needy I. | taekook

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✿ missing lovers

Ich stehe mitten in dem Schulflur, um mich herum jegliche Schüler, welche ich nur vom Sehen her kenne.
Dieses grässliche Gebäude zieht an mir vorbei und sie alle entfernen sich immer mehr, ohne mich wahrzunehmen. Als wäre ich nicht zu erkennen und meine bloße Anwesenheit garnicht vor Ort. Ich wurde völlig ausgeblendet, als wäre ich ein Regal mit Pokalen, an dem niemand sich den Inhalt einprägt und nur dran vorbei geht. Die Schüler laufen an mir vorbei, einige rempeln mich an und entschuldigen sich im Nachhinein nicht.
Das bin ich gewohnt.
Doch das war nicht immer so. Früher sahen sie zu mir auf, ich war beliebt. Überall lag ein "Jeongguk, hey." in der Luft. An jeder Ecke waren Mädchengruppen, welche kichernd zu mir sahen.
Ich war jemand, mit dem jeder befreundet sein wollte. Aber ich wollte diese trügerische unechte Beliebtheit nie.
Damals war ich präsent, bis ich mich dazu beschloss, unsichtbar zu werden.
Ich hatte mich geoutet. Stand zu mir. Zuerst nervten mich viele deswegen, aber nun ignorierten sie mich alle und ich konnte in Ruhe durch die Flure huschen, ohne bemerkt zu werden. Als wäre ich ein störender Geist.
Ich umklammere stark meinen schweren Rucksack, damit dieser bei diesem Trubel nicht verloren ging.
Die Schüler drängen sich weiter an mir vorbei, während ich nur Ausschau nach einer bestimmten Person halte.

Kim Taehyung.

Es ist nicht wie in einer dramatischen Serie, oder einer kitschigen Geschichte, in welcher der Junge in den Schulschwarm verliebt ist und diesen aus der Nähe beobachtet.
Denn das ist schon geschehen.
Taehyung ist der Schulschwarm, auch wenn alle wissen, dass er einen Freund hat, mit dem er mehr als glücklich ist. Die Beziehung ist traumhaft - vom Sehen her.

Denn ich bin nicht sein Freund. Ich bin nicht Park Jimin. Ich bin nicht der Junge an Kim Taehyungs Seite.
Jedoch ertappe ich mich jedes Mal selbst dabei, wie ich mich selbst anstelle von Jimin sehe, als unechte oder echte Erinnerung.
Aber das war mal.

Die Zeit, als Taehyung nur mich sah ist vorbei. Als ich in seinen Armen lag, mit ihm händchenhaltend durch die Gänge gehuscht bin.
Ich bin nicht mehr sein Freund.
Er hat mich leicht durch Park Jimin ersetzt, als wäre ich ein wertloser Gegenstand, welcher kaputt gegangen ist und umgetauscht werden musste.
So fühle ich mich auch. Ersetzt. Umgetauscht. Ungeliebt.
Taehyung hat mir all meinen Wert genommen, all meine Fröhlichkeit und Motivation. Auch wenn er mir dafür aufrichtige Liebe geschenkt hat.

Ich sehe, wie Taehyung zusammen mit Jimin aus dem Klassenraum tritt und für einige Sekunden sieht er mich auch an. Diese Sekunden, wo alles um mich herum verschwimmt und ich nur noch Taehyung wahrnehme. Ich sehe seine dunklen Augen, präge mir seine markanten Gesichtszüge ein und fasziniere mich an seiner Statur.
Ich starre ihn regelrecht verzweifelt an.
So wie jeden Tag.
Diese Prozedur wiederholt sich tagtäglich.
Die Schule endet. Ich warte auf Taehyung. Wir sehen uns kurz an.
Er geht an mir vorbei, mit Jimin an seiner Hand, zu seinem Spind.
Jeden Tag das Gleiche und wäre es nicht so, würde ich höchstwahrscheinlich durchdrehen.
Denn ich brauche diese Dosis an Taehyung.

Ich beobachte ihn weiter, wie er jetzt mit Jimin an seinem Spind steht und beide ihre Sachen hineintun.
Dabei ist es mir egal, ob mich jemand dabei erwischt.
Ich kann nicht anders.
Es ist nicht leicht, die Liebe seines Lebens so schnell zu vergessen, loszulassen. Ich bin mir sicher, Taehyung loszulassen wird weiterhin der schwierigste Versuch in meinen jungen Jahren werden.
Er war mein erster Freund. Meine erste Liebe. Meine Inspiration.
Ich werde wahrscheinlich niemals aufhören, diesen wunderschönen Jungen, anzuhimmeln.
Und ich werde niemals vergessen, dass alles meine Schuld war, warum er sich entschloss, mich links liegen zu lassen. Das war mein Verdienst und mit den Konsequenzen lebe ich jetzt noch. Ich fühle jeden Schmerz, wenn ich Jimin sehe, jede Eifersucht, jede Leere.

Ich liebe Taehyung.

Ich spüre ein Vibrieren in meiner Hosentasche, was ich leicht als mein Handy identifiziere.

Eine Nachricht.
Von Taehyung.

Schnell öffne ich die Nachricht und lese mir die acht Worte durch, ehe ich mein Handy wieder einstecke und mit bitteren Tränen das Schulgebäude verlasse. Ich spüre noch Taehyungs Blick auf mir, doch das ist mir egal. Soll er ruhig sehen, dass mich seine kalten Worte erneut zum Weinen bringen.

Jeongguk, hör auf mich zu beobachten, du Freak.

°🌹ꪆ

"Taehyung?", spricht mich mein Freund neben mir an, was mich dazu bringt, mein Handy wieder einzupacken und Jimin anzusehen.
"Hm?", frage ich ihn und tue so, als hätte ich gerade nicht die Liebe meines Lebens zum Weinen gebracht.
Was Jimin nicht wusste.
"Alles gut? Du wirkst abwesend, seit du auf dein Handy geschaut hast.", fragt mich Jimin, was mich leicht zum Schmunzeln bringt. Ich schenke ihm ein kurzes Lächeln, ehe ich ihn an mich ziehe und ihn einen Kuss gebe.
Ich liebe Jimin. Er ist der perfekte Freund. Er sorgt sich um mich, hilft mir, ist immer für mich da.
Mein Herz schlägt in seiner Nähe wie verrückt und ich fange wie von allein an zu lächeln, wenn ich ihn sehe.
Aber entgegen diesen wundervollen Gefühlen und jeglichen Gesten beiderseits, ist mir nicht bewusst, ob das alles echt ist, oder ich nur einer Wahnvorstellung entgegenwirke.
Wer sagt mir, dass ich Jimin auch wirklich liebe, so wie ich es ständig behaupte?

Bist du vielleicht doch nur eine Ablenkung?

"Liebst du mich, Taehyung?" Jimin schaut mich lächelnd an und verschränkt unsere Hände miteinander. Wie jedes Mal fragt mich Jimin diese vermeintlich einfache Frage, welche ich bei jedem Mal mit der selben Aussage beantworte. Nur, ob meine Worte auch so ernst gemeint sind, ist mir selbst nicht ganz so bewusst.
Denn manchmal frage ich mich, ob es ein Fehler war, mit Jimin zusammenzukommen. Denn auch wenn ich ihn liebe, oder es zumindest annehme, mein Herz begehrt nicht nur ihn. Ich weiß, dass ich etwas für Jimin empfinde, aber ob es Liebe ist?

Nichtsdestotrotz beantworte ich die wiederholende Frage wie immer, als wäre es eine Routine, um den Jungen neben mir, aufs Neuste glücklich zu machen.
Nie könnte ich es mir verzeihen, Jimin zu verletzen.

"Ich liebe dich.", spreche ich aus, sehe ihn jedoch nicht an. Meine Augen sind geschlossen und ruhen auf seiner Schulter.
"Ich liebe dich." wiederhole ich. Nur dieses Mal sehe ich nur Jeongguks Gesicht vor mir. Wie er lächelt und schüchtern nach meiner Hand greift.

Ich liebe dich, Jeon Jeongguk.

Ich muss mir jedes Mal selbst eingestehen, dass Jeongguk mir fehlt, dass ich es vermisse ihn in meinen Armen zu halten. Ich vermisse alles an ihm. Ich vermisse seine ruhige Stimme. Sein Lächeln, wenn er aussieht wie ein süßes Häschen. Ich vermisse seine Art und vorallem vermisse ich seine aufrichtige und echte Liebe.
Aber der Schmerz sitzt noch immer zu tief. Und ihm zu verzeihen, oder wieder in mein Leben zu lassen, dafür bin ich schlichtweg einfach noch nicht bereit.

Außerdem habe ich Jimin.

Ich verfestige den Griff an Jimins Hand und verlasse mit ihm zusammen das Schulgebäude.
Die Hoffnung noch jemanden bestimmten auf dem Schulhof anzutreffen, kann ich nicht mehr ausblenden.

Wieso bin ich so abhängig von dir, Jeon Jeongguk?

𝐁𝐓𝐒 𝐒𝐓𝐎𝐑𝐘 𝐁𝐎𝐎𝐊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt