich von alldem hier Abstand nehme. Morgen früh geht mein Flug nach LA und dann bleibe ich für unbestimmte Zeit erstmal da. Seid mir bitte nicht böse, Jungs, aber ich muss was anderes sehen. Sonst gehe ich hier kaputt." Ich schaue in verständnisvolle Gesichter, was mich ausatmen lässt. „Wir sind doch Brüder, Johnny. Klar verstehen wir das.", sagt Jonas als erstes und schlägt mir leicht auf die Schulter. Sein Lächeln sieht etwas gequält aus, trotzdem bin ich ihm dankbar für seine solide Reaktion.

„Wir begleiten dich dann morgen früh zum Flughafen. Dann verabschieden wir uns nochmal richtig.", sagt Maxwell, welcher sich an der Fahrertür meines Autos abstützt. Ich sitze derweil im Wagen und schaue lächelnd zu Maxwell. „Kommt ihr mich abholen? So gegen 7 Uhr?" Maxwell nickt grinsend. „Klar, Diggi. Machen wa." Ich lächle ihm dankend zu und mache mich auf den Weg nach Hause. Schließlich muss ich noch einige Koffer packen.

Am nächsten Morgen stehe ich um 5 Uhr auf. Wenigstens habe ich es geschafft, ein paar Stunden zu schlafen. In den Spiegel schaue ich diesmal jedoch nicht. Schnell esse ich was, mache meine morgendliche Routine im Bad und ziehe meine Klamotten an, welche ich mir gestern Abend rausgelegt habe. In einer halben Stunde kommen die Jungs, weshalb ich noch einmal durch mein Penthouse laufe. Vielleicht habe ich irgendwas vergessen, was ich noch mitnehmen will. Da ich jedoch nicht fündig werde, entspanne ich mich schnell wieder und baue mir einen Joint. Meine drei Koffer stehen bereit, welche vollgepackt mit meinen Klamotten sind. Ich habe für mich zudem entschieden, das Penthouse vorerst zu behalten. All meine Möbel stehen hier und falls ich doch mal Heimweh bekommen sollte, habe ich direkt eine Unterkunft zur Verfügung.

Mit meinem Joint im Mund, trage ich zwei meiner Koffer die Treppe runter. Der ganze Hausflur riecht wahrscheinlich nach Marihuana, aber besser als so manch anderer Geruch. Jonas steht derweil mit seinem Auto in der Einfahrt und steigt aus, als er mich sieht. Maxwell und Anton sitzen auf dem Rücksitz. „Hast du noch was oben?", fragt Jonas, woraufhin ich nicke. Durch den Joint in meinem Mund, kann ich nur undeutlich sprechen. Jonas kommt mit dem dritten und letzten Koffer die Treppe hinunter und lädt diesen ebenfalls ins Auto. Ich laufe derweil nochmal schnell nach oben und sperre die Tür ab. Grinsend steige ich zu den Jungs ins Auto und kurz darauf sind wir auf dem Weg zum Flughafen.

Ein letztes Mal rappen wir unsere liebsten Lieder mit und erzählen ohne Pause dumme Witze, die wahrscheinlich nur wir witzig finden. Nach knapp einer Stunde kommen wir am Flughafen an. Die Autofahrt hätte ruhig noch etwas länger dauern können. Alle zusammen steigen wir aus dem Auto und ich nehme die Koffer aus dem Wagen. Zusammen betreten wir den Flughafen und ich gehe zum Schalter um meine Koffer abzugeben. Somit bin ich die erst einmal los. Nachdem das erledigt ist, gehe ich zu den Jungs zurück. Sie stehen vor der Anzeigetafel, auf welcher alle Flüge abgebildet sind. „Brasilien wär' jetzt geil.", höre ich Maxwell sagen, welcher grinst. Grinsend schüttle ich den Kopf. „Diggi, da laufen die geilsten Weiber rum.", begründet Maxwell nun seine Aussage und macht eine offensichtliche Geste für Sex. Einige Leute im Flughafen mustern Maxwell befremdlich, was mich noch etwas mehr grinsen lässt. Uns doch egal, was andere denken.

„Ich denke es wird langsam Zeit für den Security Check.", läute ich vorsichtig die Verabschiedung ein. Anton kommt als erstes auf mich zu und drückt mich fest an sich. „Mach's gut, Bruder und danke für alles die ganzen letzten Jahre. Melde dich zwischendurch mal. Nicht dass du uns hier vergisst." Entsetzt mustere ich Anton. „Glaub mir, das wird nicht passieren." Anton lächelt mich noch ein letztes Mal an, bevor Jonas vor mir steht. „Johnny, ich hätte nie gedacht dass es mal so endet. Aber ey, wir halten die Stellung hier aufm Kiez für dich. Ich komm dich mal besuchen, sobald du dich drüben eingelebt hast. Alles klar?" Ich nicke lächelnd und ziehe Jonas in eine feste Umarmung. Er ist noch nie ein Mann der großen Worte gewesen, und auch wenn er von außen gerade ziemlich abgeklärt wirkt, weiß ich dass er innerlich gegen seine hochkommenden Emotionen ankämpft. „Ich vermiss dich ja jetzt schon, Junge.", sage ich seufzend und löse mich aus der Umarmung mit Jonas. Wehmut macht sich in mir breit. Ob ich hier wirklich das richtige mache? „John, Diggi, lass dich noch einmal drücken.", reißt mein Schützling mich aus meinen Gedanken. Fest drücke ich Maxwell an mich. „Danke für alles, John. Dass du immer für uns da warst. Ohne dich und dein Durchsetzungsvermögen hätten wir es wohl nie dahin geschafft, wo wir jetzt sind. Wir lieben dich, Bruder." Lächelnd löse ich mich von Maxwell und muss ein paar Tränen verdrücken. „Wir sehen uns, Jungs. Ich melde mich, sobald ich meinen Kopf frei bekommen habe. Ihr seid echt das beste, was mir passieren konnte." Bevor ich doch noch in Tränen ausbreche, wende ich mich schnell ab und gehe zum Security Check. Als ich mich nochmal umdrehe, sind die Jungs bereits verschwunden. Jetzt beginnt wohl ein neuer Lebensabschnitt und ich werde sehen, was die Zeit bringt.

Die Geschichte mit Bonez ist nun offiziell beendet. Ich hoffe die Geschichte hat euch gefallen :) Es würde mich freuen wenn ihr mir eure Meinung in den Kommentaren hinterlasst :)
Auf dem Plan steht als nächstes eine Geschichte mit Gzuz, welche in den nächsten Tagen beginnt :)

Was ist passiert? (Bonez MC FF) *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt