Now she gets along with him

270 8 0
                                    

Der große Tag für Kim ist gekommen und sie sind bereits auf dem Festivalgelände angekommen. Der Tourbus parkt auf einem großen Schotterparkplatz, neben vielen anderen. Kim schaut aus dem Fenster und ist erstaunt und jetzt schon etwas nervös. Alle schnallen sich ab und verteilen sich im Bus, bis auf Richard. Der steigt aus und zündet sich erst einmal eine Zigarette an. Er lehnt sich neben den Ein- und Ausstieg des Busses. Kim gesellt sich zum ihm und setzt sich auf dem Tritt.
„Und nun? Liegt noch was an, außer der Auftritt?", möchte sie wissen, hat sie ja keine Ahnung wie ein Tag einer Band so aussieht. So grob hat er sie zwar schon aufgeklärt, möchte er sie ja nicht ins kalte Wasser schmeißen, doch jeder Tag ist anders gestaltet. Er dreht sich etwas in ihre Richtung, schaut zu ihr herunter und zieht an seiner Zigarette. Dabei kneift er leicht seine Augen zusammen, damit der aufsteigende Rauch nicht in seine Augen kommt.
„Ein Interview steht noch vor dem Auftritt an, aber vorher brauch ich was im Magen.", verrät er ihr. Der Bauch der jungen Frau rumort ein wenig, nachdem er das Essen anspricht. Als ob er sie darauf aufmerksam machen möchte, dass auch sie endlich mal was essen soll. Jedoch ist er Appetit, durch die Aufregung, etwas gehemmt. „Magst du mitkommen?", „Wohin? Zum Essen? Ja klar, so langsam brauch ich mal ein bisschen.", stimmt sie zu, muss sie sich was reinzwängen. Kann sie so ja nicht auf die Bühne. Der Leadgitarrist lacht daraufhin nur leicht und lässt seine Zigarette auf dem Boden vor sich fallen.
„Ja das sowieso. Da gehen wir gleich alle zusammen hin. Ich meinte eher ob du mit zum Interview kommen möchtest.", lächelt er sie an, während Kim perplex drein guckt. Sie soll mit?
„Ich hab sowas vorher noch nie gemacht, Reesh. Ich mach' mich bestimmt zum Clown.", lacht sie verschmitzt, doch er lässt nicht locker.
„Ach Quatsch. Ich bin mir sicher das du sowas kannst. Sei einfach du selbst.", gibt er ihr als Tipp.
„Das sagst du so einfach, wenn da vor die Leute mit Mikro und Kamera vor dir stehen.", lacht sie. Er geht auf sie zu und legt seine Hände in ihren Nacken, sodass seine Daumen auf ihre Wangen liegen.
„Ok, ich frage anders: würdest du es mal versuchen wollen, ein Interview zu führen?", formuliert er die Frage nochmal anders. Seine Freundin merkt, dass es ihm sehr wichtig zu sein scheint, sonst würde er nicht so versteift drauf sein. Ihr Blick in sein Gesicht lässt sie lächeln. Diese blauen Augen, die sie bittend angucken und gleichzeitig auf eine Antwort warten.
„Na gut, ich versuche es. Vielleicht ist es ja ganz cool.", antwortet sie, was ihn dann auch zum lächeln bringt. Er beugt sich zu ihr runter und gibt ihr einen innigen Kuss, der dann doch länger dauert, als vorher gedacht.
„Meene kleenen Täubchen, ick hoffe dit jeht nich' den janzen Tach so.", ertönt plötzlich der Berliner Akzent hinter Kim. Das Paar lässt langsam von einander und während Richard zu seinen Kumpel guckt, dreht Kim sich ebenso zu ihm und schaut hoch.
„Ihr dann aber nachher auch nicht.", zwinkert die schwarzhaarige ihm zu. Fancy hat sich für diesen Tag angemeldet, da sie noch Urlaub hat und die Gelegenheit nutzen möchte, auf das Festival zu kommen.
„Wir? Wir sind so unauffällich, uns merkt ihr jarnich.", grinst er in seiner Manier. Kim und Richard nicken das mal langsam und unglaubwürdig ab.
„Sag mal wo schläft Fancy eigentlich?", hakt Paul's Kumpel nach, wurde vorher nicht einmal drüber gesprochen.
„Ick dachte in der letzten freien Koje im Bus oder hast du wat anderes jedacht?", offenbart Paul selbstverständlich. Sein Bandkollege zuckt daraufhin mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Hätte ja sein können, dass ihr zwei im Hotel oder so übernachten wollt. Ich meine danach seht ihr euch eine Weile nicht, dachte dann gibts einen krönenden Abschluss.", neckt er und grinst dabei breit.
„Du dit könn' wa och in den Kojen.", ist sich Paul da ziemlich sicher. Kim schaut ihn mit bösen Blicken an.
„Boah wagt es euch zu vögeln, wenn ich pennen will!", droht sie ihm und bekommt als Antwort nur Gelächter der Männer.
„Jetz stell dich doch nich' so an. Bei euch werd' ick och nich' meckern, versprochen.", kann der Berliner das Thema gerade nicht ruhen lassen.
„Aber das ist meine Freundin. Ich muss nicht unbedingt wissen, wie die sich beim Sex anhört.", lacht nun auch die Frau mit. „Davon mal ab, wir werden garantiert kein Sex haben, wenn ihr mit im Bus seid und schlaft.", stellt sie anschließend noch klar. Richard schaut zu seiner Freundin und versteht grad ihre Aussage nicht.
„Werden wir nicht?", hakt er nach.
„Nein.", sagt sie leicht lachend.
„Also ich hab da kein Problem mit.", „Aber ich.", lacht sie weiter und guckt in die skeptische Mine ihres Freundes.
„Willst du mir jetzt sagen das wir kein Sex haben werden?", „Bist du wahnsinnig! Klar werden wir das, nur nicht wenn jemand im Bus ist.", klärt sie ihn auf, steht auf und flüstert ihm noch ins Ohr. „Es gibt bestimmt genug andere Orte.". Dann dreht sie sich wieder von ihm weg, erhascht sich dabei aber auch noch den Anblick seines breiten Grinsens. „Wollen wir dann Essen gehen?", lenkt sie gekonnt vom Thema ab, denn nun meldet sich auch der Drummer aus dem Bus.
„Yeah, finally! I thought you'll never asking.", setzt er sich sein Cap auf und quetscht sich schon fast an Paul vorbei, um aus dem Bus zu gelangen.
„Zeitlich passt das ganz gut. Danach könnten wir zum Interview.", schlägt Richard vor.
„Gute Idee. Ich hübsch mich etwas auf und du willst da in Jogginghose hin?", mustert sie ihn von oben nach unten.
„Natürlich nicht. Ich komme eben mit rein und zieh mich um.", äußert er sich gespielt empört.
„Dann ma' hopp hopp, dit Paulchen hat hunger.", verlässt nun auch er den Bus, stellt sich neben das Paar und klatscht auffordernd in die Hände. Die zwei gehen zurück in den Bus, direkt zu ihren Koffern. Kim schlüpft in eine Hotpant aus Jeansstoff und einen luftigen, schwarzen Oberteil, welches über ihre linke Schulter rutscht. Gegen die heutige, aggressive Sonne, setzt sie ihre Sonnenbrille aus. Richard tauscht nur seine Jogginghose, gegen eine schwarze ¾ Shorts. Als das Paar dann auch endlich fertig ist, geht es los zu mehreren Foodtrucks, wo nur Leute mit einem Backstagepass hin dürfen. Diese Pässe haben sie schon bei der Einfahrt des Parkplatzes bekommen. Mit diesen Kärtchen um den Hals, dürfen sie sich überall auf dem Gelände aufhalten. Auf dem Weg zu den Essständen, treffen die Jungs viele andere Bands. Somit bleiben sie regelmäßig stehen und die Smalltalks beginnen. Ein Fußmarsch von 15 Minuten dauert deshalb gleich mal doppelt so lang und nach dem typischen 'Wie geht's?' und 'Das mit Henry haben wir gehört.', lenkt sich das Thema immer auf die junge Frau. Höflich und etwas zurückhaltend, fügt sie sich dem Gespräch ein. Sie sind alle sehr nett zu ihr und wünschen ihr Glück und viel Spaß auf der Bühne. Sie bedankt sich bei jedem einzelnen und erreichen dann nach einer gefühlten Ewigkeit, die kleine Fressmeile. Die Fahrzeuge sind in einem Halbkreis aufgestellt und in der Mitte dieser sind Bänke und Tische aufgebaut, wo man sich zum essen hinsetzen kann. Natürlich könnten sie auch mit dem Essen wieder zum Bus gehen, doch ist die Band sich einig, vor Ort essen zu wollen. Pauls Kommentar dazu ist nur „Wenn ick jetz' noch zurück loofen muss, dann kann ick nich' jarantieren, dass ick nich' mit dem Essen in der Hand verhungern werd'." gewesen. Da das keiner der drei verantworten kann, bleiben sie lieber an Ort und Stelle. Alle verteilen sich und holen sich das, worauf sie Lust haben. Anschließend setzt die Gruppe zusammen an einem freien Platz. Auf ihr Auftritt wird gegen 18 Uhr sein. Das Dröhnen der Boxen hört man über das ganze Gelände.
„Na Kleene, schon nervös?", fragt Paul ihre Bassistin und piekst daraufhin ein Stück Fleisch auf.
„Es geht. Ich bin gerade eher völlig begeistert und hab so viele neue Leute und Bands kennengelernt, da ist die Nervosität irgendwie flöten gegangen.", lächelt sie überwältigt.
„Aber een Bierchen trinken wa vorher noch zusammen oder?", möchte er noch wissen und blickt etwas traurig, weil er denkt, dass sie es nicht mehr möchte.
„Sicher! Bis dahin brauche ich das auch wieder.", lacht sie. „Außerdem möchte Fancy bestimmt auch noch einen trinken. Und keine Sorge, Reesh, ich betrinke mich schon nicht vor dem Auftritt.", redet sie erst mit Paul, widmet sich dann Richard und legt, als beruhigende Geste, ihre rechte Hand auf seinen linken Unterarm. Er schaut sie nur verdutzt an.
„Ich hab doch gar nichts gesagt.", verteidigt er sich.
„Ich weiß, aber ich kenne dich und außerdem merke deine Anspannung gerade.", erklärt sie ihre vorherige Aussage und lächelt sanft dabei. Und ja, sie hat recht damit, denn gerade ist ihm dieser Gedanke durch den Kopf gegangen, soll doch alles gut laufen. Dennoch ärgert es ihn insgeheim dieses überhaupt zu denken.
„Ich vertraue dir. Davon mal ab, hab ich dir mein Versprechen gegeben.", äußert er nur und versucht dabei cool zu wirken, was sie etwas zum Kichern bringt.
„Das finde ich auch gut und ja, du hast es versprochen, aber ich kenne deinen Kontrollzwang und das meine ich jetzt nicht böse.", besänftigt sie ihn noch weiter, klaut dabei eine Gabel voll von dem Pulled Pork, welches er sich geholt hat. „Mmmmh, das ist echt gut.", kaut sie genüsslich. Will sie das Thema gar nicht weiter vertiefen. Er merkt diese Ablenkung sofort und geht, ungewöhnlich, nicht weiter drauf ein. Normalerweise würde er es jetzt weiter hinterfragen, doch irgendwas bremst ihn. Er möchte keine Diskussion vom Zaun brechen, nein. Kein Streit, wie vor ein paar Tagen, einfach nur froh sein, dass sie hier ist und sich ins kalte Wasser schmeißen ließ beziehungsweise lässt. Und wenn er mal genau darüber nachdenkt, ist Kim alt genug, um zu wissen wie wichtig das alles hier für die Männer ist. Sie würde ihn nicht enttäuschen. Das hat sie bis jetzt nie. Er schaut zu ihr und lächelt sie einfach nur zufrieden an, während sie einige Salatblätter aufspießt und sich mit Joe unterhält.

Alle sind gesättigt. Sogar Kim, die gedacht hat sie würde keinen Happen herunter bekommen, hat viel zu sich genommen. Somit ist eine ordentliche Grundlage für ein bis zwei Bierchen geschaffen.
„So, wir müssen dann mal. Das Interview steht an.", verlautet der Sänger und steht auf. Joe und Paul bleiben sitzen, nur Kim tut es ihm gleich. Der Berliner guckt verdutzt.
„Wie? Du auch?", fragt er. Die schwarzhaarige ist gerade dabei ihr Bein über die Bierbank zu schwingen, hält dann aber dabei inne.
„Ähm...ja...", sagt sie vorsichtig, hat sie just das Gefühl, das Richard den anderen Bandmitgliedern nichts über das Interview Bescheid gegeben hat. Doch dann nimmt sie sein Grinsen wahr.
„Find ick jut! Ja dann ma' viel Spaß.", wünscht er ihr und sie weiß wie es gemeint ist. Wirkt Paul nämlich gerade nicht so, als hätte er große Lust auf das Beantworten von Fragen. Im Kopf ist er wahrscheinlich eh bei Fancy, die er auch nicht warten lassen möchte, sobald sie vor Ort ist.
„Treffen wir uns nachher am Bus?", möchte Scholle noch wissen, bevor sie gehen.
„Yepp, that's a good idea.", stimmt Joe zu. Dann verabschieden sie sich und das Paar macht sich auf den Weg zum Pressebereich des Festivals.
„Wow, erster Tach auf'm Festival und die Kleene zieht dit volle Programm durch.", ist der Rhythmusgitarrist erstaunt, denn für jemanden der das alles zum ersten Mal macht und kaum was kennt, stellt sie sich allem.
„Yeah man. Kimmy is such a tough woman. It's amazing. Love it to have her in the Band.", stimmt der Drummer lobend zu.
In der Zwischenzeit läuft die andere Hälfte der Band weiter über das Gelände und während der Sänger seine Zigarette raucht, versucht Kim diese ganzen Eindrücke einzufangen und zu verarbeiten. Plötzlich bleibt er stehen und seine Freundin läuft ihn fast in den Rücken, kann aber gerade noch so bremsen. Da sie nämlich mehr in der Weltgeschichte rumgeschaut hat, ist sie etwas zurückgefallen.
„Bleib doch nicht einfach so stehen.", meckert sie etwas. Zeitgleich dreht er sich zu ihr um.
„Wir sind da.", gibt er plump Bescheid und Kims Puls steigt von einer Sekunde zur anderen.
„Oh.. ok...", sagt sie leise und atmet tief ein und wieder aus.
„Möchtest du das immer noch? Ich bin nicht sauer wenn nicht.", geht er auf Nummer sicher, möchte er sie nicht mehr zu irgendwas zwingen, was sie nicht will. Sie schweigt kurz und guckt auf einen großen, schwarzen Bus, in der das Interview wohl stattfinden wird. „Kimmy?", wartet er auf ihre Antwort. Dabei guckt er sie eindringlich an.
„Ja... ja, ich möchte das. Lass uns da rein.", nickt sie lächelnd und steckt ihn damit an.
„Alles klar.", freut er sich das sie kein Rückzieher gemacht hat und sich voll und ganz auf diesen Job einlässt. Er gibt ihr einen etwas längeren Kuss und warnt sie noch vor etwas vor. „Und bitte wunder dich nicht bei manchen Fragen, woher die das wissen. Das sind Journalisten. Die sind teilweise schlimmer als das FBI. Antworte normal darauf.", gibt er ihr diesen Tipp mit auf den Weg. Der Vergleich mit dem amerikanischen Geheimdienst bringt die junge Frau zu lachen.
Nachdem das geklärt ist, laufen sie auf das große Fahrzeug zu. An der Tür angekommen, klopft er an und als Reaktion darauf, kann man eine Art Poltern wahrnehmen. Dann öffnet sich die Tür und ein Mann, schätzungsweise Mitte dreißig, steht im Eingang. Er hat kurzes, dunkelbraunes Haar und trägt eine dieser typischen Nerdbrille, mit schwarzen Rahmen. Freundlich schaut er die Musiker an und reicht Richard die Hand.
„Hi, Richard Kruspe. Freut mich das Sie Zeit haben. Kommen Sie rein.", bittet er ihn mit einer einladenden Geste herein. Der Gitarrist folgt dieser und geht die Stufen hoch in den Bus. Vorstellen brauch er sich nicht bei ihm, kennt Richard ihn bereits von einem vorherigen Telefonat. Dann guckt der TV-Journalist, etwas verwundert, die Frau an die nun vor ihm steht. „Und Sie sind?", hinterfragt er, da sie auch so einen VIP-Ausweis um den Hals trägt. Seine Stimmlage ist dabei nicht böse, sondern eher freundliche neugierig. Sie bleibt ruhig und antwortet ihm, während sie ihm die Hand reicht.
„Kimberly McAllister.", stellt sie sich vor. Der Mann guckt nun erstaunt, kennt er diesen Namen bereits von dem Album.
„Ooooh freut mich Sie kennenzulernen, Frau McAllister. Ich bin Martin. Kommen Sie." ist er genauso einladend, wie zu ihrem Partner. „Vorab eine Frage: siezen oder duzen?", möchte er wissen, denn die zwei einfach zu duzen fände er respektlos.
„Duzen.", kommt von beiden wie aus der Pistole geschossen, sodass das Team und sie selber lachen müssen.
„Sehr schön. Bitte setzt euch. Bianka wird euch noch eben etwas pudern und dann kann es von mir aus auch schon losgehen.", erklärt der Fernsehjournalist die nächsten Schritte und die zwei folgen diesen. Sie setzen sich auf die gemütliche, große, rote Couch, welche im Mittelpunkt des Fahrzeuges steht. Etwas schräg gegenüber ist im selben Stil ein Sessel, welcher mindestens genauso gemütlich sein muss. Martin steht vorerst noch neben den Kameramann und werkelt mit ihm an der perfekten Bildeinstellung und Position herum. Anschließend setzt er sich auf den Einzelplatz und nimmt eine Art Notizblock aus einem schwarzen Businesskoffer, welcher sich rechts von seinem Platz befindet. Die Amerikanerin ist mit dem Make-up bereits durch und beobachtet den Interviewer bei seinem Tun. Für einen Augenblick entspannt sie, doch jetzt übernimmt die Nervosität wieder.
„Im übrigen darf hier drin auch geraucht werden, Richard.", erlaubt Martin Zigaretten in diesen geschlossenen Raum anzumachen, was der Raucher natürlich begrüßt. Nun ist auch Richard fertig und jetzt wird es ernst für die zwei. Ok, eher nur für Kim, ihr Freund scheint schon ein Profi zu sein. „Können wir starten?", fragt er, bevor er ein Zeichen an den Kameramann gibt. Das Paar nickt es ab und schon kann es losgehen. Der Moderator gibt das Ok weiter an den Mann hinter dem Aufnahmegerät und schon geht es los.
„Hallo liebe Leute! Willkommen zurück bei FestMag, euer Festival Magazin. Dieses Wochenende sind wir auf dem ‚Helene rockt am See'-Festival mit vielen fantastischen Bands aus dem Rock und Alternative Bereich. Unteranderem mit der Newcomer Band ‚Emigrate', die gerade bei mir zu Besuch sind. Richard Kruspe und Kimberly McAllister, schön das ihr kommen konntet.", fängt Martin die Einleitung an und sich zum Schluss an die Mitglieder der Band.
„Hallo. Sehr gerne.", antwortet Richard höflich und wartet auf weitere Fragen.
„Nun seid ihr zum ersten Mal auf diesem Festival, beziehungsweise überhaupt das erste mal auf Tour mit der Band und dem Debütalbum, welches auch den Bandnamen trägt. Wie ist der erste Eindruck der Location?", kommt er zur zweiten Frage und fängt so das Interview langsam und geschmeidig an.
„Das Gelände ist wirklich super und der angrenzende See ist perfekt für so einen warmen Tag. Viele befreundete Bands sind hier. Ja, ich denke hier wird es heute Abend noch lustig werden.", lacht der Gitarrist zum Schluss.
„Also wird es eine Aftershowparty geben?", hakt Martin nach.
„Ich gehe mal stark davon aus, ja. Offiziell hab ich noch nichts gehört.", offenbart er den Brillenträger.
„Um zum Album zu kommen: Das Debütalbum ist schon seit einigen Wochen auf dem Markt und hat sehr viel gute Rezensionen bekommen. Wie fühlt sich das an?", „Großartig! Einen besseren Start kann man sich als Newcomer kaum wünschen.", strahlt der Sänger bei der Antwort.
„Gerade weil die Produktion lange gedauert hat, so wie ich das gehört habe. Woran hat es gelegen?", hinterfragt er.
„Nun, einmal lag es daran das ich in der Zeit meinem Beruf parallel nachgegangen bin und auf der anderen Seite hab ich ziemlich hohe Ansprüche, was nochmal zusätzlich Zeit gefressen hat. Dann kommt noch dazu das unser Rhythmusgitarrist Paul bis vor kurzem nicht vor Ort wohnte und unser Drummer Joe erst aus Amerika kommen musste. Da zog sich die Produktion schon in die Länge.", erklärt er und macht sich dann eine Zigarette an.
„Mit einem tollen Ergebnis, wie ich finde. Doch warum hast du dich dazu entschieden Musiker zu nehmen, die weiter weg wohnen? Hätte es die Zeit nicht verkürzt, welche vor Ort zu nehmen?", möchte er wissen.
„Nun, weil sie sehr gut sind in dem was sie tun. Dazu kommt noch, dass sie nicht nur Bandkollegen sind, sonder auch sehr gute Freunde. Die wissen wie kompliziert ich manchmal bin und nehmen es oft nicht all zu ernst. Das ist ganz gut. Ich glaube nicht jeder würde damit klar kommen.", lacht Richard zum Ende hin, während Kim leicht nickend zustimmt.
„Allerdings gab es in den letzten Wochen nicht nur gute Nachrichten für die Band. Henry, euer Bassist, ist aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegen und das in der Tourpause. Was ist euch da durch den Kopf gegangen und wer vertritt ihn nun auf der Tour?", lenkt er das Thema nun auf die Krise der Band, die sie bereits meistern mussten. Kim ist verblüfft, wie up-to-date der Moderator ist und das ihr Freund recht hatte, was den Vergleich mit dem FBI angeht.
„Henry braucht aktuell eine dringend erforderliche Pause, die wir ihn nicht nur als Band, sondern gerade als Freunde gönnen, in der Hoffnung er kommt wieder schnell auf die Beine. Nichts desto trotz traf uns die Nachricht echt hart und wir brauchten ziemlich schnell eine Lösung. Wir telefonierten mit vielen bekannten und befreundeten Musikern, aber niemand war frei. Dann fragten wir Kim, die also unsere letzte Hoffnung war, und sie sagte, Gott sei Dank, zu.", fängt er an die Situation, zu der Zeit, zu erklären. Martin ergreift die Chance, um auch mal das Gespräch mit der Frau zu suchen, die rechts von ihm sitzt. Dementsprechend gehen die nächsten Fragen an sie persönlich.
„Wie ging es dir, als Richard dich gefragt hat, ob du nicht Bassistin in der Band werden möchtest?", schaut er sie direkt an, was Kim sichtlich nervös macht, doch versucht sie weiterhin seriös zu wirken.
„Zuerst hab ich gedacht, dass er Witze macht, doch als ich merkte das er es ernst meinte, war ich kurze Zeit etwas überfordert. Ja, es gab auch eine kleine Diskussion, doch letztendlich sagte ich zu.", offenbart sie ihm, mit erstaunlich ruhiger Stimme.
„Wie ging es dann weiter?", bohrt er nach.
„Naja... wir mussten erst einmal alles besorgen und dann ging es los mit lernen und proben. Ich habe zuvor keinen Bass gespielt.", sagt sie ehrlich und guckt in die geschockten Augen ihres Gegenübers.
„Du meinst du hast zuvor mit Bass spielen nichts am Hut gehabt?", „Richtig. Ich war Barkeeperin. Ich hab mal hier und da auf seiner Gitarre gespielt, aber so richtig professionell und in einer Band, nein, dass ist absolutes Neuland für mich.", verrät sie bei der Antwort ihren ehemaligen Job.
„Ok... wie waren dann die letzten Wochen für dich?", möchte der Interviewer nun wissen und beobachtet anschließend, wie Kimberly kurz zu Richard guckt und dann wieder zu ihm.
„Anstrengend.", lacht sie leicht auf, führt ihren Satz dann aber fort. „Ich habe viel geübt, gelernt und am Ende schmerzende Fingerkuppen gehabt. Doch ich möchte der Band auch helfen, weswegen ich es durchgezogen habe.", „Was sie wirklich beeindruckend gemeistert hat.", mischt sich kurz der Gitarrist mit ins Gespräch ein. Martin richtet sich etwas auf und schlägt sein rechtes Bein, über sein linkes, bevor er zur nächsten Frage übergeht.
„Ihr seid ja nun nicht nur Bandkollegen, sondern auch ein Paar.", „Richtig.", nickt er ab und ist gespannt auf was der Brillenträger hinaus will.
„Wie war diese Zeit? Gab es viel Streitereien zwischen euch?", geht er weiter auf ihr Privatleben ein. Während sich der Kopf der Band räuspert, legt die schwarzhaarige, völlig ungeniert, los zu antworten.
„Also wenn ich jetzt sagen würde, dass alles easy peasy gewesen ist, würde ich lügen. Es gab zum Schluss auch Streit, ja. Im Nachhinein muss man dabei auch bedenken, unter welchen enormen Druck wir alle standen und probten. Ich bin nun mal ein Neuling und musste viel tun, damit ich bühnentauglich bin.", lacht sie. Dann guckt sie zu ihren Freund, ist sie noch nicht fertig. „Doch ich kann jetzt auch nachvollziehen, warum er so streng und übereifrig gewesen ist. Ich meine wir spielen über tausenden von Leuten, da muss einfach alles sitzen. Er hat mich gut vorbereitet und ich freue mich auf später.", lobt sie Richard, der daraufhin lächeln muss.
„Und bist du sehr aufgeregt, beziehungsweise ist die Band aufgeregt?", hinterfragt der Mann mit den dunkelbraunen Haaren.
„Also gerade geht es noch, aber ich weiß das mich das Lampenfieber packt, bevor er losgeht.", erläutert Kim ehrlich und denkt über den Rest ihrer Musikkollegen nach. „Bei den anderen weiß ich nicht mal so genau. Paul ist es bestimmt nicht. Der ist auch ziemlich gut, was Ablenkung angeht.", „Paul tut immer nur so. Im tiefsten Inneren sind wir alle ziemlich nervös.", scherzt Richard und alle  lachen dabei kurz.
Martin geht im Anschluss nochmal auf ein Paar Lieder vom Album ein. Auch über ‚Blood' wird noch geredet und nach circa einer Stunde ist das Interview vorbei. Die drei stehen auf und reichen sich zum Abschied noch die Hände.
„Es hat mich sehr gefreut. Vielen Dank.", sagt der Moderator, als er sie aus dem Bus begleitet. „Ich wünsche euch nachher viel Spaß und Erfolg. Ich werde mir den Auftritt auf jeden Fall angucken.", gibt er den zwei noch motivierende Worte mit auf den Weg und man sieht ihm an, dass er sich auf den späteren Auftritt freut. Auch das Paar bedankt sich herzlich und macht sich dann wieder auf den Weg zum Bus. Ein paar Meter von dem Pressemobil entfernt, atmet Kim tief ein und wieder aus.
„Oh Gott, ich war so schlecht.", jammert sie und Scholle reagiert sofort.
„Was? Nein, du warst super.", lobt er sie.
„Aber ich habe etwas über privates gefaselt.", schnaubt sie. Er bleibt stehen, greift ihre Hand und stoppt sie somit.
„Hey, erstens hat er eine private Frage gestellt und zweitens bist du oberflächlich geblieben und das war gut so. Keiner würde einem Paar, welches zusammenarbeitet, abkaufen, dass dieses sich nie streitet. Du hast das souverän gelöst. Für das erste mal ist das wirklich sehr gut und jetzt lass uns zum Bus. In vier Stunden sind wir an der Reihe.", beruhigt er sie. Sie lächelt ihn warmherzig an und bekommt von ihm einen Kuss. Anschließend führen sie ihren Weg fort.
Paul und Joe habe bereits schon Stühle und ein Tisch neben dem Bus aufgebaut und genießen die Freizeit, an diesem warmen Tag. Doch bevor der Berliner fragen kann, wie es gelaufen ist, klingelt sein Handy. Es ist eine WhatsApp Nachricht, die ihn vom Stuhl hochspringen lässt.
„Fancy is' da! Ick hol' se ma' eben und danach?", berichtet er aufgeregt und wartet auf die Beendigung seines Satzes.
„Und danach trinken wir alle Bierchen.", tut Kimberly ihm den Gefallen. Er zwinkert ihr zu und begibt sich dann auf den Weg zum Einlass, um alles klären zu können.
Es dauert ein bisschen bis Paul mit Anhang wieder eintrudeln wird, so halten die drei übrigen Bandmitglieder ein Pläuschen.
„How was it?", möchte Joe wissen und schraubt dabei eine kleine Wasserflasche auf.
„Ich war ziemlich aufgeregt, aber es hat mir schon Spaß gemacht, muss ich ja mal zugeben.", berichtet sie zufrieden und immer noch aufgeregt zugleich.
„Honestly Kim you will kill me one day.", lacht der Amerikaner kopfschüttelnd.
„Why?", kichert Kim auf seine Aussage.
„You're so tough, Honey. First time on a festival, first time on stage and you like ‚Oh an interview? Alright let's do this! What next guys? I'm ready for everything!'", imitiert er sie, worauf das Paar einfach laut lachen muss.
„Ja was?! Ich möchte ja auch alles kennenlernen.", erklärt sie sich lachend.
„Ich kann mich noch daran erinnern wie schüchtern und zurückhaltend du am Anfang warst.", erinnert sich der Leadgitarrist an ihre Anfangszeit zurück und er hat so recht damit. Kimmy war vor ein paar Monaten noch sehr verschlossen und ruhig, doch er hat sie immer mehr aus der Reserve gelockt und nun sitzt sie hier und wird gleich Bass vor tausenden von Leuten spielen. Wie er das geschafft hat, kann sie sich oftmals nicht mal selber erklären. Wer weiß, vielleicht hat er schon immer dieses Potenzial in ihr gesehen und nach und nach aus ihr heraus gekitzelt. Das mit Erfolg, denn die junge Frau ist froh nicht mehr das Mauerblümchen zu sein, wie sie es bei ihrem Ex-Freund Kai gewesen ist.
„Oh dude you really messed up this charming woman.", äußert Joe trocken und kopfschüttelnd, als er hört, dass sie nicht so von Anfang an gewesen ist. Das sorgt wieder für ein Lacher, welcher mit einem ‚Thank god!' von Kim begleitet wird.
„Na wat is' denn hier so lustich?", schallt der Berliner Dialekt durch das Lachen und bekommt sofort volle Aufmerksamkeit. Das Paar, welches Hand in Hand läuft, kommt langsam auf das Minicamp drauf zugelaufen. Paul zusätzlich bepackt mit einem Rucksack, den er lässig über seine rechte Schulter trägt. Als Fancy ihre Freundin erspäht, ist es dann mit Händchen halten vorbei, denn schnurstracks löst sie den Griff und läuft freudig auf Kim zu, als ob sie sich wochenlang nicht mehr gesehen hätten. Die Amerikanerin steht auf.
„Aaaaaaawwww Sweetheart! Wie geht's dir?", sprudelt der Brünetten aufgeregt heraus, während die zwei in einer Umarmung versinken.
„Mir geht's wunderbar und dir?", gibt sie die Frage zurück und löst sich bin Franziska.
„Super! Ich freu mich echt Mega hier zu sein! Ich meine, ich bin zum ersten mal Backstage auf einem Festival. Das ist schon echt geil!", antwortet sie mit hibbeliger Stimme und fummelt dabei andauernd an ihrem Backstagepass herum, den sie, wie die anderen, um den Hals trägt. Die schwarzhaarige freut sich sehr über die Anwesenheit ihrer besten Freundin. So ist sie nicht die einzige, weibliche Person in der Gruppe. Nach der herzlichen Begrüßung, wendet sich Fancy nun den anderen beiden Männern zu und grüßt diese freudig. Anschließend widmet sie sich erneut Kimberly.
„Ich hab uns was mitgebracht. Was gegen die Nervosität.", grinst sie und lässt sich von Paul ihren Rucksack geben. Sie öffnet den Reißverschluss des Hauptfaches und wühlt darin herum. Als sie das Objekt der der Begierde, unter einem Berg Klamotten, gefunden hat, entnimmt sie es und hält es hoch. „Desperados!", verkündigt sie laut während alle auf das Viererpack gucken. Kims Augen funkeln, doch ist sie sich nicht sicher, ob sie sich überhaupt darüber freuen soll, schlägt das Getränk immer schnell an.
„Desperados?", wiederholt sie fragend.
„Ja, das magst du doch so gern und es sind zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Es ist mit Bier UND Tequila.", „Ja, ich weiß schon was es ist.", lacht die Bassistin und spricht weiter. „Aber willst du das ich angetrunken auf die Bühne gehe?".
Irgendwie scheint das Fancy egal zu sein, denn sie öffnet bereits eine Flasche.
„Ach komm schon! Eine geht doch.", lässt sie nicht locker und hält ihr die Flasche schon hin. Kim nimmt sie zaghaft entgegen. Dabei guckt sie zu Richard, der sie wiederum fragend anguckt.
„Was ist?", lacht er leicht auf.
„Nur eins.", lacht sie verschmitzt.
„Mach doch. Ich vertraue dir da schon, hab ich doch vorhin schon gesagt.", versichert er ihr und wirkt diesmal wesentlich lockerer, als beim Essen. Als Reaktion bekommt er von ihr ein Lächeln und einen Kuss.
Als dann alle ein Bier beziehungsweise Desperados in den Händen haben, setzen sich auch wieder die Stehenden auf die stabilen Klappstühle und stoßen auf ihren Auftritt, der noch folgt, an. Folglich  trinken sie die ersten Schlücke und Kim muss sich eingestehen, dass ihr diese Bier-Tequila Mischung wieder ausgezeichnet schmeckt. Die gemütliche Runde wird begleitet mit angenehmen und lustigen Smalltalk der fünf, welcher mit der Festival Musik begleitet wird.

Tiefe Wasser sind nicht stillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt