2. Kapitel

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Die frühe Morgensonne brannte mir hell in den Augen. Ich blinzelte. Schwerfällig richtete ich mich auf. Doch irgendetwas war anders... Richtig! Arlettes morgendliches Abschlecken des Gesichts! Meine Augen zuckten umher. Meine Familie saß eng beieinander in der hintersten Ecke der Höhle. Nervös tuschelten sie. Ich stellte mich wieder schlafend; möglicherweise könnte ich sie ja belauschen... Jedoch schnappte ich nur Bruchteile wie „Gefahr" und „sie weg bringen" auf. Na ein Glück bin ich bei Wölfen aufgewachsen... Lautlos schlich ich mich an die Wölfe heran. „Wohin wollt ihr mich bringen?", fragte ich wie aus dem Nichts mit provokanten Unterton. Urplötzlich drehten sich alle zu mir um. „Weg bringen? Wen? Wohin?", stotterte Nahu. Ich setzte mein missbilligendstes Gesicht auf, unter dem mein Vater förmlich zusammen schrumpfte. „Was ist hier los?", wiederholte ich. „Wir jagen!", riefen Krabin und Arlette wie aus einem Munde. Ihre Pfoten flogen nur so über den sandigen Steinboden, so schnell waren sie weg. Paloma versuchte hektisch Blickkontakt zu mir zu meiden. Nahu blickte seine Gefährtin an und seufzte: „Wir müssen es ihr sagen...". Ich sah, wie Paloma kurz die Lefzen zurück zog und das Fell sträubte, sich aber gleich wieder entspannte. „Vermutlich hast du Recht", flüsterte sie. Mit der Schnauze deutete sie vor sich, was ich als Aufforderung mich zu setzten sah. „Gut", sagte sie mit fester Stimme und gesenktem Blick. Erwartungsvoll blickte ich sie an. „Also nun...", nahm meine Mutter den Faden auf. „Yara... Sie ist eure... Na ja, das heißt eigentlich nur Krabins und Arlettes... Sie ist ihre Urgroßmutter". Das glaub ich jetzt nicht! Wie konnte sie nur! Wenn diese Yara oder wie auch immer die Urgroßmutter von Krabin und Arlette ist, dann ist sie gleichzeitig auch meine! „Jedenfalls... Yara kommt nachher...", fuhr sie fort. Jetzt wurde ich richtig wütend! „Und wo liegt jetzt das Problem?!", schrie ich sie an. „Sie... Na ja... S-... Sie hasst Menschen...". Ich spürte dass mein Kopf rot wurde. „Steht ihr nicht zu mir?!", fragte ich herausfordernd. „Seid ihr nicht stolz auf mich?! Schämt ihr euch für mich?!" Paloma wollte protestieren: „Doch, natürlich! Wir lieben dich doch! Nur... Wenn du bleibst... Yara wird dich umbringen!". „Als ob mich eine kleine, gebrechliche, alte Wölfin töten könnte! „Oh doch! Du glaubst nicht wie viel Macht Yara hat! Sie ist eine Geisterbeschwörerin!"
Seit wann sind die Wölfe, bei denen ich lebe seit ich denken kann, gläubig?!
Jetzt reicht es! Ich sprang auf und rief: „Ihr könnt mich mal!", und rannte aus der Höhle.

Ylva die die Wölfe sahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt