31.8.2014

6 2 0
                                    

Um 18 Uhr werden wir abgeholt von einem noblen schwarzglänzenden Geländewagen. Ein Chauffeur im Anzug steigt aus und hält die Türen auf. Felix geht voran. Ich, Felix und Lia sitzen hinten und Tom vorne. Wir haben alle noch unsere normale Strassenkleidung an. Lia hat mir erklärt, dass unsere Sachen schon in Edinburgh seien. Also bin ich wie die anderen in Jeans und T-Shirt los. Wir fahren an und da ich am Fenster sitze starre ich hinaus und bewundere die Landschaft die mir bei der Herfahrt verborgen geblieben ist. Ich wünschte ich könnte das hier alles Linus zeigen. Er wäre bestimmt beeindruckt, obwohl er eher der typische Stadtmensch ist. Vielleicht sollte ich ihm einen Brief schreiben wenn wir wieder zurück sind...

Lia's Stimme holt mich aus meinen Gedanken. "Woran denkst du?", fragt sie mich mit schief gelegtem Kopf. Ich schüttele den Kopf. Ich registriere, dass Tom sich mit dem Fahrer unterhält und Felix auf sein Handy eintippt. Natürlich. Ob er wohl eine Freundin hat...? Bestimmt. So wie er aussieht... Lia hällt mir ihr Handy unter die Nase (wie kann es anderes sein: ein IPhone!) und zeigt mir verschiedene Schuhe. Bestimmt dreissig paar. Sie redet ununterbrochen auf mich ein doch ich verstehe nur die Hälfte. Ich soll mich für eins entscheiden, soviel bekomme ich mit, aber bei so viel Auswahl ist das richtig schwer. Felix neben ihr grinst nur ab und zu und lacht manchmal wenn ich die Augenbrauen bis zum Haaransatz hochziehe.

Schlussendlich kommen wir in Edinburgh an, ohne dass ich eine Wahl getroffen habe. Wir halten vor einem fünf-Sterne Hotel und die Tür wird uns geöffnet. In der eleganten Hotellobby läuft Lia zielstrebig auf den Lift zu und Felix, Tom und ich folgen ihr. Im ersten Stock ganz nach hinten. Vor Zimmer 143 bleibt sie stehen, zieht einen Schlüssel heraus und öffnet die Tür.

Der Raum ist wie erwartet riesig und teuer eingerichtet. Auch meine Eltern bevorzugen es Ferien in teuren Hotels zu machen aber in so einem Luxusschuppen war ich noch nie. Ich setze mich in einen Sessel und Tom bleibt neben mir stehen. Felix kuschelt sich auf die Couch und Lia verschwindet im Nebenzimmer und kommt gleich darauf mit einer Kleiderstange zurück an der Anzüge hängen. "Felix, du und Tom macht euch hier fertig und ich gehe mit Quinn ins andere Zimmer. Wir sehen uns in einer Stunde in der Lobby!", kommandiert sie und zieht mich in den Nebenraum. Ich werde vor einem Spiegel auf einen Stuhl gesetzt und Lia verschwindet wieder. Was sie wohl vor hat...? Als sie zurück kommt hat sie ein hellblaues und ein rotes Kleid dabei. Das hellblaue hält sie mir hin und verschwindet mit ihrem Kleid im Bad. Ich ziehe das Kleid an, schliesse vorsichtig den Reißverschluss und schaue dann in den Spiegel. Es ist schlicht und einfarbig hellblau, es geht etwas über die Knie, hat eine kleine Schleife am Rücken und es ist trägerlos. Noch wärend ich mich mustere geht die Tür zum Bad auf und Lia kommt heraus. Ihre blonden Haare sind um ihren Kopf gezopft. Das rote Kleid ist gleich lang wie meines hat aber Spagettiträger und keine Schleife am Rücken sondern eine Schwarze Rose vorne an der Taille. Noch bevor ich mich bedanken kann für dieses Kunstwerk von Kleid nimmt sie aus dem Schrank zwei Schuhkartons. Einen hält sie mir hin und lächelt verschwörerisch. Sie selbst zieht ein paar Römersandalen in schwarz heraus und zieht sie an. Ich finde in meinem Karton ein auch paar Römersandalen allerdings ohne Absatz und nicht in schwarz wie Lias sondern aus hellem Leder. Ich glaube ich habe noch nie solche schönen Schuhe gesehen. Begeistert schnalle ich sie an. Als ich aufschaue bemerke ich das Lia mich mustert. "Was machen wir bloss mit deinen Haaren?", fragt sie mehr sich selbst als mich. "Können wir sie bitte so lassen?", frage ich zurück. Sie überlegt kurz und nickt dann. Ich werde wieder auf den Stuhl gedrückt und Lia rückt mit Wimperntusche, Lippenstift und Lidschatten an. "Muss das sein?", frage ich missmutig. Sie antwortet ohne zu Zögern: "Ganz dezent, ja!" Ich schliesse die Augen während sie mich schminkt und versuche mir vorzustellen wie ich nachher aussehen werde. Was nicht annähernd funktioniert. Also stelle ich mir vor wie Felix und Tom schauen werden, wenn sie mich so Sehen. Unwillkürlich muss ich lächeln.

Fünf Minuten zu spät und eingehüllt in eine Wolke aus Haarspray und Parfüm betreten wir die Lobby. Felix checkt gerade sein iPhone und schaut erst auf als Tom ihm am Ärmel zupft. Er lächelt als er mich sieht. Toms Augen wandern von Lia zu mir und mustern mich von oben bis unten. Dann lächelt auch er. "So Jungs, darf ich fragen wer meine Begleitung ist heute Abend?", fragt Lia und sieht Felix auffordernd an. Er breitet die Arme aus und lacht:"Na ich, Schwesterherz!" Sie verdreht die Augen und zieht ihn am Ärmel nach draussen. Ich laufe auf Tom zu, bis ich direkt hinter ihm stehe. "Dann bist du heute wohl die Lady an meiner Seite!", meint er grinsend. Ich nicke und überlege kurz ob ich ihn schieben soll, lasse es dann doch sein und gehe auf den Ausgang zu. Er folgt mir. In der Einfahrt steht wieder der Geländewagen und Felix hält mir schon die Tür auf.

Wir halten fünfzehn Minuten nach Abfahrt vor einem Gebäude das wohl aus dem 19. Jh. stammen muss. Es liegt wirklich ein roter Teppich vor dem Eingang und ein Türsteher mustert jeden kritisch der hinein geht. Für uns kein Problem. Felix nennt seinen Namen und der Muskelprotz lächelt. Wir betreten das Gebäude und finden uns in einem riesigen Saal wieder. In den Ecken stehen Sofas, es gibt ein Buffet und jede menge Kellner laufen mit Tabletten voller Gläser herum. Felix nimmt drei herab und gibt davon eins mir und das andere Lia. Vom dritten nimmt er selbst einen Schluck und lacht übermütig: "Lasst die Party beginnen!" Das kann ja ein toller Abend werden.

Im Laufe des abends werde ich verschieden Leuten vorgestellt und merke kaum wie ich ein Glas nach dem anderen hinunter Kippe. Der Alkohol strömt durch mein Blut und lässt mich leicht werden. Meine Sorgen sind ganz weit weg und ich lache dauernd. Ich kann es kaum glauben, dass ich Spass auf dieser Party habe. Tom, Lia und Felix habe ich schon vor längerer Zeit aus den Augen verloren. Junge Männer aus wahrscheinlich besserem Hause unterhalten sich abwechselnd mit mir. Ich schwebe mit der Menge mit und trinke mal hier mal dort einen Schluck.

Viel zu spät merke ich, wie viel ich wirklich getrunken habe. Ich muss mich setzten. Mir ist ganz schwummrig. Ich platziere mich auf einem der roten Sofas und will gerade einen Kellner um ein Glas Wasser bitten, als Felix mit zwei Kristallgläsern auf mich zu kommt und mir eins hinhällt. "Na Prinzessin? Machst du schon schlapp?", fragt er übermütig und legt einen Arm um mich. Eine Alkoholfahne weht mir ins Gesicht. Er bedeutet mir das Glas, das er mitgebracht hat, auszutrinken und als ich beschliesse nur daran zu nippen, zwingt er mich das ganze Glas runter zu kippen. Keine gute Idee. Jetzt ist mein Verstand völlig vernebelt. Ich möchte aufstehen, schwanke und falle direkt in Toms Arme. Ich spüre seine warmen Hände um meiner Taille. "Felix? Wie viel hatte sie schon?", fragt er ihn besorgt und setzt mich wieder aufs Sofa, neben Felix. "Genug!", antwortet Lia für ihn, "wir sollten gehen, es ist schon nach Mitternacht!" Ich habe gar nicht bemerkt das sie gekommen ist. Sie steht noch ganz sicher auf ihren hohen Schuhen, während ich mich kaum im Sitzen gerade halten kann. Sie hilft mir hoch und ich erinnere mich nur noch daran wie ich in ein schwarzes Auto verfrachtet werde, danach verschwimmt alles. Eine safte Stimme flüstert mir ins Ohr als ich endlich einschlafe...

Ein ganz besonderes Jahr...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt