"Na, wie war es mit Mr. Sexy?" Harper erschreckt mich fast zu Tode, als sie plötzlich hinter mir steht. Theatralisch lege ich meine Hand auf mein Herz und verdrehe die Augen. "Warte kurz, April erzählt gerade diese wahnsinnig spannende Geschichte von Pat, die sich angeblich einen verdammt heißen Typen geangelt hat. Ich meine, bei ihren Körpermaßen!" Harper zieht einen Flunsch, als ich ihr April vorziehe. April schnattert unterdessen weiter auf mich ein und Sydney unterstützt die Geschichte mit ihren Kommentaren, denn die beiden haben Fat Pat, wie sie von allen genannt wird, in der Stadt gesehen. Gerade berichtet April von dieser wahnsinnig ekligen Szene, alias Umarmung, als mir ein Geldschein unter die Nase gehalten wird. Geräuschvoll lasse ich meine Kaugummiblase zerplatzen. Desinteressiert wende ich mich wieder an April und Sydney, das Geld interessiert mich nicht, ich habe schließlich genug davon. Doch dann treten schokobraune Augen in mein Blickfeld und mit ihnen eine Hand, die den Dollarschein festhält. "Ach du bist es nur Dawn. Ich muss dich mit dem Flittchen von neulich verwechselt haben." Achselzuckend steckt Tyler das Geld weg und geht. Mein Mund bleibt offen stehen und Tyler kommt wieder zurück. "Du sendest so eindeutige Signale. Dein kurzes Outfit und der offene Mund, den man hundertprozentig füllen könnte. Sorry, mein Fehler." Ich spüre den Kloß in meinem Hals, der mir ganz deutlich etwas sagt. Ohne auf meine Freundinnen oder sonst irgendjemand zu achten, renne ich blindlings aus der Schule und setze mich in mein Auto. Ich schalte das Radio an und drehe es laut auf, was mich sonst immer beruhigt. Er hat mich tatsächlich als Schlampe beleidigt. Die ersten Tränen finden ihren Weg aus meinen Augen, meine Wangen hinunter. Er hat mich so dargestellt, wie ich nie wieder bezeichnet werden wollte. Nicht nach damals. Ich verbanne die Erinnerung ganz hinten in meinen Kopf, zu Geburtstagen irgendwelcher Verwandten, die ich mir sowieso nicht merken kann. Aber trotzdem erinnere ich mich ganz genau an den Tag, als mir ein Junge mein Herz zum ersten Mal gebrochen hat. Jackson.
"Du bist so wunderschön, Dawn. Womit habe ich ein solch unglaubliches Mädchen verdient?" Sanft strich er mir über die Stirn, ehe er einen Kuss genau dort platzierte, wo seine Fingerspitzen gerade eben noch eine unsichtbare Linie gezogen hatten. Ich fühlte mich vor Glück wie betrunken, obwohl ich das eklige Zeug des Herbstballs nicht angerührt hatte. "Womit habe ich dich denn verdient?", wisperte ich so leise, sodass garantiert nur Jackson es hören konnte. Ich fand Bälle nie besonders spannend, doch jetzt, bei besagtem Herbstball, konnte ich aller Welt Jackson präsentieren. Seht her, wir sind zusammen und wir lieben uns. "Ich liebe dich", flüsterte er nahe an meinem Ohr, ehe er sanfte Küsse bis zu meinem Mund hauchte. Der Ball verschwand, jetzt gab es nur noch uns beide. Er hielt kurz an und wartete auf meine Antwort. "Und ich dich erst." Seine Lippen trafen meine und es war wie schweben. Wir waren an diesem Abend schon ganze acht Monate zusammen und es fühlte sich so verdammt richtig an, als wir nach dem Ball miteinander schliefen und ich meine Jungfräulichkeit verlor. Ich war so naiv gewesen. Am nächsten Tag lachte er mir dreckig ins Gesicht und gab mir eine Ohrfeige. Die sei für den schlechten Sex gewesen. Es war alles nur eine Wette gewesen. Für 100 Dollar hatte Jackson mein Herz erobert und dann gebrochen. Indem er mich als Schlampe bezeichnet hatte.
Ich kralle mich in das Lederlenkrad, bis meine Knöchel weiß hervorstehen. Ein leises Klopfen an der Scheibe reist mich aus meinem Flashback. Sydney, April und Harper stehen da. Ich entsichere das Auto und sofort reißt Harper die Fahrertür auf. Sie zerrt mich aus dem Wagen und umarmt mich fest. "Fuck", ist das einzigste, was Sydney herausbringt. "Fuck", schließt sich dann auch April an. Sie halten mich fest, halten mich auf den Beinen, bei Verstand. "Wir machen heute blau", beschließt Harper und schiebt mich sanft auf die Rückbank, ehe sie sich auf dem Fahrersitz niederlässt. Schwach will ich protestieren, doch Harper lässt sich nicht beirren. "Du würdest uns in deinem Zustand töten, Dawn", stellt sie ganz sachlich fest. April und Sydney steigen zu mir nach hinten und halten mich im Arm. Ich hatte mich tot innerlich gefühlt, damals. Fast ein Jahr ist es her, dann kam Tyler und Harper mit den blöden Herbstball-Flyern. Sie hat das nicht absichtlich gemacht. Harper fährt ruhig vom Schulhof. Ich weiß genau, wohin es geht. An den einzigen Ort, an dem ich frei sein kann. An den Strand.
Ich weine die ganze Fahrt über. Sturzbäche der Tränen rinnen meine Wangen hinunter, ich schmecke das Salz. Ich habe mich so wertlos gefühlt damals, ich wäre so gerne gestorben. Aber ich hab mich wieder ins Leben gekämpft, mit Hilfe meiner Freunde. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Tyler und ich Freunde sein könnten. Tja, falsch gedacht. Erst die raue Seeluft, die mir ins Gesicht peitscht, lässt meine Tränen versiegen. Ich säubere mir mit Sydneys Hilfe das Gesicht und sie überdeckt die Tränenspuren mit Make-Up. Sie ist geschickt daran, sie hat es im letzten Jahr sehr oft getan. Seit diesem Tag will ich über alles und jeden die Kontrolle. Ich gehe früher zur Schule, ich sehe die leeren Flure und weiß, dass ich die Queen bin. Es gibt mir ein kleines Gefühl von Macht. Gefühle zu Jungs habe ich seitdem nicht mehr zugelassen. Jetzt, nach einem Jahr, bin ich bereit, es wieder zu versuchen. Ich habe mich Tyler ein kleines bisschen geöffnet und werde sofort bestraft. Er hat meine mühsam geflickte Fassade angegriffen und sie mit einer einzigen Bemerkung komplett heruntergerissen. Ich fühle mich nackt, meine Gefühle sind wie auf einem Präsentierteller. So bin also ich, Dawn Carter, die Queen der Schule, hübsch reich und klug. Ein seelisch stark angeknackster Mensch.
Die Wellen türmen sich zu hohen Brechern auf, ehe sie langsam auslaufen. Die See stürmt und spielt verrückt, wie meine Gefühle. Doch die Ebbe kommt. Das Meer wird sich beruhigen und schon fast friedlich da liegen. Genau wie ich. Auch ich werde wieder runterkommen und zu der alten Dawn werden. Allerdings wird Tyler es mit vier Feinden mehr zu tun haben. Sydney, April und Harper stellen sich einfach so auf meine Seite, wie Freunde eben. Sie haben seit diesem Herbstball nie wieder eine Andeutung über Schlampen oder sonst etwas gemacht. Sie haben noch nicht einmal eines dieser Wörter in den Mund genommen, aus Rücksicht auf mich. Ich kralle mich in Harpers Arme, die mich fest umarmt hält. "Ich bin stark. Ich bin Dawn Carter. Ich schaffe das." Der Wind trägt meine leisen Worte davon, kaum dass sie meinen Mund verlassen haben.
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Ich melde mich mal wieder mit einem neuen Update. Ich finde, dass diese Geschichte mit Jackson Dawn nicht wie diese Zicke darstellt, sondern sie wirkt einfach menschlich damit. Ich wollte ja von Anfang an keine dieser Standard Liebesschnulzen und jeder der mich von Instagram (@weilichschreibe Schleichwerbung^^) kennt, weiß, dass meine Geschichten alle ein bisschen crazy sind :-D ich kann über meine eigene Fantasie nur den Kopf schütteln :) Btw danke für so viele Reads und Votes! :o ich hab den Acc ja ein bisschen vernachlässigt und dann hab ich mal wieder reingesehen und ich dann so: what the...? im positiven Sinne :'D Deswegen auch sorry, falls ich auf eure Kommentare nicht antworte ._. ich musste die App von meinem Handy deinstallieren, weil sie zu viel Speicher verbraucht hat -.- Okay, ich wollte eigentlich keinen Roman schreiben, sondern euch einfach danken :*
Love yaaa *-* <3
Emma xoxo
P.S. Ich habe noch ein Foto von den 4 angehängt. Sie sind meiner Meinung nach nicht diese typischen Queens und das passt einfach gut :)
Ich weiß, dass viele vielleicht mit dem Bild von Dawn verglichen mit einer Zicke nicht ganz zurechtkommen. Aber sie ist eben besonders :-D meine Logik wieder xD
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Am Abgrund *slow updates*
Jugendliteratur"Plötzlich herrscht Stille. Dann kann ich förmlich spüren und hören, wie mir das Herz in einem grausamen Akt aus der Brust herausgerissen wird und anschließend in tausend Bruchstücke auf den italienischen Fließen zerschellt. Dieser Scherbenhaufen is...