Kapitel 8

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Gefühlt tausend Gedanken schwirren in meinem Kopf, bringen mich zum verzweifeln, bereiten mir Kopfschmerzen und bringen mich weiter zum Weinen. Diese Fragen, warum sie so sind, wieso sie das machen und warum sie kein Gehirn besitzen, machen mich fertig. Peter und Oliver sind Liliana wichtiger als ich, das muss ich wohl akzeptieren, auch wenn es ziemlich schmerzt. Vielleicht liegt das nur daran, dass sie sehr gute Freunde für mich sind und nicht beste Freunde. Vielleicht behandeln die mich deswegen so und möchten nur hören, dass sie meine besten Freunde sind. Für mich ist das aber dasselbe, nur eine andere Bezeichnung, weil ich nicht jemanden ‚Beste Freundin' nennen kann, wegen meiner Vergangenheit mit Julia und Sofia.

Ich möchte einfach nur nach Hause, zu Papa, Lena und Kiwi. Kiwi versteht mich auch ohne Worte und ist meine allerbeste Freundin, die beste Freundin auf der ganzen Welt. Kiwi ist das einzige Lebewesen, welches ich beste Freundin nennen kann. Sie wird einen nicht verletzen, ist für mich da und versteht mich immer.

„Alles gut bei dir Laila?" fragt Kayla nach einiger Zeit. Da ich nicht reden möchte, die Kopfhörer in meinen Ohren habe, tue ich so, als hätte ich sie nicht gehört und antworte nicht darauf. Innerlich fühle ich mich allerdings schlecht, denn ich wollte meine Wut, auf Liliana und Elea, nicht bei den beiden auslassen. Sie waren ja da, fragen mich, wie es mir geht und machen sich sichtlich Sorgen um mich.

Aber gleichzeitig ist dieses komische Gefühl in mir, Misstrauen und Angst. Angst, wobei ich nicht weiß wieso.

Auch wenn es mir gerade nicht gut geht, versuche ich mich mit sinnlosen Spielen auf meinem Handy abzulenken, auch, wenn ich eigentlich doch weinen wollte. Ich spüre ein bisschen Befreiung in mir, ein positives aber auch trauriges Gefühl. Womöglich geht es mir dann besser, wenn ich aufgehört habe zu weinen.

Gerade klopft es an der Tür, ich erschrak, packe mein Handy schnell weg und setze mich etwas auf. „Mädels, alles gut bei euch?" fragt Frau Winter, die ihren Kopf halb in unser Zimmer streckt. Sofort fällt ihr Blick zu mir. „Laila, magst du reden?" fragt sie sanft und stellt sich zu mir ans Bett. Nun bekomme ich auch die Aufmerksamkeit von Kayla und Nadia, die zu mir blicken.

Stumm sitze ich auf dem Bett und blickte zu meiner Wunde um Knie, da ich einfach nicht reden kann. Ein Wort in diesem Moment aus meinem Mund, würde mich zum heulen bringen. „Magst du mal mit mir rüber gehen? Dann können wir mal reden, nur du und ich." Da nicke ich etwas und versuche langsam von meinem Bett zu kommen.

Dieser Schmerz ist heftig, es brennt und zieht, besonders dann, wenn ich mein Bein ausstrecke. Deshalb humpel ich etwas um nicht zu sehr diesen Schmerz zu spüren. Bevor ich das Zimmer verlasse, versuche ich Kayla und Nadia anzulächeln, aus dem Grund, dass sie sich nicht zu viele Sorgen um mich machen sollten.

„Tut das noch so sehr weh?" Ich schüttel den Kopf, bei Frau Winter kann ich ruhig ehrlich sein, sie ist ja meine Klassenlehrerin und weiß ziemlich viel darüber, wie es mir so geht und was ich alles durchgemacht habe. Bei ihr habe ich das Gefühl, dass sie mich wirklich versteht.

„Der Grund, weshalb ich mit dir reden wollte ist, dass ich erstens wissen wollte, wie es deiner Wunde gerade so geht und wie es dir so geht. Ich habe gesehen und sehe es jetzt noch, dass du sehr stark geweint hast. Ich bin mir sicher, dass es nicht nur wegen deiner Wunde ist. Weißt du, ich habe dich vorhin etwas beobachtet bei der Entspannungsübung. Da sahst du auch schon so traurig aus. Magst du vielleicht erzählen, was los ist?"

Ihre Stimme berührt mein Herz, hier fühle ich mich sicher und verstanden. Meine Klassenlehrerin macht sich mehr Sorgen um mich, als meine Freunde. Ist das nicht traurig?

Das ist nur meine Lehrerin, die mich nur im Unterricht sieht und jetzt hier bei dieser Klassenfahrt. Warum merkt sie, dass es mir schlecht geht, dass ich traurig bin und meine Freunde nicht? Meine Freunde, mit denen ich so viel Zeit verbringe. Freunde, bei denen ich dachte, ich würde ihnen etwas bedeuten, bei denen ich dachte, sie würden merken, wenn es mir schlecht geht.

Warum merkt jeder andere, dass es mir schlecht geht, nur meine Freunde nicht? Ich dachte, meine Freunde würden mich kennen, doch falsch. Ich dachte, ich würde denen etwas bedeuten, doch wieder falsch, wie es aussieht, sowie ich das aufnehme und so wie das rüberkommt.

Meine Freunde machen lieber etwas mit anderen, haben dort Spaß und vergessen einfach, dass ich auch noch da bin und auch Gefühle habe. Gefühle, die verletzt wurden, von meinen Freunden. Genau das tut richtig weh, es tut verdammt weh.

Vielleicht bringt es etwas, mit Frau Winter zu reden. Ich brauche einfach nur jemanden, der mich in diesem Moment versteht, der mich in den Arm nimmt und mir sagt, dass alles gut wird. Trotzdem habe ich Angst, Angst ihr alles zu erzählen, sodass ein großes Gespräch stattfindet.

„Es ist nur so, dass ich richtig Heimweh hab und nach Hause möchte. Mir gefällt es hier nicht, weil ich... ich fühle mich einfach nicht wohl hier. Mag aber nicht darüber reden. Ich möchte einfach nur nach Hause." Ohne auch nur zu zögern, nimmt sie mich in den Arm. Ich fühlte mich jetzt etwas besser.

„Es bringt jetzt nicht viel, wenn du jetzt nach Hause gehst. Es ist nicht mehr lange. Schau, morgen fahren wir auch zurück, dann bist du zuhause. Die Nacht ist sicher schnell vorbei und dann sind wir auch ganz schnell wieder zuhause. Morgen siehst du deinen Vater wieder, der sich sicher auch freut, dich wieder zusehen." Genau diese Worte habe ich gebraucht.

„Ich werde es überleben, meinem Knie geht es auch etwas besser." „Sag mal, vorhin habe ich die Handys von Liliana und Elea eingesammelt. Kann es sein, dass du auch dein Handy dabei hast? Vorhin hast du schnell etwas unter dein Kissen gelegt. Ich meine, ich würde dir das nicht wegnehmen, aber wenn's so schlimm ist, darfst du auch deinen Vater anrufen." Wow, das ist voll lieb, aber vielleicht bekomme ich Ärger von meinem Vater, und das möchte ich nicht.

Ich nicke und musste gähnen, so darf ich gehen und sie schickt sie mich ins Bett. Ich darf aber noch mit meinem Papa telefonieren und wenn die anderen was dagegen hätten, soll  ich sie zu Frau Winter schicken. Ich darf schließlich telefonieren.

Die Zeit danach (Lenark)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt