Kapitel 14 - Loki

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Dreiundvierzig...

Vierundvierzig...

Fünfundvierzig...

#klonk#

Mist. Und ich hatte schon beinahe fünfzig Wiederholungen erreicht. Ich hob den Becher, den ich eben immer wieder in die Luft geworfen und aufgefangen hatte, vom Boden auf. „Was für ein unsinniger Zeitvertreib." Ging es mir durch den Kopf, doch ändern konnte ich es nicht. Tag und Nacht zu lesen wurde auch irgendwann langweilig. Würde ich doch nur nicht die ganze Zeit in diesem Loch festsitzen. Wenn wenigstens die Zellengenossen in der Lage wären, eine anständige Konversation zu führen. Doch die Bildungsresistenz dieser Intelligenzallergiker löste sofort Kopfschmerzen aus und ödete einen sogleich zu Tode, sobald sie nur den Mund aufmachten. Gerade als ich den Becher erneut in die Luft werfen wollte, flackerte das Licht und erlosch kurz darauf ganz. Einzig die goldenen Ornamente an den Glasscheiben spendeten schwaches Licht. Ich trat näher an die Scheibe in der Hoffnung, feststellen zu können, was dort draußen vor sich ging, doch das Licht war zu schwach, als dass ich irgendetwas hätte erkennen können. Ich hörte Schlüssel in meiner Türe klackern und kurz darauf trat jemand in meine Zelle. Ich konnte nicht erkennen, wer es war, da die Person sich in einen Umhang gehüllt und sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. Eines war jedoch sicher – es war kein Wächter.

„Wer seid ihr und was wollt ihr hier?" ging ich den Eindringling schroff an, bereit, ihn mir gewaltsam vom Leib zu halten, wenn nötig.

„Schht! Ich bin's."

„Lavea?"

„Pssst! Mensch Loki. Schrei doch noch etwas lauter herum! Ich versuche dich hier in einer Nacht-und-Nebel-Aktion rauszuholen!" flüsterte sie und warf mir einen Rucksack zu.

„Was in aller Welt hast du vor?"

„Dich hier rausholen. Habe ich doch eben gesagt. Und jetzt komm! Das Licht wird nicht ewig ausbleiben." Noch immer etwas verdattert folgte ich Lavea hinaus auf den Gang. Was sie eben gesagt hatte, schien viel zu unwirklich, als dass es hätte wahr sein können.

„Du musst deine Gestalt ändern. Wir werden an einigen Kollegen vorbeikommen. Unsere Reise wird ein ziemlich schnelles Ende finden, wenn sie dich neben mir herlaufen sehen." War das wirklich ihr Ernst? Sie wollte mich tatsächlich hier herausbringen? Ihr Gesicht wurde ganz schwach von den übriggebliebenen Lichtstrahlen erfasst, doch ich konnte deutlich die Aufrichtigkeit in ihren Augen sehen. In diesem Moment flackerten längst verblasste Erinnerungen wieder auf. Wie wir als Kinder gemeinsam Asgard unsicher gemacht hatten, und ein Gefühl der Wärme überkam mich. Ich wollte ihr einfach glauben. Ich stellte den Rucksack auf den Boden und veränderte meine Gestalt zu einem Wolf.

„Loki...ist das dein Ernst?" Grinsend verwandelte ich mich wieder zurück und erntete einen spielerischen Schlag gegen den Bauch von Lavea. Wie hatte ich unsere gegenseitigen Neckereien vermisst. Schnell veränderte ich meine Gesichtszüge, sowie Haar- und Augenfarbe und schnappte mir den Rucksack. Mit zügigen Schritten gingen wir durch das Schloss, immer auf der Hut, dass uns dennoch niemand sah.

„Was genau hast du jetzt vor?" fragte ich Lavea als wir gerade in einen neuen Gang abbogen.

„Das wirst du schon noch früh genug erfahren."

„Du weißt schon, dass es hier zum Thronsaal geht, oder?"

„Ja und jetzt sei still. Du verrätst uns sonst noch." Nach einer kurzen Pause führ sie fort, nachdem sie sichergestellt hatte, dass uns niemand hören konnte. „Natürlich nehmen wir nicht den direkten Weg. Das wäre viel zu auffällig." Angespannt sah sie sich noch einmal um und zog dann an einer der Wandlampen. Die Steinwand teilte sich und gab die Sicht auf einen Geheimgang frei.

„Wieso habe ich nicht früher daran gedacht? Natürlich. Der gute alte Geheimgang. Sag, ist das nicht etwas zu klischeehaft?" neckte ich sie. Ohne mir zu antworten schob sie mich in den staubigen und von Spinnenweben durchzogenen Gang. Kurz nachdem sie ebenfalls hineingetreten war, schloss sich die Geheimtür und ließ uns im Dunkeln zurück. In meiner Handfläche entzündete ich eine kleine Flamme, die uns zumindest für den Moment etwas Licht spendete, bis Lavea eine Fackel an der Wand entdeckte.

„Du musst hier drinnen besonders achtgeben. Es sind überall tödliche Fallen aufgestellt." warnte ich Lavea.

„Ich weiß. Ich habe hier eine Karte." Entgegnete sie und hielt mir das Stück Pergament unter die Nase.

„Diese Karte ist lückenhaft. Es gibt sie dreimal und immer wieder sind andere Fallen eingezeichnet. Nur wer alle drei Karten besitzt kann vollkommen sicher durch diese Gänge wandeln." Wortlos drückte sie mir zwei weitere Karten in die Hand. Ich gab ein anerkennendes Nicken von mir. Offensichtlich hatte sie all das von langer Hand geplant und gründlichst recherchiert. Lavea hob einen Stock vom Boden auf und betätigte mit ihm eine lose aussehende Bodenplatte. In der nächsten Sekunde brachen Flammen aus winzigen Schlitzen in den Wänden hervor.

„Das Gute ist, dass jede Falle nur einmal betätigt werden kann. Komm lass uns weitergehen." Ich folgte ihr und so bahnten wir unseren Weg durch die unterirdischen Gänge des Schlosses.

Cold as Ice?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt