Kapitel 16

159 8 0
                                    

Ich lächle sie an. "Na du? Gut geschlafen?", frage ich sie mit einem Zwinkern.
"Na klar, hab die ganze Nacht von dir geträumt", geht sie mit einem Wackeln ihrer Augenbrauen darauf ein. Wir quatschen noch ein bisschen, während Nick und Mirko augenverdrehend zu ihren Kumpels gingen.
Als es klingelte, hatte ich kurz das Verlangen, nicht in den Unterricht zu gehen, sondern mich in Richtung einer versteckten Ecke, in der normalerweise keine Menschen sind, zu begeben und erstmal zu chillen. Auf Krümels unsicheren Blick hin bin ich dann aber doch mit ihr zum Chemiesaal gegangen und habe den Unterricht über mich ergehen lassen.

Im Endeffekt war der nicht mal so schlimm, denn unsere Lehrerin hat mit uns das Thema Rauschmittel sehr interessant behandelt - leider ohne Selbstversuche durch uns Schüler. Dennoch war ihr Vortrag sehr interessant und Krümel wusste erstaunlicherweise noch mehr als ich. Nach der letzten Stunde musste sie wegen einer verpassten Klassenarbeit noch in der Schule bleiben, während ich schonmal zum Parkplatz ging, um dort auf Mirko und Nick zu warten.
Noch im Hinausgehen erhielt ich eine Nachricht von Shannon: "Sky ist aufgewacht!" In meinem Bauch breitet sich ein warmes Gefühl aus und fast kommen mir Tränen hoch. Ich schaue mich schnell um und führe einen kleinen Freudentanz auf, als keiner hinschaut. Viel zu lange dauert es, bis mich Nick mit Mirkos Auto aufgabelt und ich ihn auffordere, ins Krankenhaus zu fahren. "Und was ist mit Mirko? Wir können ihn doch nicht einfach hierlassen!"
"Tss, natürlich können wir das! Ashley ist doch auch noch da, soll er sich die Zeit doch mit der vertreiben", erwiderte ich lachend. Ich konnte es irgendwie nicht glauben und erst recht nicht verstehen, warum mir diese Fremde so sehr am Herz liegt, ich wusste ja nicht einmal, wie sie aussieht!
Die gesamte Fahrt über zappelte ich und quietschte fröhlich vor mich hin, was auch Nick zum Schmunzeln brachte. Als wir in die Nähe des Krankenhauses kamen, sprang ich schon fast auf meinem Sitz auf und ab.
"Was, wenn sie mir wirklich ähnlich sieht? Oder wenn sie den selben Humor hat und sich über die selben Dinge aufregt wie ich? Ohhh oder wenn sie gar nicht so ist wie ich?"
"Blue, bitte beruhige dich, du wirst dieses Mädchen gleich kennenlernen, du brauchst jetzt nicht vorher noch am Rad drehen, das behindert mich nur beim Fahren", antwortet Nick leicht lachend. Er hatte schon immer diese Eigenart an sich, dass er mich immer beruhigen will, aber selbst meist komplett durchdreht.

Im Krankenhaus angekommen renne ich schon fast zur Anmeldung, als mir auffällt, dass ich nicht einmal ihren Namen weiß. Abrupt bleibe ich stehen, ziehe mein Handy aus der Hosentasche und rufe Shannon an. "Hey, ich bin gerade leider nicht erreichbar, ich rufe später zurück!" Shit. PIEEP "Möchten Sie eine Nachricht für kracks Shannon White hinterlassen?" Perfekt. Ich lege auf und gehe zur Anmeldung. "Guten Tag, ich möchte zu Sky White. Könnten Sie mir ihre Zimmernummer geben?"
"Entschuldigung, in welchem Verhältnis stehen sie zu der Patientin? Zurzeit dürfen nur enge Verwandte zu ihr."
"Oh Mist, dann tut es mir leid, dass ich Sie gestört habe. Könnten Sie Sky schöne Grüße und gute Besserung ausrichten?", gebe ich resigniert von mir und auf das gleichgültige Nicken der Schwester hin drehe ich mich weg und laufe zurück zu Nick. Als ich am leeren Parkplatz ankomme, schaue ich mich verwundert um. Gerade eben war er doch noch hier? Seufzend entsperre ich mein Smartphone und rufe Nick an.
"Wo zur Hölle bist du? Ich steh hier auf dem Parkplatz vom Krankenhaus und frier mir den Arsch ab!"
"Sorry Kleine, musste los, Mirko hat angerufen. Was ist mit Sky?", erklärt er genervt stöhnend.
"Da dürfen nur Verwandte rein. Ich guck nach nem Bus, gehen wir später trainieren?", schniefe ich gespielt verletzt.
"Ja klar, tut mir leid, dass ich einfach los bin, aber Mirko hat sich echt dringend angehört. Ich hol dich später ab", antwortet Nick und legt einfach auf.
Also ziehe ich los auf die Suche nach einer Bushaltestelle oder auch nur einem Weg zurück zum Internat, doch ich gebe diese nach kürzester Zeit wieder auf. Na toll, ein Krankenhaus ist da, aber der Anschluss zur Außenwelt natürlich nicht. Nach erneutem Umsehen fällt mir ein kleiner Waldweg auf, der in die Richtung führt, aus der wir gekommen sind. Während ich - hoffentlich - den Weg zum Internat laufe, überschlage ich, wie lange ich wohl brauchen werde, da der Hinweg im Auto schon nicht so ganz flott ging.
Wegen meiner fast schon philosophischen Gedanken merke ich nicht, wie lange ich schon laufe, und als mir dann doch ziemlich frostig um die Ohren wird, fällt mir die aufkommende Dunkelheit auf. Wie lange bin ich denn schon unterwegs? Wollte Nick mich nicht bald wieder abholen? Ich hole mein Handy raus und versuche es einzuschalten, doch...der Akku ist leer! Was für ein Scheiß, dass dieses alte Teil bei Kälte den Geist aufgibt.
Ich sehe kein Licht in der Nähe und meine Jacke hält mich auch seit einer Weile nicht mehr warm. Da ich immer noch nicht wusste, wohin der Pfad führte, kehrte ich um und rannte den Pfad zurück, so schnell ich konnte, als ich plötzlich ein Licht und laute Stimmen rechts von mir vernahm.
"Du hattest genug Zeit, das Geld aufzutreiben, so läuft das hier nicht, klar?!", schrie eine tiefe, männliche Stimme. Nicks Stimme. Dann, eine andere, ebenfalls bekannte Stimme.
"Ich habe das Geld noch nicht ganz, bitte, nur einen weiteren Monat. Bitte, ihr dürft mich nicht auffliegen lassen, mein Vater bringt mich um!" Krümel? Sie nimmt Drogen?! Auf ihre Bitte hin lacht Nick jedoch nur und jetzt schaltet sich auch Mirko ein. "So Kleine, nur weil du dich bei Blue eingeschleimt hast, heißt das nicht, dass deine Schulden beglichen sind. Sie kauft dir vielleicht deine Unschuldsfassade ab, aber uns kannst du nicht so leicht täuschen. Entweder du hast das Geld in zwei Tagen, oder es macht Klick." Ich erstarre und ein eisiger Schauer läuft über meinen Rücken. Das werde ich nicht zulassen, ganz sicher nicht. Ich laufe in ihre Richtung und finde eine verstörende Szene vor: Nick und Mirko stehen unbewaffnet und halbnackt vor der an einen Baum gefesselten und grinsenden Krümel, die nichts anhat bis auf Unterwäsche und ein zerrissenes T-Shirt.
"Ach du Scheiße", entfährt es mir.

°°°°°°°°
Wie das wohl weitergehen wird?
Lasst ein Sternchen da, wenn euch dieses Kapitel gefallen hat & schaut auch mal bei meinem zweiten Buch 'Mit deiner Hilfe' vorbei!

Ihr habt sie vergessenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt