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»Hey, wenn du sie weiter so offensichtlich anstarrst, zeigt sie dich noch wegen Stalking an. Das ist eine ernstzunehmende Sache.« Amüsiert hatte Mick den blonden Urlauber dabei beobachtet, wie er Tessa beim Schwimmen beobachtet hat.
Er grinste Eli an und setzte sich zu ihm aufs Handtuch.

»Was? Ich... ähm... Ich hab sie gar nicht angestarrt«, stammelte Eli ertappt und errötete.

»War nur ein Scherz«, grinste Mick und musste sich ein Lachen über Elis aufkommende Panik verkneifen. »Aber ehrlich, Eli, warum redest du nicht einfach mal mit ihr?« Mick dachte darüber nach, wie er Eli helfen könnte. Insgeheim amüsierte es ihn, dass Eli so verklemmt war und praktisch unfähig irgendwie mit Tessa in Kontakt zu treten. Sein Gefühl sagte ihm, dass es wohl eine Weile dauern könnte.

»Heute Abend«, erklärte Eli bestimmt, doch es klang danach, als müsste er sich erst selbst noch von seinem Vorhaben überzeugen.

»Mit einem angemessenen Pegel, oder was?«

»Jaah«, antwortete Eli etwas zu schnell und Mick konnte das Lachen nicht mehr zurück halten. Eli grinste schief und wurde rot.

- - - - -


Mick und Eli erreichten den kleinen Schrebergarten fast als letzte. Die Sonne stand knapp über den Bäumchen der Kleingartenanlage und die Grillen hatten zu zirpen begonnen. Schon von weitem konnte Mick eine kleine Gruppe von Mädchen erkennen, Tessa mit unter ihnen, die am Tor standen, alle bereits mit einer Flasche Bier in der Hand und ihnen zuwinkten.

»Mädels, das ist Eli«, stellte Tessa den Neuen aufgeregt ihren Freundinnen vor, gerade als Mick sie begrüßen wollte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Eli wieder einmal errötete. Er verkniff sich ein Grinsen.

»Jaah, und ich bin nur der doofe Mick, der ist ja unwichtig, dem muss man natürlich nicht hallo sagen«, gab Mick gespielt beleidigt von sich, um die Aufmerksamkeit der Mädels wiederzuerlangen. Aber was regte er sich auf, es war nur logisch, dass sie Eli interessant finden würden. Nächstes Jahr war er wieder vergessen.

»Oh, ist da etwa jemand eifersüchtig?«, lachte ein schwarzhaariges Mädchen und sah Mick belustigt an. Es war Sofia. Das Mädchen, auf das er im letzten Sommer ein Auge geworfen hatte, ehe er festgestellt hatte, dass Sofia und er absolut nicht zusammenpassten. Sie war die einzige, die ihn jetzt umarmte.

»Ach Quatsch«, murrte Mick, befreite sich aus ihren Armen und stapfte weiter in den Garten. Er ließ Eli mit den Mädels am Tor stehen, denn er empfand sich als überflüssig. Und er sah eine Chance für seinen Kumpel endlich mal mit Tessa zu reden.
Als er sich doch wieder umdrehte, stand Eli schweigend in der Traube kichernder Mädchen und war rot bis zu den Ohren. Das hob Micks Laune schlagartig und grinsend bahnte er sich seinen Weg zu den Getränken.

»Eli, gerade richtig. Hier, schnapp dir ein Bier und dann lass uns anstoßen«, er reichte Eli ein Bier, öffnete sich selbst noch eines und sah mit Genugtuung, dass Tessa etwas säuerlich dreinsah. Dabei wollte er doch eigentlich, dass sich zwischen Tessa und Eli was entwickelt. Oder nicht?

»Worauf stoßen wir denn an?«, fragte Eli, der sein Bier beäugte, als hätte er nie etwas ähnliches in der Hand gehabt.

»Den Sommer. Die Ferien. Auf uns. Ganz egal, denk dir was aus.« Dann schlugen sie ihre Flaschen gegeneinander und nahmen jeweils einen großen Schluck aus ihrer Flasche. Gerade als Mick zu einem zweiten Schluck ansetzen wollte, bemerkte er, wie Eli das Gesicht verzog und zu Husten begann. Mick schüttelte sich vor lachen, er war sich zwar nicht sicher, ob Eli sich bloß verschluckt hatte oder eben noch nie Bier getrunken hatte. Aber beide Möglichkeiten kamen ihm urkomisch vor.

»Klappe«, keuchte Eli, was Mick nur mehr zum Lachen brachte.

»Man bringe unserer Prinzessin einen Kirschsaft.« Weiterhin Gelächter.

»Ich hasse dich«, knurrte Eli als Antwort, knallrot im Gesicht, vom Husten und vor Scham.

»Oh, Schade«, Mick versuchte sich zusammenzureißen, »aber sag doch einfach, dass du kein Bier willst.«

»Das hätte ich ja, wenn ich gewusst hätte, dass ich keines will«, murmelte Eli. Mick nickte nur, immer noch sehr damit beschäftigt nicht in Gelächter auszubrechen, was Eli amüsiert mit ansah.
»Gibt's denn was, das besser schmeckt?«

»Kirschsaft zum Beispiel«, schlug Mick lachend vor und kassierte daraufhin einen Schlag von Eli.
Sie gingen weiter in den Garten zu einer Sitzecke aus Getränkekisten und einer improvisierten Gartenbar aus Holzpaletten, wo ein nicht-professioneller Barkeeper aka Micks alter Schulkamerad Eli nach seinen Lieblingsgetränken befragte und einen Drink ganz nach seinem Geschmack kreierte.
Dass das ganze in einem Spektakel endete, hatte Mick nicht vorausgesehen, aber niemand hätte wissen können, welch ein Exzentriker Eli bei der Getränkewahl war.

»Was zum Teufel ist das?«, fragte Mick angesichts der seltsam bräunlichen Farbe des Getränks.

»Kein Kirschsaft«, konterte Eli und zählte jegliche Zutaten seiner eigenen Kreation erneut auf. Mick, der während des gesamten Mix-Prozesses daneben gestanden hatte, schüttelte immernoch fassungslos den Kopf.

»Cola und Bananensaft?«, wiederholte Tessa ungläubig und angewidert zu gleichen Teilen.

»Und Zuckerrohrschnaps, Waldmeistersirup und Zitronensaft«, ergänzte eines der Mädchen vom Empfangskomitee und riss Eli das Glas aus der Hand um das Gesöff zu kosten.
Tatsächlich schmeckte es gar nicht so schlecht, wie es sich anhörte und so wurde der Drink kurzerhand nach Eli benannt und auf die imaginäre Getränkekarte aufgenommen.

»Du bist jetzt berühmt«, schloss Mick, während die beiden durch den Garten schlenderten und Eli noch die restlichen Leute kennenlernte.
Schließlich schob Mick Eli in Richtung Tessa und winkte Sofia zu sich - und von Tessa weg, damit sie Tessa für einige Sekunden in Ruhe mit Eli sprechen ließ. Der wusste im ersten Moment nicht wie ihm geschah. Doch als Mick und Sofia im Garten verschwanden, dachte er sich seinen Teil.

Mick war allerdings immer noch ganz und gar nicht an Sofia interessiert, in keinster Weise. Sie war naiv und überhaupt nicht sein Typ. Trotzdem setzte er sich mit ihr unter einen Obstbaum und sie tranken ihr Bier, nebenbei erzählte das Mädchen von belanglosen Dingen und uninteressantem Klatsch, doch Mick hörte ihr nicht zu. Er dachte komischerweise nur an Eli.

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