Kapitel 8 - Lavea

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Ich hörte Schritte auf der Holztreppe, doch ich fühlte mich nicht im Stande, den Kopf zu heben. Ich wusste, dass es Mutter war. Ich hatte es an der Art der Schritte erkannt. Sie sprach nichts, schlang einfach ihre Arme um mich und strich mir übers Haar und ich war ihr dankbar dafür. Ich hätte in diesem Moment nicht sprechen können. Nach einiger Zeit, in der wir einfach so dasaßen, spürte ich, wie sich die Enge in meiner Brust langsam löste und mein Atem regelmäßiger ging. Maman löste sich aus der Umarmung und nahm mein Gesicht in ihre Hände. „Komm, ich mach dir erst einmal einen Tee." Sie ging in die Küche, knipste das Licht an und holte zwei Tassen aus den Hängeschränken. Ich folgte ihr stumm und ließ mich auf einen der Stühle um den kleinen Tisch am Fenster fallen. Schweigend beobachtete ich die Schatten, die vor dem Fenster auf und ab tanzten, da irgendein Vogel vorbeiflog oder eine Katze umherstreunte. Mit den Gedanken war ich jedoch nach wie vor bei Loki. Erst, als Maman die Tasse direkt vor mir auf den Tisch stellte, kam ich so richtig zurück in die Gegenwart.

„Möchtest du mir erzählen was passiert ist?" fragte sie mich und nahm einen Schluck aus ihrer eigenen Tasse. „Es geht um Loki." Antwortete ich und wärmte meine kalten Hände an der Teetasse, während ich einen Schluck nahm. Ich ließ mir extra Zeit um meine Erklärung hinauszuzögern. Ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte.

„Der Allvater lässt nicht mit sich reden. Wir haben es alle versucht. Heimdall...ich...selbst Frigga kann ihn nicht erweichen. Dabei leidet Loki in seiner Zelle von Tag zu Tag mehr. Die Schatten in seinem Gesicht werden immer dunkler und ich befürchte..." Ich konnte den Satz nicht beenden. Ich wollte nicht. Die Worte kamen nicht über meine Lippen. Es fühlte sich an, als würden sie Wirklichkeit, sobald ich sie aussprach. Eine Enge legte sich wieder um meine Brust und nahm mir die Luft zum Atmen. Eine Träne schlich sich leise aus meinem Augenwinkel und rann meine Wange hinab. „Ich werde ihn verlieren, Maman. Für immer." flüsterte ich. Meine Stimme war brüchig und dünn und meine Hände begannen wieder zu zittern. Ich umschlang die Tasse fest, in der Hoffnung, das Zittern so unterdrücken zu können und nahm noch einen Schluck Tee in der Hoffnung, den Kloß in meinem Hals damit wegzubekommen.

„Du wirst ihn nicht verlieren, Liebes." Sagte meine Mutter und nahm meine Hand in ihre. Mit der anderen strich sie mir sanft über die Wange und ich schmiegte mich an sie. Wir hatten schon immer eine sehr enge Bindung zueinander und wussten genau, wie sich der andere gerade fühlte, auch ohne Worte.

„Solange er hier in Asgard ist, wird er allerdings nicht glücklich werden." fügte sie leise hinzu.

„Nur wird er nie von hier wegkommen, jetzt, da auch noch der Bifröst zerstört ist."

„Es gibt immer einen Ausweg. Manchmal ist er nur sehr gut getarnt." Antwortete Maman mit einem geheimnisvollen Lächeln. „Komm. Es ist schon spät. Du solltest versuchen etwas zu schlafen. Morgen früh erwarten dich deine Schützlinge in aller Frische." Ich nickte und wünschte Maman noch eine Gute Nacht, bevor ich die Treppe nach oben in mein Schlafzimmer ging. Die Kleider warf ich achtlos über den Stuhl neben meinem Bett. Im Bad wusch ich mir schnell mein Gesicht und putzte meine Zähne. Zu mehr war ich nicht in der Lage. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Meine Gedanken kreisten noch immer um das Gespräch mit Maman. ‚Es gibt immer einen Ausweg' Was meinte sie nur damit? Loki würde Asgard verlassen müssen, doch der Bifröst war zerstört. Ich hatte es vorhin erst mit eigenen Augen gesehen. Die ganze Nacht drehte ich mich von einer Seite auf die andere. Meine Gedanken ließen mich keine Ruhe finden. Um vier Uhr mitten in der Nacht traf es mich dann wie ein Blitz. ‚Es gibt noch andere Wege aus Asgard hinaus.' erinnerte ich mich an Heimdalls Worte. Ich musste nur herausfinden wie. Doch ich konnte Maman doch nicht einfach so hier zurücklassen. Sie brauchte mich. Schließlich war Papa durch seine Arbeit viel auf Reisen – er war Berater des Allvaters, der Grund, weshalb ich als Kind so viel Zeit im Palast verbracht hatte, und oft mit Außenpolitischen Aufgaben betraut - und außer Papa hatte Maman doch niemanden.

Cold as Ice?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt