Cʜᴀᴘᴛᴇʀ ᴛᴡᴏ

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Y a n a r a

Es war einmal ein verschlafenes Monster, dass schnarchend in seinem riesigen Bett lag. Niemand konnte es je wecken. Und niemand wollte es je wecken.
Außer der mutige und edle Ritter, der kein geringerer als mein Vater war.
Er begab sich auf eine Gefährlichkeitsstufe von über 10, als er sich diesen eigentlich wunderschönen Morgens dazu entschied, mir ein Glas Wasser ins Gesicht zu kippen. Kaltes Nass verteilte sich über mein Gesicht und mein Kissen saugte es sofort wie ein Schwamm auf.
Kreischend sprang das Monster auf und funkelte den Ritter erbost an.

Für diejenigen, die es immer noch nicht verstanden haben, ich war das Monster. Und ich übertrieb nicht, wenn ich sagte, ich bin ein Monster am Morgen. Ich war der Morgenmuffel schlechthin, einer von der schlimmsten Sorte.
So kann man sich gut vorstellen, dass es nichts schöneres für mich gibt, als richtig auszuschlafen. Dementsprechend waren Samstag und Sonntag meine liebsten Tage.

»Verdammt, Dad! Was sollte das?«, schrie ich aufgeregt. »Der Wecker hat bereits geklingelt«, antwortete er mir schmunzelnd, was mich nur noch rasender machte.
»Und da kannst du mich nicht einfach normal wecken?«-»Hat der Wecker schon versucht«, konterte er.
Ich entschied mich kurzerhand ihn zu ignorieren, also stand ich einfach auf und stolzierte an ihn vorbei in mein Bad, das ich zur Demonstration richtig laut zuschlug. In Wirklichkeit viel mir kein Konter auf seine Bemerkung ein. Und das ärgerte mich zutiefst, denn ich wusste, dass mir später einer einfallen würde der ihn komplett zerstören könnte. Aber dann wäre es zu spät.

Nach meinem erholsamen Morgenritual, lief ich die Treppe hinunter in die Küche, um mir ein Kaffee zu machen. Oder machen zu lassen. Ich kratzte zwar gerade an den neunzehn, aber richtig Kaffee zubereiten missfiel mir immer noch. Das wollte mir meine Mutter auch nicht zumuten. Die Kaffeemaschine war eben ihr Heiligtum. Deshalb stand sie auch schon in der Küche, als ich diese betrat und reichte mir das Lebenselixier in meiner Lieblingstasse, die die Aufschrift "I've just got to do this in my own" trug, ein sehr lehrreiches Zitat von niemand geringerem als Spiderman. Ich konnte einfach nicht anders, als mir diese Tasse unter den Nagel zu reißen, als ich sie im Laden sah. Dazu war ich ein kleiner Marvel Freak, was meine Liebe zur Tasse nur noch stärkte.

»Du musst das trinken«, riss mich meine Mutter mal wieder sehr schlau aus den Gedanken. Ich verdrehte lächelnd die Augen, denn anscheinend hatte ich die Tasse die ganze Zeit nur angestarrt. Ich nahm schließlich ein Schluck und fühlte, wie meine Gehirnzellen langsam aufwachten.
»Und freust du dich schon?«, quiekte Mum aufgeregt. Als ob dies ihr erster Tag an der Uni wäre. Dabei wars meiner.
»Ich hab keine großen Erwartungen. Ich erwarte auch nicht gleich hundert Freundschaften, schließlich bin ich dort, um zu lernen«, ließ ich sie wissen. Ich habe mich sofort nach meinem Abschluss an der Uni für Design und Architektur angemeldet, da ich schon immer Feuer und Flamme für diese Gebiete war. Meine Eltern unterstützten diese Entscheidung überglücklich, denn sie wussten nun, dass ich meinen Weg gehe.

Ich unterhielt mich noch etwas mir meiner Mutter und verabschiedete mich dann aufgeregt, als es endlich Zeit wurde zu gehen. So langsam wurde auch ich nervös. Schließlich werde ich auf komplett neue Leute treffen. Manche werden dich mögen, manche nicht. Ich redete mir ein, dass es quasi das selbe wie die Grundschule beziehungsweise Gymnasium sei, doch es half nicht viel. Ich war jetzt komplett auf mich allein gestellt. Alle meine Freunde verteilten sich nach dem Abschluss auf alle Kontinente und so blieb nur noch wenig Kontakt zu den Menschen, die ich mein halbes Leben lang kannte.

Ich zog gerade die Haustür hinter mir zu und holte tief Luft. Ich lief auf mein Baby zu, auf das ich sehr stolz bin. Ich hab den Honda CB125 zu meinem achtzehnten Geburtstag bekommen, da ich so lange dafür geheult habe. Wortwörtlich. Aber ich bereute diese Entscheidung bis jetzt nicht.
Dementsprechend habe ich eine enge Jeans und eine Lederjacke an, denn beim Fahren kann es ziemlich kalt werden.
Ich setzte mir den Helm auf, schulterte die Tasche und stieg auf mein Baby. Ich ließ den Motor ein paar mal aufheulen, ehe ich losfuhr und das Haus hinter mich ließ. Der Wind peitschte gegen die Windschutzscheibe und ich spürte deutlich wie meine offenen Haare verirrt im Wind wehten. Ich genoss für eine Weile das Gefühl der Freiheit und lenkte mich geschickt durch den morgendlichen Verkehr. Es war noch nicht so voll auf den Straßen, doch man sah öfter mal Leute, die mit ernster Miene und einem Kaffeebecher in der Hand, durch die Menge hetzten.

Just in diesem Moment erblickte ich die Universität. Es stellte sich als rosa gestrichenen Betonklotz heraus. Trotzdessen stieg meine Laune aus einem unerklärlichen Grund. Ich versuchte mir Selbstvertrauen zuzureden, als mir klar wurde, dass der erste Eindruck am wichtigsten ist.

Ich erreichte den Parkplatz und parkte geschmeidig zwischen einem Toyota und einem schwarzen Audi, das mich sehr beeindruckte. Der Lack war glänzend und generell sah es wie frisch gekauft aus. Dank der guten Beziehung zu meinem Vater, konnten wir uns öfter mal Autos anschauen. So hatte ich besonders für Audis was übrig.
Ich konnte gerade noch so widerstehen, über das Auto zu streichen, als ich ausstieg. Ich ließ es dennoch lieber sein. Wer weiß, wer diesen Schlitten besitzt.
Seufzend zog ich den Helm aus und sah mich auf dem Hof um.
Überall standen müde Studenten herum und versuchten gerade zu stehen, um sich nicht sofort auf den Asphalt zu schmeißen und einzuschlafen.
Grinsend beobachtete ich das Geschehen.

Hier gehörte ich definitiv hin.

𝔾𝕠𝕕'𝕤 ℙ𝕝𝕒𝕟Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt