13.09.1886
Sehr geehrter Professor, nein
Lieber James,ich hoffe, es ist okay, dass ich dich James nenne? Aber du nennst mich jetzt ja schon eine ganze Weile Sebastian, also...
Ich bin gestern aus dem Krankenhaus entlassen worden und da du die letzten beiden Tage nicht mehr da warst (ich vermute, du hattest viel zu tun?!), wollte ich es dir auf diesem Weg mitteilen.Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich dir überhaupt schreiben soll. Zuerst einmal möchte ich, dass du weißt, dass ich dir die Sache mit Joe verzeihe. Ich meine, eigentlich finde ich es nicht okay, dass du ihn getötet hast, aber ich denke, du hattest einen guten Grund. Ich rede mir ein, dass du ihn für mich getötet hast und das macht das Ganze irgendwie erträglicher. Nicht gut, aber halt okay, denke ich. Irgendwie gefällt mir die Geste ja auch.
Ich sollte wohl aufhören zu schreiben, ich bin lange nicht so wortgewandt wie du, aber ich will doch wenigstens versuchen meine Gedanken niederzuschreiben. Ich will ehrlich zu dir sein. Seit wir uns das erste Mal geküsst haben, denke ich nur selten an etwas anderes. Ich weiß, dass alles gegen uns spricht und ich weiß ja nicht mal, ob meine Gefühle wirklich richtig sind, aber ich weiß, dass ich am liebsten jede freie Minute bei dir verbringen würde.
Wie kann sich etwas, das so falsch ist, sich so richtig anfühlen?
Ich habe Angst. Du machst mir Angst und meine Gefühle dir gegenüber machen mir noch größere Angst.Manchmal glaube ich, dass wir eine riesige Dummheit gemacht haben und dass dieser Kuss nicht ungestraft bleiben wird. Ich habe Angst, dass man uns erwischt, aber mehr Angst habe ich gerade davor, dass du meine Gefühle nicht erwiderst, dass du mich vielleicht sogar abstoßend findest.
Ich weiß, dass du zurückgeküsst hast, auch wenn es mir scheint, ich hätte es mir nur eingebildet. Ich bin verwirrt und du bist sicher genervt von meinem albernen Geschreibsel. Es tut mir leid, dass ich nicht die richtigen Worte finde, um meine Gedanken auszudrücken.Es wäre wohl einfacher, wenn einer von uns eine Frau wäre. Wärest du eine, so hätte ich dir vermutlich schon lange einen Heiratsantrag gemacht, um dich an mich zu binden. Du hättest das sicher nicht für gutgeheißen, weil du mich an dich binden willst und nicht andersherum (drücke ich mich verständlich aus?). Ich hoffe darauf, dass es dasselbe wäre.
Ich schreibe wirr, verzeih mir. Du bist nur innerhalb des letzten Jahres zu einem so großen Teil meines Lebens geworden, dass ich nicht weiß, ob es für mich jemals ein Entkommen geben könnte. Nicht das ich das will. Ich mache meine Arbeit gerne, aber manchmal glaube ich, dass dein Netzwerk einen erst wieder ausspuckt, wenn man tot ist. Was wie gesagt okay ist, du darfst ja kein Risiko eingehen, was mir aber Angst macht, weil ich nicht weiß wie du zu mir stehst. Also ich weiß es schon, irgendwie...
Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass du mein Rettungsanker bist in dem Meer, welches sich Leben nennt und dass ich hoffe, dass du mich mit deiner Macht nicht nach unten ziehst.
Ich muss dich sehen. Aber erst einmal werde ich ans Meer fahren, der guten Luft wegen. Ich werde auf den Arzt hören (er meinte auch, dass du deine ausdrückliche Erlaubnis für diesen Kuraufenthalt gegeben hättest). Ich werde Zeit zum Nachdenken haben, auch wenn sich an meinen Gefühlen dir gegenüber nichts ändern wird.
Versprich mir, dass du hier bist und auf mich wartest, wenn ich in zehn Wochen wieder hier bin.
Ergebenst,
Sebastian
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Requiem
Fanfiction~A villain is just a victim whose story hasn't been told~ In Handlung und Briefen soll "Requiem" diese bislang unerzählte Geschichte des genialen Verbrecherkönigs James Moriarty und seines besten Scharfschützen Sebastian Moran aufdecken und dabei hi...