Teil 1 - Schokomüsli und Apfelpredigt

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Es ist interessant wie man manchmal Menschen beobachten kann, sie aber nicht wissen das ihnen jemand zuschaut. Ich liebte es, Menschen zu beobachten.

Gerade deswegen liebte ich auch meinen Sitzplatz in dem Erker in meinem Zimmer. Er war mein Lieblingsplatz. Voll mit Kissen und Decken um es so bequem wie möglich zu haben. Und vor allem, ein Platz an dem ich abschalten konnte.

Ganz leise prasselte der Regen gegen die Fenster die mich teilweise umgaben. Das Geräusch von prasselndem Regen hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung.

Ich kuschelte mich noch weiter in meine Decke und schloss die Augen. Zumindest die 5 Sekunden, bevor Mom durchs ganze Haus rief.

"Melissaaa".

"WAS?" brüllte ich genervt zurück. In meinem Zimmer fehlten echt nur noch schalldichte Wände und Türen, dann hätte ich mal komplett meine Ruhe. Aber man kann ja nicht alles haben.

"Räumst du bitte die Spülmaschine aus? und deine Jacke hängt immer noch nicht an der Gardarobe."

Ich verdrehte die Augen und stand auf. Besser ich erledigte es gleich, bevor ich es noch länger im Kopf hatte und Mom sich alle zwei Minuten heiser brüllte.

Ich schnappte mir meine Hausschuhe und lief über den knarzenden Holzboden aus meinem Zimmer. Ich rutschte das Geländer hinunter und lief weiter in die Küche um meine Mom telefonierend von der Spülmaschine wegzuschieben.

So leise wie möglich räumte ich Teller, Gläser und Besteck aus und in die Schränke ein, schnappte mir anschließend meine Jacke und hing sie an der Gardarobe auf um endlich wieder mit einem Glas Cola nach oben in mein Zimmer zu verschwinden.

Jetzt setzte ich mich allerdings nicht in meinen Erker sondern an den Schreibtisch um zu zeichnen. Aber keine 10 Minuten später kam schon wieder die laute Stimme meiner Mom von unten.

"Melissa, hast du an die Wäsche gedacht?"

Was für Wäsche?

"Noah ist dran mit der Wäsche."

"Noah muss lernen, also machst du das Bitte."

Das war in letzter Zeit immer Noahs Ausrede, dabei waren seine Prüfungen erst in 5 Monaten und er saß lieber hinter dem Computer als zu lernen. Aber irgendwie hatte er Mom um den Finger gewickelt.

"Ist gut." brüllte ich zurück, das 'Sklaventreiberin'murmelte ich nur genervt vor mich hin um wieder das Treppengeländer hinunterzurutschen.

Ich warf Mom einen genervten Seitenblick zu, die mit verschränkten Armen im Flur stand. Wenn ich Noah nicht so lieb hätte, hätte ich ihn schon längst mit seiner Zockerei auffliegen lassen.

Ich lief weiter in den Keller um die gewaschene Wäsche aus der Waschmaschine zu nehmen, aufzuhängen und neue Wäsche in die Waschmaschine zu stopfen.

Als ich damit fertig war schlich ich mich wieder nach oben, hielt aber an meiner Zimmertüre inne und lief dann weiter zu Noahs Zimmer. Ohne anzuklopfen riss ich die Tür auf. Noah lag auf seinem Bett und ließ vor Schreck sein Handy fallen.

Mit großen Augen schaute er mir zu, wie ich vor Lachen einen roten Kopf bekam. Aber ehe ich mich versah wurde ich von ihm aufs Bett gerissen und durchgekitzelt und ich war leider verdammt kitzelig.

Irgendwann bekam ich Schnappatmung und er ließ von mir ab.

"Was willst du, du Biest?" fragte er grinsend.

"Du schuldest mir was..." sagte ich und schloss gemütlich die Augen. Noahs Bett war einfach gemütlich.

"Wieso sollte ich dir was Schulden?"

"Ich habe jetzt schon zum 5. mal hintereinander die Wäsche gemacht, obwohl das deine Aufgabe wäre."

"Oh..."

"Ja Oh, also?!"

"Ich lad dich zum Essen morgen ein, okay?"

Ich öffnete ein Auge. Das klang nicht schlecht. Ich hatte schon seit Wochen Lust mal wieder zum McDonalds zu gehen, hatte aber nicht genügend Geld. Jaja, ich weiß, McDonalds ist sehr gesunde Ernährung.

"Ich darf entscheiden wohin und darf alles haben was ich möchte?"

"Ja von mir aus."

Damit war ich zufrieden. Also sprang ich grinsend auf, gab Noah einen Kuss auf die Wange und verließ federnd sein Zimmer um wieder mein Eigenes zu betreten.

Zufrieden legte ich mich auf mein Bett und zog mein Handy hervor. Wenn es um sowas ging, wusste ich wie ich meinen Bruder um den Finger wickeln konnte. Ich öffnete Instagram und stöberte in meinem Newsfeed herum.

Trembley_the_Best alias Jack Trembley hatte etwas gepostet. Jack war so ziemlich der größte Vollidiot an unserer Schule. Er gab mit allem an, obwohl jeder wusste, dass er eigentlich aus keinen guten Verhältnissen stammte und die fetten Autos mit denen er sich fotografieren ließ garnicht seine waren sondern irgendwelche Fremden.

Aber jeder fürchtete ihn und seine "Kumpels". Sein Anhängsel erinnerte mich aber eher an vor Dummheit sabbernde Hyänen, wie in 'König der Löwen'.

Auch jetzt hatte er wieder ein Foto gepostet auf dem er vor einem Auto hockte, die Zigarette zwischen den Fingern und mit der Anderen ein halb nach unten hängendes Piece zeichen.

Die Kommentare las ich mir garnicht erst durch, sondern scrollte weiter. Ein paar Fotos mit Sprüchen, ein paar Fotos von Stars, nichts Besonderes, also legte ich mein Handy wieder weg und beschloss, mir zum Abendessen Müsli zu machen.

Ich schlich leise die Treppe nach unten, darauf bedacht die 5 Stufe von oben auszulassen, da sie ziemlich laut knarzte. Ich hatte keine Lust das Mom mich bemerkte. Ich hatte es bis in die Küche geschafft und schüttete mein Lieblingsschokomüsli in eine Schüssel und gab anschließend Milch drüber. Löffel rein, fertig. Jetzt nur noch leise wieder nach oben schleichen... und Mom stand im Türrahmen.

"Melissa, was hab ich dir über gesunde Ernährung gesagt? Du kannst doch kein Schokomüsli zum Abendessen essen."

Genervt rollte ich mit den Augen, nahm mir einen Apfel aus der Obstschale und biss hinein.

"Besser?" nuschelte ich.

Mom wollte gerade zu einer weiteren Predigt über gesunde Ernährung und das Sprechen mit vollem Mund ansetzen, aber ich war schon bei der Treppe angelangt und so schnell ich konnte oben in meinem Zimmer.

Mit einem seufzen ließ ich mich in meinem Erker nieder und nagte an dem Apfel herum. Ich hatte absolut keine Lust auf Apfel, aber solange ich Mom damit wenigstens für den Abend ruhig bekam, war er mir Recht. Als ich den Apfel endlich aufgegessen hatte, warf ich den Rest in den Müll und machte mich endlich über mein geliebtes Müsli her.

Draußen lief eine Frau mittleren Alters mit ihrem weißen Hund im strömenden Regen Gassi. Ich hatte garnicht mitbekommen, dass der Regen so stark geworden war. Der Hund pinkelte an eine Laterne, bevor die Frau ihn wegzog. Ja Lady, ich wäre bei dem Wetter auch nicht gerne da draußen.

Nach ungefähr zwei Stunden, die Müslischüssel stand inzwischen auf dem Schreibtisch, stand ich auf um mich bettfertig zu machen. Ich schlurfte ins Bad, wusch mein Gesicht, putzte mir die Zähne unter dem stetigen Klopfen von Noahs Faust auf der geschlossenen Tür und ging schließlich zurück in mein Zimmer um mich in meinen Schlafanzug zu werfen und anschließend ins Bett.

Obwohl an diesem Sonntag außer ein paar Hausarbeiten nicht sonderlich viel los war, war ich fix und fertig und schlief innerhalb weniger Minuten ein. Leider mit dem lästigen Hintergedanken dass am nächsten Tag Schule war... aber auch das Essen mit Noah.


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