Kapitel 9

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„Laila, möchtest du uns sagen, was los ist?" fragt Kayla sofort, als ich das Zimmer betrete. Ich schüttel den Kopf und kletter wieder hoch auf mein Bett. Liliana und Elea sind noch immer bei Peter und Oliver, dabei wollten die doch gar nicht lange bleiben oder?

Auf meinem Bett, greife ich schnell nach meinem Handy und rufe Papa an. Doch Papa ging nicht ans Handy, sondern Lena. „Ist Papa da?" frage ich schnell und war den Tränen wieder sehr nahe.

Wie gern würde ich jetzt Papa alles erzählen, doch es geht nicht. Kayla und Nadia sind hier im Zimmer, die sollen nicht alles wissen. „Warte kurz Maus, ich hol deinen Papa schnell." Jetzt darf ich mir nichts anmerken lassen. Ich möchte ja nur kurz mit meinem Papi reden.

„Laila, alles gut bei dir?" Kein ‚Hallo Laila' sondern sofort diese Frage von ihm. Ich war leicht verwirrt und brauchte kurz um zu antworten. „Alles gut Papa. Ich wollte nur kurz mit dir reden." Ich muss kurz schlucken und tief ein und aus atmen, um meine Tränen zurückzuhalten. „Schatz, du weißt doch eigentlich, dass das Handy auf der Klassenfahrt verboten ist. Ich dachte, es wäre hier bei mir. Weißt du wie geschockt ich war, als Lena plötzlich meinte, du wärst am Handy?" Upsi, das war mir aber in diesem Moment egal, ich brauche ihn und Lena gerade und wäre am liebsten Zuhause auf der Couch mit beiden am kuscheln.

„Laila, darfst du überhaupt telefonieren?" fragt Kayla plötzlich. Um es kurz zu halten, meine ich zu ihr, dass Frau Winter mir das erlaubt hätte und wenn sie's mir nicht glaubt, soll sie zu ihr gehen.

„Tut mir leid Papi, aber es....es-" weiter kam ich nicht, ich wurde von Papa unterbrochen. „Laila, was ist denn los?" Soll ich ihm sagen, dass ich Heimweh hab? Dann machen sich die beiden anderen in meinem Zimmer bestimmt über mich lustig. „Papa, ich....ich...." „Laila, du was? Schatzi, ich mach mir gerade wirklich Sorgen um dich. Soll ich dich abholen kommen? Kein Problem für mich."

„Nein, das nicht. Ich komme doch morgen Mittag nach Hause. Darauf freue ich mich schon. Es ist nur, dass ich Lena und dich vermisse. Und Kiwi vermisse ich am meisten." Jetzt nur nicht weinen. War es gerade überhaupt richtig Lena anzusprechen? Ich war schließlich nicht alleine hier im Zimmer und die beiden unten wussten doch nicht von der Beziehung. Papa darf nicht merken, dass es mir so schlecht geht. „Ach, Kiwi magst du mehr als mich und deinen Papa?" kommt es plötzlich gespielt beleidigt von Lena, was mich doch kurz zum kichern bringt. „Kiwi ist meine beste Freundin, die mich immer versteht, besonders dann, wenn ihr mich nicht versteht. Also wenn ich mein Pony nicht bekomme, versteht mich Kiwi."

Daraufhin müssen beide laut lachen. „Schon verstanden mein Schatz, wenn du ein Pony möchtest, können wir schauen, dass du reiten..." „Nicht reiten gehen, das Pony möchte ich doch gar nicht mehr haben. Aber darf ich Klavierunterricht nehmen? Lässt sich das machen? Ich habe doch sonst keine Hobbys." Meine schlechte Laune verschwindet etwas, aber nur ein wenig. Klavierunterricht wollte ich wirklich nehmen, weil ich einfach besser spielen möchte, als jetzt.

„Wir reden morgen darüber. Und morgen sagst du mir bitte, was mit dir los ist." „Warum Papa? Woher weißt du..." weiter komme ich nicht. „Mein Schatz, ich bin dein Vater. Ich merke, dass es dir schlecht geht." Nach diesem Satz lege ich sofort auf. Es erinnert mich an meine Mama und an Mina. Beide haben immer gemerkt, wenn es mir nicht gut ging, wenn ich traurig war, auch wenn sie mich gerade nicht gesehen haben.

Vielleicht war es auch falsch, einfach aufzulegen, aber ich konnte nicht anders. Wieder fühlte ich mich so einsam. Ich bin alleine und muss bis morgen warten, bis Papa mich in den Arm nimmt.

Womöglich fühle ich mich besser, wenn ich die Kette von Mama hole, die ich von Papa habe. Normalerweise habe ich sie immer um meinen Hals, doch aus irgendeinem Grund habe ich sie abgenommen und sicher in meinem Rucksack verstaut, der unten neben meinem Koffer liegt.

So kletter ich von meinem Bett wieder nach unten und spüre wieder diesen Schmerz, dieses ziehen an meiner Wunde. Wieso musste ausgerechnet ich hinfallen? Was hab ich denn getan, weshalb ich jetzt so Schmerzen habe? Es hätte jedem passieren können? Trotzdem, wieso ich? Ich versteh das nicht.

Ich schnappe mir die Kette und kletter wieder die Leiter zu meinem Bett nach oben, während mir ein paar Tränen die Wange hinunterlaufen. Da Kayla und Nadia so in ihrem Gespräch vertieft sind, bemerkten sie mich nicht richtig und somit auch nicht, dass ich gerade weine.

Auf meinem Bett schaue ich mir diese Kette mit dem Herzanhänger von Mama an. War sie gerade in diesem Moment wirklich bei mir? Weiß sie, wie es mir geht? Warum musste sie so früh sterben? Am liebsten hätte ich sie bei mir. Meine Mama war ganz besonders. Ich denke mal, für jeden ist seine Mama etwas ganz besonderes. So war und ist meine Mama alles für mich und ich vermisse sie total. Ich brauche sie einfach, doch sie wird nie wieder kommen.

Sie wird nur für immer in meinem Herzen sein und mich dort bestimmt beschützen. Und so wie mein Papa meint, ist sie bestimmt einer dieser Sterne am Himmel, die heute nicht mehr so sichtbar sind. Wenn es doch nicht so bewölkt wäre, würde ich jetzt am Fenster sitzen, nach draußen schauen und meine Mama dort suchen. Und wenn ich alleine wäre, dann würde ich sogar mit ihr sprechen.

Wenn ich doch nur die Zeit zurück drehen könnte, würde ich es verhindern, dass sie weggefahren sind. Wären sie nicht gefahren, dann wären alle drei noch am Leben. Vielleicht würde Papa dann Mama wieder lieben und nicht Lena. Lena ist toll, aber ich hätte gerne Mama und Papa zusammen. Erst hatte ich Mama und jetzt Papa. Und wenn wir alle tot sind, hab ich Mama und Papa wieder zusammen. Das ist traurig.

Die Zeit danach (Lenark)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt