Kapitel 4 - Schneegebiet

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Die erste Woche war bereits rum und meine Erinnerungen an das Bankett sind nur schwummrig übrig geblieben. Diese nahezu vernebelten Erinnerungen schob ich dann doch mehr auf die Tatsache das ich durch Yuri ziemlich betrunken war. Jedoch war er irgendwie anders, was mich beunruhigte. Meist kam er erst spät zurück oder begab sich gar nicht erst zu mir ins Bett. Wiedermal wartete ich auf ihn und starrte der weil die so spannende Decke an, welche langsam immer dunkler wurde. Es wurde zu einem tiefem, eindeutigem Schwarz und ich konnt endlich runterfahren. Doch auch in meinen Träumen verfolgten mich meine Gedanken.

(P.o.V. Yuri)

Ein Seufzen entfuhr mir, als ich die dunkle, verschneite Straße entlang wanderte. So sehr ich ihn auch liebte, nun benötigte ich etwas Abstand.. einfach um alles zu verarbeiten.

Jedoch gelang mir mein Plan nur halber.. ich konnte die schönen Dinge gut wegstecken und sie als tolle Erinnerungen behalten, doch die negativen Sachen verhakten sich in meinem Kopf und begannen meine Gedanke abzuschnüren. Mein Herz schlug schneller und ich verschwand in einer öffentlichen Toilette. Die Angst durchfuhr mich, sodass es mir gerade so noch reichte die Tür der Kabine zuzuschlagen und abzuriegeln. Langsam glitt ich zu Boden. Ich wollte dieses Leben nicht mehr. Die Schmerzen, die Gedanken, der Hass. All das sollte einfach nur noch verschwinden.. mich inruhe lassen. Wenn ich es eben so nicht aus meinem Leben bekam, war die einzige Möglichkeit dieses Leben zu beenden. Die Klinge lag fest in meiner Hand, wodurch meine Finger schon das Bluten begannen, doch ich zögerte. Otabek.. das war das einzige was mir durch den Kopf schwirrte. Ich konnte ihn nicht zurücklassen, aber ebenfalls konnte und wollte ich es nicht mehr ertragen. Tränen rannten unaufhörlich über mein bereits rotes Gesicht. Immer wieder entfuhr mir ein Schluchzen und das Blut tropfte auf den Boden. Voller Verzweiflung zog ich die Klinge kraftvoll durch mein Fleisch. Blut strömte aus der frischen Wunde. Immer wieder wiederholte ich dieses Vorgehen. Mein linker Arm war blutüberströmt. Das Blut auf dem Boden, vermischte sich mit meinen Tränen und mir wurde langsam schwummrig. Schwerfällig stand ich auf, torkelte zu den Waschbecken und entfernte das halb getrocknete Blut von meinen Armen. Ich war schwach.. viel zu schwach. Es wunderte mich, dass ich überhaupt noch atmen konnte. Der Druck auf meiner Lunge erinnerte an Tonnen von Stahl, welche mich hinabzogen. Warum? Warum jetzt?

Schwerfälig trat ich aus den öffentlichen Toiletten. Die Sonne flimmerte am Horizont und ich stolperte über die hügelige Fläche, um in Richtung Ferienhaus zu kommen. Je mehr Schritte ich tat, desto aufrechter und fröhlicher wirkte ich. Genauso kam ich auch hinein. Somit log ich nun auch Otabek an. Ein Stich in mein Herz.
"Da bist du ja endlich. Wo warst du?", fragte er besorgt. "Ich war spazieren", log ich ihm geradewegs ins Gesicht. Sanft lächelte ich um glaubwürdiger zu wirken. "Wir gehen ja heute Schneewandern", erklärte er und umschloss meine Hand mit seiner. "Dann sollten wir wohl gehen", sprach ich verführerisch und zog ihn zu mir. Unter dieser Maske weinte ich, aber ich durfte keine Schwäche zeigen.. nicht zeigen wie es mir wirklich ging. Seine Lippen legten sich auf meine und ein zärtlicher Kuss entstand. Wir lösten uns von einander, blickten kurz in die Augen des Anderen und begannen dann Hand in Hand loszulaufen. Er hinterfragte nichts mehr und beließ es dabei. Die verschneite Landschaft erstreckte sich bis in das unendliche.

Nach kurzer Zeit erreichten wir die berüchtigten Kutschen, mit welchen wir uns dann auf den Weg zu dem Treffpunkt machten. Die Kälte umhüllte uns, während ich meine brennenden Wunden vernahm. Ein kurioser Typ gab uns eine Einführung, doch ich schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Wäre ja egal wenn ich heute sterbe, immerhin würde es dann noch wie ein Unfall aussehen. Sobald seine Stimme verklungen war, begannen wir los zu laufen. Natürlich hatten wir einen Führer, aber Otabek und ich waren dicht hinter ihm. Komm schon. Ich brauche nur einen Fehltritt.

Plötzlich war eine Vibration des Bodens wahrzunehmen. Gott sei gedankt! Wie selten war denn bitte die Wahrscheinlichkeit, dass genau dann wenn ich hier bin ein Erdbeben auftaucht. Perfekt! Eine weite Schlucht öffnete sich vor uns und der Führer wäre fast hinein gestürzt, hätte der Schwarzhaarige ihn nicht zurückgezogen. Wie in Zeitlupe kippte ich nach vorn, doch der kräftige Arm des Grauäugigen zog mich wieder zurück. "Verdammter Idiot, pass besser auf", fluchte er mitten im Geschehen. Mein schwacher Körper fiel zu Boden und ich spürte wie meine Wunden wieder aufgerissen waren. Tränen liefen über mein Gesicht und es wurde alles schwarz.

Meine Augenlider flatterten. Wo war ich? Wer war ich? Was war ich? Bin ich vielleicht Tod? Ich öffnete meine grünblauen Augen und sah mich um. Ein schneeweißer Raum umgab mich. Was zur Hölle?! Wo.. Erst jetzt begriff ich wo genau ich war. Das hier war ein Kranknehaus und neben meinem Bett, da saß der Schwarzhaarige, welcher verscuhte mich vor allem Bösen zu bewahren. Ich streckte meinen Arm in seine Richtug und bermerkte erst jetzt die Tatsache, dass ich ein kurzärmliges Krankenhaushemd trug. Scheisse! Die ganzen Wunden -und auch alte Narben- waren freigelegt. Dennoch strich meine blasse Hand über sein kontrastreiches Haar. Verschreckt hob er den Kopf und blickte mich mit geröteten Augen an. Einzelne Tränen flossen aus ihnen, wodurch sich meine Augen weiteten. "Warum Yuri.. Warum?", fragte er verzweifelt und streichelte die trockenen Wunden. "I-Ich musste es tun.. Diese negativen Gedanken.. die einem die Kehle zuschnüren.. sie verschwinden einfach nicht.. und sie nehmen den Platz ein, den die guten Erinnerungen.. die Momente mit dir.. einnehmen sollten", murmelte ich und sah ihn mit glasigen Augen an. "Wir schaffen das schon", murmelte er, zog mich an sich und liebkoste meine Stirn. Ich fühlte mich seit längerem geborgen und wirklich sicher. Vorsichtig presste ich meinen Körper an seinen und schlang meine Arme um ihn. Tränen entflohen meinen Augen und so verweilten wir eine Weile, bis er mir versicherte, dass er so viele schöne Dinge mit mir unternehmen würde wie ich will.

Mal wieder saßen wir auf dem Sofa, es war der letzte Tag unserer Reise und so würden sich unsere Wege vermutlich wieder trennen. Deprimiert seufzte ich auf und krallte mich in seinen Pullover. Er schob mich auf seine Oberschenkel und schloss seine Arme um mich. "Komm Kätzchen, ich hab noch eine Überraschung für dich", flüsterte er mir zu und so standen wir gemeinsam auf. Demotiviert zog ich meine Stiefel an und letztlich meine Jacke. Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter und zog mich mit sich nach draußen. Der Zehnminütige Fußweg machte mir etwas zu schaffen, doch wollte ich mit ihm mithalten. Er durfte mich nicht überholen. In jeglicher Hinsicht nicht. Plötzlich hielt er an und so versunken wie ich in meinen Gedanken war, krachte ich natürlich gegen seinen Rücken. Wir standen vor einer weißen Kutsche mit Kuven, der schwarze Hengst, welcher vorne eingespannt war, schnaubte ruhig und schien nur zu warten. Otabek stieg nach vorne und half mir nach oben. Seine Hände griffen nach den Zügeln und sogleich begann die Fahrt. "Hast du die Kutsche extra gemietet?", fragte ich unsicher und knetete unruhig meine kalten Finger. "Ja", bestätigte er und wir fuhren einfach weiter. Die verschneite Landschaft und vorallem der gefrorene Wald, ließ mich fasziniert umherblicken. Ich sah wie Otabek sich an meinem Glück erfreute und musste automatisch noch breiter Lächeln. Plötzlic wurden wir langsamer und mein Blick fiel auf den eingefrorenen See. Das Eis schillerte fröhlich vor sich hin, während ich immer mehr das Gefühl bekam Otabek würde etwas auf dem Herzen liegen. "Alles okay?", fragte ich in seine Richtung gewandt, worauf ich jedoch nur ein leises Seufzen bekam. "Pass auf, Yuri..", er blickte zu mir und ich schenkte ihm meine volle Aufmerksamkeit, "Ich will das du bei mir einziehst Yuri.. nicht Kasachstan sondern irgendwo anders.. meinetwegen auf einer asiatischen Insel oder am andere Ende der Welt, aber ich kann nicht von die getrennt sein, Yuri." Mein Herz rutschte mir kurz in die Hose, doch dann nickte ich eifrig. "Was hälst du vorerst von Japan? Also ich hab wirklich kein Problem mit Russland, aber ich bräuchte wirklich etwas Abwechslung. Vorallem weil wir dort auch weitertrainieren können", lachte er und strahlte mich an.

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