Völlig außer Atem kam ich außerhalb der Arena zum Stehen und brauchte einen Moment um durchzuatmen, bevor ich zu Heimdall in den Arenatunnel trat. Lächelnd begrüßte er mich und reichte mir noch meinen Umhang und mein Schwert. Der blaue Umhang war nicht ganz so hochwertig, lang und üppig wie die der Prinzen, geschweige denn der des Königs, nichts desto trotz verlieh er einem ein erhabenes Gefühl.
„Bist du soweit?" fragte Heimdall mich und ich nickte zustimmend. Er betätigte den Hebel, welcher das schmiedeeiserne Tor hochfahren ließ und ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich mit klopfendem Herzen hinaustrat.
Unter Applaus nahm ich meinen Platz vor der Tribüne, auf der der Allvater sich bereits mit Frigga und Thor eingefunden hatte, ein. Als ich zu ihnen hinaufsah zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Loki hätte eigentlich bei ihnen dort oben stehen sollen. Auch, wenn er mich in den vergangenen Jahren dabei nie eines Blickes gewürdigt hatte, tat es weh, seinen Platz leer zu sehen. Frigga lächelte mir aufmunternd zu und ich erwiderte ihr Lächeln schwach. Als ich meinen Blick zu Thor richtete, schenkte auch er mir ein Lachen und zwinkerte mir zu. „Alter Charmeur." dachte ich und konnte nicht anders, als mit ihm zu lachen. Da er in letzter Zeit sehr viel in Midgard unterwegs war, hatte ich ihn kaum noch zu Gesicht bekommen.
Die Trompeten erklangen und mit ihnen traten die neuen Rekruten in die Arena. Sie stellten sich in einer Reihe auf und augenblicklich verstummten die Gespräche der Bürger auf den Rängen. Ich hatte schon oft die neuen Rekruten in Empfang genommen und damit einhergehend Reden gehalten, doch ich war nach wie vor jedes Mal nervös.
„Allvater,
Königin Frigga,
Prinz Thor,
liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger,
heute ist ein besonderer Tag für Sie, die Rekruten aus der einundzwanzigsten Infanterie. Sie sind heute hier angetreten und werden geloben, für Recht und Freiheit einzutreten.
Es freut mich sehr, dass sie, liebe Bürger und Bürgerinnen an diesem feierlichen Gelöbnis teilhaben. Damit drücken sie ihre Hochachtung vor den jungen Menschen aus, die bereit sind, Verantwortung für Asgard zu übernehmen. Diese Wertschätzung und Anerkennung der Öffentlichkeit ist wichtig, denn sie gibt den Rekruten den Beistand, den sie für ihren anspruchsvollen Dienst brauchen werden.
Besonders erfreulich ist auch, dass Sie, liebe Eltern und Angehörige der neuen Soldaten, uns mit ihrer Anwesenheit beehren. Damit heben Sie die Bedeutung des heutigen Anlasses hervor und bringen Ihre Verbundenheit mit den Soldaten der Armee zum Ausdruck.
Die Armee schützt Asgard und seine Bürger. Sie dient dem Frieden aller neun Welten und der internationalen Sicherheit und hilft bei Katastrophen, rettet aus Notlagen.
Vor einem Jahr stand die Fluss-Region am Rande einer Katastrophe. Gemeinsam mit 10.000 Soldaten der Armee haben die Asen gegen das Hochwasser gekämpft. Mit vereinten Kräften haben Sie es geschafft, schlimmeres zu verhindern. Die gemeinsamen Bemühungen haben Soldaten und Bevölkerung einander nähergebracht. Mit Stolz sprachen die Bürger von „unseren Soldaten". Das hat die jungen Soldatinnen und Soldaten bestärkt und ihnen gezeigt, dass sie für sich den richtigen Weg eingeschlagen haben. Und die Bürger wissen: Die Armee ist da, wenn sie gebraucht wird.
Liebe Rekruten, Sie sind geboren und groß geworden in der längsten Friedensperiode, die Asgard in seiner jüngeren Geschichte erlebt hat. Sie haben aber auch erleben müssen, wie zerbrechlich der Frieden selbst heute noch ist.
Der Weg zu Wiederaufbau und Versöhnung ist lang und steinig. Aber es gibt keine Alternative, wenn alle neun Welten eine gute, friedliche Zukunft haben sollen.
Ich möchte den Soldaten für ihre Courage, die hohe Motivation, die Leistungsbereitschaft, aber auch für die Bereitschaft, Leib und Leben einzusetzen, ausdrücklich danken und ich schließe in diesen Dank alle Familienangehörigen mit ein. Lassen Sie mich an dieser Stelle jedoch klarstellen: An internationalen Einsätzen nehmen auch in Zukunft nur Soldaten teil, die sich freiwillig dazu bereit erklärt und die eine spezielle Ausbildung dafür absolviert haben. Das Hauptziel der Armee bleibt nach wie vor die Landes- und Bündnisverteidigung.
Wir alle tragen gemeinsam Verantwortung für den Frieden und die Freiheit Asgards. Rekruten - heute bekräftigen Sie mit Ihrem Gelöbnis öffentlich ihre Bereitschaft, Asgard treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des asischen Volkes tapfer zu verteidigen. Sie treten für Gerechtigkeit und Frieden ein. Soldat für den Frieden zu sein bedeutet für jeden von Ihnen eine große persönliche Herausforderung. Militärisches Können ist selbstverständliche Voraussetzung. Aber dies allein genügt nicht. Mut und Kameradschaft, Hilfsbereitschaft und Teamgeist gehören ebenso zum Soldat-Sein. ‚Soldat für den Frieden' kann nur sein, wer selbst Achtung und Respekt vor den Wesen verschiedener Völker und vor ihren Kulturen hat.
Rekruten – Sie dienen in der asischen Armee, in der Freiheit und Recht mit dem militärischen Auftrag im Einklang stehen. Dienen ist heute keine Selbstverständlichkeit. Es heißt, Unbequemlichkeiten, Risiken und Anstrengungen auf sich zu nehmen. Ich bin stolz darauf, dass Sie das tun. Sie tun es nicht nur für Asgard, Sie tun es für die Würde der neun Welten. Und das ist kein geringes Ziel. Es ist das edelste, was wir heute füreinander tun können: Tapfer für sich selbst sein und tapfer für die Rechte anderer. Sie sind Orientierung für jeden militärischen Einsatz - in der Landes- und Bündnisverteidigung - wie auch bei allen anderen Einsätzen zur Wahrung von Frieden und Freiheit.
Für diese Werte stehen unsere Soldaten ein. Und deshalb können sie sich auch darauf verlassen, dass die Gesellschaft, die denselben Werten verpflichtet ist, hinter ihnen steht. Freiheit kann nur bewahrt werden, wenn wir bereit sind, für sie Verantwortung zu übernehmen.
Darum danke ich Ihnen für Ihr ‚Ja' zum Dienst in der Armee. Sie zeigen, dass Sie Ihre Verantwortung für Asgard ernst nehmen. Ich wünsche Ihnen für Ihren Wehrdienst viel Soldatenglück und uns allen: Eine gute gemeinsame Zukunft in Frieden und Freiheit."
Tosender Applaus und Jubel kam von Seiten des Publikums. Ich trat einen Schritt zur Seite und gab so den Weg für den Allvater frei, welcher die neuen Rekruten nun segnen und ihnen ihr Gelöbnis abnehmen würde. Danach war die Zeremonie beendet und Familien und Freunde der Auszubildenden traten in die Arena, um ihnen zu gratulieren. Thor trat von der Tribüne hinunter zu mir und begrüßte mich mit einer Umarmung.
„Dass du dich auch mal wieder blicken lässt." scherzte ich und lächelte ihn an. „Deine Rede war wundervoll." Lobte er mich und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. „Danke."
„Möchtest du noch zum Essen bleiben?" fragte Thor und führte mich etwas von der Menge weg. „Ich bin mit Maman hier. Sie wird wohl gleich nach Hause wollen" antwortete ich wahrheitsgetreu und sah ihn entschuldigend an. „Sie ist natürlich auch herzlich willkommen. Ich glaube ich habe da einiges, was dich interessieren könnte." Meinte er und hielt ein Notizbuch in die Höhe. Darauf prangte in goldenen Lettern das Wort „Midgard".
„Nein! Du hast tatsächlich daran gedacht?" „Aber natürlich. Wie hätte ich nur deine Studien vergessen können?!" grinste Thor und ich fiel ihm dankbar um den Hals, was ihn zum Lachen brachte. Seit geraumer Zeit studierte ich die Kultur der Menschen. Ich wusste zwar nicht wieso, doch sie übte eine Faszination auf mich aus und da Thor oft in Midgard unterwegs war, hatte ich ihn gebeten, für mich Notizen anzufertigen.
„Danke. Du hast was gut bei mir." „Bleib einfach zum Essen." Lächelte er. „Wir haben schon so lange nicht mehr miteinander gesprochen. Wir haben dringend Nachholbedarf." „Sehr gerne. Ich suche nur schnell Maman und dann können wir los."
Mit federnden Schritten arbeitete ich mich durch die Menge, stets auf der Suche nach Mutter. Thors Überraschung hatte mir den Tag gerettet. Er konnte nur noch gut werden.
Inspiration für die Rede habe ich hierdurch erhalten: http://www.seidenthal.de/bundestag/reden/soldaten
DU LIEST GERADE
Cold as Ice?
FanfictionManchmal finden sich zwei Menschen, beide gebrochen und sie beginnen gemeinsam, etwas zu erschaffen, dass unzerstörbar ist. Kalt. Abweisend. Herzlos. Viele Asen würden Loki seit den Vorfällen in New York so beschreiben. Viele, aber nicht alle. Da is...