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Ich saß über meiner Hausaufgabe gebeugt an meinem Schreibtisch und versuchte Biologie irgendwie in mein Hirn zu bekommen. Ich verstand es einfach mit bestem Willen nicht. Wieso gab es überhaupt so ein Fach? Ist es nicht uninteressant und vollkommen widerwärtig den menschlichen Körper zu untersuchen und bis aufs kleinste Detail auseinander zu nehmen? Zu wissen wie der Körper aufgebaut ist und, ich schüttelte mich bei dem Gedanken, das menschliche oder auch tierische Blut zu untersuchen.
Biologie war einfach nichts für mich. Ich verstand es nicht und wollte es auch nicht verstehen. In meinen Augen war es einfach nur kanibalistisch wissen zu wollen, wie ein Körper von innen aussah.
Dank dieser Ansicht und der Weigerung dieses Fach zu verstehen geschweige denn praktisch in diesem Fach mitzuarbeiten, hatte ich jedes Jahr aufs neue nur eine drei in diesem Fach. Warum eine drei und nicht gleich eine vier, die viel besser zu meiner schulischen Leistung in diesem Fach passte, wusste ich selbst nicht. Wahrscheinlich hatte es damit zu tun, dass Thalea einfach ein Ass in Biologie war, das Fach liebte (wie konnte man nur) und mich daher immer alles abschreiben ließ, was ich im Unterricht nicht verstand und es mit Schritt für Schritt erklärte, bis es auch bei den dümmsten aller dummen, genauer gesagt mir, ankam.
Also saß ich jetzt so da, über mein Heft mit den Notizen, dich ich mir von Thalea abgeschrieben hatte, gebeugt, und versuchte mich zu konzentrieren und das Geschriebene Wissen auf dem Papier in Wissen in meinem Gehirn umzuwandeln, doch leider fiel mir gerade genau das viel zu schwer. Stattdessen lauschte in den Vögeln draußen vor meinem Fenster oder dem Geräusch vorbeifahrender Autos und die Schritte der Menschen auf dem Asphalt. Die unverständlichen Gespräche auf den Straßen schienen für mich plötzlich sehr interessant zu sein, was es noch schwerer machte, sich auf Biologie zu konzentrieren.
Nach einem ergeben Seufzer sah ich von den Notizen auf, da es keinen Sinn mehr für mich machte, sich die Verdauungsvorgänge eines Fisches anzusehen, wenn ich wusste, dass mir davon nur schlecht werden konnte oder es schlichtweg einfach an mir vorbeirauschen würde. Ich würde das ganze einfach später mit meinem Vater oder mit meiner Mutter nocheinmal durchgehen.
Ich stand auf und und nahm mein Handy, dass ich beim Betreten vorhin auf mein Bett geworfen hatte, in die Hand und öffnete den Chat mit Jakob.
Es war nicht so, als würden wir viel schreiben, nein eher im Gegenteil. Die meisten Nachrichten waren endweder Fragen zu Hausaufgaben oder so etwas wie ein schlichtes ›Hi‹ oder der gleichen.
›Hallo Jakob, schrieb ich erstmal. Mal sehen ob er überhaupt an seinem Handy war. Vielleicht hatte er auch schon eine andere Beschäftigung gefunden und hatte gar keine Lust sich mehr mit mir zu treffen.
Ich brauchte gar nicht lange auf eine Antwort warten.

'Hey Ruby. Na? Endlich fertig mit den Hausaufgaben? Mir ist echt richtig langweilig, ich gucke sogar mit meiner kleinen Schwester Prinzessin Lillifee. Bitte erlöse mich!'

Als ich seine Nachricht las, musste ich schmunzeln. Dieser Arme Junge, dachte ich mir. Ich lachte in mich hinein und schrieb ein ›ja, kannst kommen‹ zurück, bevor ich aus meinem Zimmer in das Arbeitszimmer meines Vaters ging, um ihn Bescheid zu geben, dass ich mit den Hausaufgaben fertig war und gleich Besuch kommen würde. Jakobs Namen nannte ich nicht, da ich keine Lust auf diese Standard-Fragen hatte. ›Ein Junge? Wirklich? Bist du verliebt? Wie sieht er aus? Du musst mir alles erzählen?‹
Ja, in dieser Hinsicht waren wahrscheinlich alle Eltern gleich. Sie wollten, sobald du einen Jungen mit nach Hause bringst alles bis aufs kleinste Detail wissen, dein ganzes Liebesleben.
Ich seufzte innerlich bei diesem Gedanken. Na klar, ließ es mein Vater nicht einfach darauf beruhen.
»Halt, halt! Ich will einen Namen hören. Hier kommt keiner rein, den ich nicht kenne.«, sein strenger Ton ließ mich genervt stöhnen.
»Oh Papa, du kennst ihn.«, erwiderte ich Augen verdrehend.
Oh verdammt, jetzt war mir das herrausgerutscht, was ich vermeiden wollte und mein Vater sprang natürlich sofort darauf an.
»Ihn? Es ist ein Junge? Wer? Wer ist es?« Er machte diese typischen großen Augen, die Eltern machten, wenn ihre Töchter über Jungs redeten und sie strahlten nur eine Sache aus. Neugier.
»Jaah Papa, es ist Jakob. Du weiß schon, der aus dem Kindergarten, der der nur zwei Straßen weiter wohnt. Mach bitte kein Drama«, sagte ich, genervt von den ganzen Gerede und genervt davon, dass man nie sagen kann, dass man sich mit einem Jungen traf, ohne dass einem gleich komische Blicke zu geworfen werden. Also echt, manchmal wünsche ich mich wirklich ich wäre Lesbisch. Meine Eltern würden dann nie mehr komisch gucken wenn ich Jungs einlade... Andererseits wäre das gleiche Problem dann auch bei dem Einlade von Mädchen.
Vielleicht hören die ganzen Fragen ja auf, wenn ich endlich mal einen Freund habe?
Einem kurzen Moment dachte ich dabei an Niko, bevor mein Gedankengang von dem Klingeln der Haustür unterbrochen wurde.
Froh, dass ich die Konversation mit meinem Vater somit nicht weiterführen musste, ging ich zur Tür und hob den Hörer, der mich mit dem Lautsprecher unten vor der Haustür verband, ab.
»Jakob?«, sprach ich in hinein. Nach einem kleinen Augenblick antwortete er mir mit einer Stimme, die so klang als würde er aus irgendeinem altem Retrofernsehr sprechen. Verzogen, mit rauschen im Hintergrund und größteils unverständlich. Allerdings verstand ich genug um zu erkennen, dass es Jakob war.
»Dritter Stock«, sagte ich nur noch, bevor ich den Kropf drückte, der unten die Tür öffnen würde.
Keine zwei Minuten später war er oben. Freundlich bat ich ihn herein und versuchte ihn möglichst unauffällig an Papas Arbeitszimmer vorbei zu schieben. Ich wollte jegliche Zusammentreffen vermeiden, damit es, wenn möglich, zu keinen weiteren peinlichen Fragen kommen konnte.
Sobald das erledigt war und wir beide in meinem Zimmer standen, schloss ich die Tür und sah Jakob fragend an.
»Und? Was jetzt? Ich habe weder eine Playstation oder irgendwas ähnliches, womit Jungs so ihre Zeit vertreiben.«
Das ging mir schon die ganz Zeit durch den Kopf. Was wollte Jakob überhaupt von mir? Ich war ein Mädchen, wir hatten absolut nicht die gleichen Interessen, außer unser Sandkastenfreundschaft verband und gar nicht und so wie so, machten wir, außer in der Schule, eigentlich nie etwas gemeinsam, weshalb ich ihn auch eigentlich gar nicht mal so genau kannte. Na klar, ich kannte ihn schon lange, aber ich wusste wenig über ihn. Ich wusste nur dass, was jeder von einem Menschen weiß, wenn er mal eine Stunde alleine mit ihm in einem Raum blieb, sich dann unterhielt und ein gewisses Etwas an Menschenkenntnissen besaß. Er mochte Fußball, spielt gerne Videospiele, am besten die, die um Fußball oder Krieg gehen, sein Lieblingsessen ist wahrscheinlich Pizza und Döner, vielleicht auch Burger. Mehr wusste ich nicht über ihn.
Und ich? Ich las gerne, turnte, sah oder spielte kein Fußball, geschweige denn auf der Konsole, mein Lieblingsessen war Lasagne und ich bin so um einiges strebsamer als er in seiner fleißigsten Phase jemals sein wird. Und davon wusste Jakob wahrscheinlich auch nur die Hälfte.
Nachdenklich kratzte sich Jakob am Nacken. Scheinbar hatte er für diese Frage auch noch keine gescheite Antwort gefunden.
»Ehm, naja... Wir könnten zum Beispiel ins Kino gehen, oder Pizza essen gehen...«
Sagte ich ja, er mochte Pizza.
»Ja, meinetwegen. Wir können ja ins Kino und danach Pizza essen gehen. Weißt du denn, welche Filme gerade so laufen?«, fügte ich gleich hinzu.
Ich mochte es nicht, mich beim Film überraschen zu lassen um es dann am Ende zu bereuen mein Geld dafür ausgegeben zu haben.
»Eh.. joa, hast du von dem Film Yesterday gehört? Der soll gut sein. Meine Große Schwester hat den neulich mit ihrer Freundin gesehen.«, ich nickte. Ja von dem Film hatte ich schon einmal gehört und ich fand ihn interessant.
»Ja einverstanden.«, ich schnappte mir eine kleine Tasche in die ich meine Wertsachen und eine Packung Taschentücher steckte, nur für den Fall, dass ich bei der Film weinen würde.
Jakob lächelte mich an und gemeinsam gingen wir dann aus meinem Zimmer.
Mist, jetzt muss ich doch zu mein Vater um ihm zu sagen, dass ich gehe.
Zögerlich und mit fest zusammengepressten Lippen klopfte ich an Papas Tür. Einen Moment lang war es still im Arbeitszimmer meines Vaters, bevor ich einen Stuhl zurückschieben hörte und er mir die Tür öffnete.
»Ja? Ruby, ich muss arbeiten.«, war seine angenervte Begrüßung. Wieso war er denn jetzt schon wieder genervt?
Okay, tief durchatmen, einfach schnell hinter dich bringen, er wird schon keine Fragen stellen.
»Ich wollte nur Bescheid geben, dass ich jetzt mit Jakob und Kino gehe und danach Pizza essen werde.«, antwortete ich ihm hastig.
Einen kurzen Moment hatte es den Anschein, dass seine Augen sich erstaunt und neugierig weiteren fovj im nächsten Moment war es schon wieder weg.
»Wohin? Welches Kino, wo Esst ihr Pizza und wann bist du wieder zu Hause?«
Gott, wie ich diese typischen Fragen hasste. Deshalb kommentierte ich seine Fragen auch mit einem Augenverdrehen und einem theatralischem Seufzer.
»Weiß noch nicht genau, ich bin aber immer erreichbar und bin wahrscheinlich so gegen neunzehn Uhr wieder Zuhause. Ist das gut so?«
»Nein junges Fräulein, ihr möchte genau wissen wo du bist und wann du wieder Zuhause sein wirst. Denk daran, morgen ist Schule, du kannst nicht bis neunzehn Uhr durch die Straßen laufen.«, er beugte sich zu mir herunter und sah mich mit erhobenem Zeigefinger mahnend an.
»Ist ja gut... Wir gehen in das Kino am Marktplatz und dann zu dem Italiener drei Straßen weiter Richtung Rewe. Dann in ich eben gegen achzehn Uhr zurück, ich kann dich anrufen wenn es sein muss.«, schlug ich ich eher widerwillig vor. Jetzt nickte mein Vater zufrieden.
»Gut. Dann... Habt viel Spaß ihr zwei.«, verabschiedete sich Papa mit Schalk in den Augen.
Jakob und ich winkten zum Abschied und gingen endlich aus dem Haus.

A/N:

Vielen Dank für die vielen Reads, das freut mich total, ich meine acht Kapitel und schon 500 reads😱😘
Wow Leute, ihr haut mich echt um. Vielen herzlichsten Dank!❤️

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 10, 2019 ⏰

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