Kapitel 3

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Laila

„Laila? Dürfen wir zu dir kommen?" Lena's Stimme beruhigt mich gerade so sehr. Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und bitte sie in mein Zimmer, obwohl ich eigentlich nicht reden möchte. Beide setzen sich zu mir aufs Bett und haben ein Packet in den Händen, was mich ziemlich neugierig machte.

„Alles gut Mausi?" Ich nicke nur, da ich nicht möchte, dass Lena sich Sorgen um mich macht. Sie ist ja nicht meine Mama sondern nur die Freundin von Papa. „Wenn was ist, musst du nur mit uns reden. Aber wir müssen jetzt erstmal mit dir reden." Gespannt höre ich zu, auch wenn ich schon eine Vermutung habe, worüber sie mit mir reden wollen.

Mein Gefühl enttäuscht mich nicht, sie wollen über Papas Tour reden, sodass ich in dieser Zeit alleine sein sollte, na ja bei Oma und Natalie wohnen sollte. „Wir werden auch jeden Tag telefonieren, das verspreche ich dir." Aber ich mag Papa nicht gehen lassen, er wäre so lange auf Tour. „Keine Sorge, ich gehe nach den Sommerferien erst auf Tour, nur Leni geht im Juni auf Tour und ich würde gerne mitkommen, aber nur für einen Teil."

Bitte was? Er möchte mich wegen Lena alleine hier in Berlin lassen? Wie stellt er sich das vor? Was wird dann aus mir, wenn ich dann bei Natalie oder Oma bleibe? Na ja, einen Vorteil gibt es da, sie würden sich richtig um mich kümmern und hätten auch richtig Zeit für mich. Papa hat ja viel zu tun, ihm bin ich ja fast egal. In diesem Moment fühle ich mich so einsam. Und nächste Woche gehe ich schon auf Klassenfahrt, ganz schrecklich.

„Aber Mausi, du darfst, wenn du möchtest, auch auf ein paar Konzerte gehen." Kleiner Trost, wenigstens etwas.
Da überreichen sie mir dieses Packet. „Das gehört jetzt Dir, ist von mir," sagt Lena mit etwas beruhigendem in der Stimme und nimmt mich sofort in den Arm. Sofort bedanke ich mich und meine Tränen kann ich nun nicht mehr zurückhalten.

„Laila, was ist denn los? Magst du drüber reden?" Ich schüttel den Kopf, wische mir die Tränen aus dem Gesicht und lenke vom Thema ab. „Papa, in den Sommerferien, da, da habe ich frei. Jedes Jahr habe ich immer etwas mit Mama gemacht, fahren wir da bitte auch weg oder hast du da keine Zeit?"

Papa zieht mich auf seinen Schoß und nimmt mich in den Arm. „Für dich habe ich doch Zeit, wir werden wegfahren und du darfst sogar aussuchen, wohin wir fahren." Dies bringt mich wieder auf andere Gedanken und ich bin nicht mehr so traurig. „Dürfen Natalie und Max mitkommen und Lena du auch?" Lena und Papa nicken, also greife ich schnell nach meinem Handy und rufe Natalie an.

Sie meint, sie wäre dabei, Max auch, sie müssten nur wissen, wann wir gehen würden. „Papa, wir fliegen nach Spanien, da möchte ich hin. Liliana war letztes Jahr auf Teneriffa, da will ich hin." Für einen Moment denke ich, wir würden jetzt über Ferien reden, aber nein, so ist es nicht. Ich soll dieses Packet öffnen.

Es ist eine Fanbox von Lena, ich dachte aber, die wäre schon weg und es gäbe keine mehr. „Ich habe jetzt einfach mir irgendeine ausgesucht. Wir wollten es dir schon früher geben, aber na ja, haben's immer wieder vergessen." Ich öffne schnell die Box und schaue mir alles an, den Pulli allerdings zuletzt. „Danke!" rufe ich vor Freude und strahle richtig, wobei ich eigentlich nur so tue, mir geht es noch immer nicht so gut, aber das soll ja niemand wissen.

„Gerne doch, schau mal nach, welche Nummer dein Pulli hat, ich weiß es nämlich selbst nicht." Also schaue ich ihn mir an, ich habe die Nummer 240. Wunderschöne Zahl wie ich finde, ich freue mich auch, aber gleichzeitig fühle ich mich so traurig, einsam und irgendwie so leer.

Auch wenn ich sie nicht wirklich loswerden möchte, möchte ich alleine sein. „Papa, Lena, könnt ihr mich bitte alleine lassen? Keine Sorge, ich liebe das Geschenk, den Pulli möchte ich auch nie wieder ausziehen. Mag aber alleine sein," sage ich schnell, ziehe mir den Pulli an und zeige zur Tür. Der Pulli ist so bequem und so wunderschön, auch die Nummer ist wunderschön.

„Freut mich, dass es dir so gefällt, aber sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist? Ist es wegen vorhin, beim einkaufen?" fragt Papa, doch ich schüttel nur den Kopf. „Alles gut Papa, aber ich möchte bitte alleine sein oder wisst ihr nicht, wo die Tür ist? Hab sie euch doch gezeigt." Beide stehen auf, sehen erst sich und dann mich verwirrt an.

„Laila? Was ist denn los?" möchte Papa wissen, ich allerdings blocke ab und schicke sie wieder raus. „Nichts, da ist die Tür, falls ihr blind sein solltet!" Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, gehen beide nach draußen und ich habe nun endlich meine Ruhe.

Ich habe meine Ruhe und genug Zeit zum weinen, doch vorher ziehe ich mir meinen Pulli aus, sodass er nicht schmutzig wird. So ein tolles Geschenk soll schließlich nicht sofort in der Waschmaschine landen, auch wenn ich weiß, dass man sowas vorher waschen sollte.

Kiwi versucht mich etwas abzulenken und versucht von mir Aufmerksamkeit zu bekommen. Kann eigentlich nicht jeder so wie Kiwi sein? So würde mich niemand nerven, niemand mehr ein Wort sagen und mich nicht ausquetschen. Wirklich jeder sollte wie Kiwi sein, einfach kuscheln ohne nervige Fragen zu stellen und zu reden. Einfach mal die Ruhe genießen, das ist das, was ich gerade möchte. Nichts tun, einfach nur in meinem Bett liegen mit Kiwi, entspannen und weinen. Mehr wollte ich gar nicht.

Doch ich habe mir vorgenommen, später mit Papa zu reden, über meine Klassenfahrt. Angst davor habe ich keine, aber ich habe seit vorhin so ein komisches Gefühl in mir, so, als würde etwas passieren.

Mark

„Nichts, da vorne ist die Tür, falls ihr blind sein solltet!" Irgendetwas stimmt mit ihr nicht, doch Lena und ich verlassen ihr Zimmer, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

„Sag mal Lena, findest du Laila nicht auch irgendwie seltsam?" Da stimmt sie mir zu und macht sich auch wahnsinnige Sorgen um sie, genau wie ich. Vielleicht ist es doch wegen dem einkaufen, aber sonst lernt sie das nicht. So viele Süßigkeiten sind nicht so gut für sie und sie weiß doch gar nicht, wie viel sie überhaupt Essen darf. Sonst bekommt sie noch Bauchschmerzen, aber das hat sie ja schon mal erlebt.

„Lass sie erstmal in Ruhe, später kommt sie bestimmt um mit dir zu reden. Aber sie hat sich schon sehr über das Geschenk gefreut oder nicht?" Mit ihrem süßen Blick schaut sie zu mir. Ich kann nicht anders, als sie zu küssen. „Sie hat sich sehr gefreut, hatte aber auch gleichzeitig etwas trauriges an sich. Jetzt nicht wegen dem Geschenk, sondern weil es ihr gerade nicht gut geht."

Mir ist vorhin nicht entgangen, dass sie geweint hat. Dies konnte man deutlich erkennen, jedoch wollte ich sie nicht ausquetschen oder sonst was. Auf keinen Fall werde ich sie zum Reden zwingen. Wenn sie nicht reden möchte, dann ist das so. Nur wenn es ihr sichtbar schlechter geht, muss ich etwas unternehmen.

„Schatz? Wäre wirklich schön, wenn wir in den Sommerferien in Urlaub fliegen würden. Meinst du nicht?" Gemeinsam legen wir uns auf die Couch. Meinen Arm lege ich um sie und sie kuschelt sich an mich. „Klar, erstmal fährt die kleine Maus nächste Woche auf Klassenfahrt. Ich möchte mein Baby doch nicht alleine wegfahren lassen."

Es ist schwer, Laila alleine auf Klassenfahrt zu schicken, aber es muss sein. Mal etwas Neues, wenn sie mit ihrer Klasse unterwegs ist, wird ihr das sicher gut tun.

„Wenn sie wieder da ist, dann reden wir über den Urlaub." Kuschelnd liegen wir eine Zeit lang auf der Couch, bis am Abend Laila zu uns nach unten kommt. Leni schläft gerade und ich muss vorsichtig über sie drüber klettern.

Schnell gehe ich zu Laila und nehme sie in den Arm. In ihrem Gesicht kann man deutlich ihre Traurigkeit erkennen. „Mausi, was ist denn los mit dir?" Sie schüttelt nur den Kopf, möchte auf meinen Arm und mich gar nicht mehr loslassen.

„So schlimm?" frage ich vorsichtig und schaue ihr dabei in die Augen. „Alles gut Papi. Mir gehts gut. Hilfst du mir am Sonntag meinen Koffer zupacken? Kann das nicht alleine." „Natürlich helfe ich dir. Möchtest du jetzt was essen?" Sie nickt und zusammen gehen wir in die Küche um etwas zu essen.

Ich versuche nochmal, etwas aus ihr zu quetschen. „Warum magst du denn nicht reden Maus?" „Worüber denn? Ist doch alles gut. Man Papa, mir gehts doch gut. Siehst du das denn nicht?" Auch wenn sie mir sagen möchte, dass es ihr gut geht, sieht man deutlich, dass es nicht der Fall ist. Ihre Augen sind total rot, vermutlich vom Weinen. Außerdem sieht sie sehr müde und total fertig aus.

„Ich werde schon reden, wenn ich das möchte einverstanden? Mach dir keine Sorgen Papi, mir gehts gut. War nur viel in der Schule heute." Na, dann würde ich es diesmal glauben.

Die Zeit danach (Lenark)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt