Eine Welt voller Masken

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Hastig kramte ich. Wo war sie nur? Irgendwo musste sie ja sein! Dann hatte ich meine heutige Maske gefunden. Nach außen hin wirkte sie neutral. Aber innen war sie an vielen Stellen durchgeweicht und teilweise voller Blut oder Schimmel. Dennoch trug ich sie oft. Wie auch heute. Denn ich war auf dem Weg zu einer Freundin.
In der Bahn schaute ich mich um. Kaum jemand trug keine Maske. Nur selten wurden alle Gefühle und Gedanken offen gelegt. Verübeln konnte ich es aber niemandem. Ich war ja selber nicht anders. Alle Masken waren verschieden. Die einen grimmig, andere genervt, manche gestresst und viele neutral. Doch sie waren da und machten es einem unmöglich, den Gegenüber einzuschätzen.
Allerdings, wenn jemand etwas falsches sagte, fiel die Maske für einen kurzen Moment. Zu kurz, sodass es nur wenige mitbekamen.

Bei meiner Freundin legte ich eine Schicht der Maske ab. Es war mir leider noch unangenehm, ihr komplett ohne Maske gegenüberzutreten, trotz dessen, dass wir uns schon sehr lange kannten. Ich sah aber, dass auch sie ebenfalls eine Maske trug. Da kam mir plötzlich eine Idee, um unsere Masken zumindest teilweise abzulegen, ohne dass es unangenehm wurde. Sie war genial. Dennoch hatte ich meine Zweifel, weswegen ich ihr nichts davon erzählte. Vielleicht würde ich es in Zukunft mal wagen, ihr den Vorschlag zu machen, doch ich weiß es noch nicht genau.

Ähnlich war es bei meiner Familie. Auch wenn wir uns ein Leben lang kannten, vertrauten wir uns noch lange nicht genügend, um uns alles zu erzählen. Daher trug jeder von uns eine Maske, die das wahre ich verdeckte. Über die Masken kommunizierten wir nicht richtig, was ich schade fand. Denn so kam es immer wieder zu Missverständnissen. Mir wurde es schnell zu viel, weswegen ich schnell wieder nach Hause fuhr.

Zuhause angekommen legte ich alle meine Masken ab und ließ meinen Gefühlen freien Lauf. Ich weinte erstmal ausgiebig und schlug meine Fäuste aus Wut in die Kissen. Warum zeigt keiner sein wahres Gesicht vor anderen? Eigentlich kann es ja wohl nicht so schwer sein, oder?

Da nicht jeder Kommentare liest:
Diese Kurzgeschichte ist VOR Corona entstanden - jap, so eine Zeit gab es auch mal. Demnach ist mit Maske kein Mund-Nase-Schutz (oder Maulkorb, wie meine Oma zu sagen pflegt) gemeint, sondern eine Theatermaske, die die auch die Stirn, verbergen kann.

Kurz. Knackig. Ich. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt