Kapitel 32

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„Nein, du ruhst dich jetzt aus, verstanden? Du hast bereits viel zu viel Magie ausgeübt und dein Körper war noch nicht bereit für so viel auf einmal. Es ist normal, dass dir nun so schlecht ist, weil du extrem erschöpft bist. Deshalb solltest du ruhig liegen bleiben und versuchen, ruhig zu atmen", sagte Haru streng zu ihr, bevor er leise fortfuhr. „Ich bin bei dir und lasse dich nicht alleine, Sezuna. Wenn du willst, kann ich dir jetzt vielleicht helfen, indem ich dich mit Magie heile ...?", schlug er vor.

Haru wusste, dass ein Köper oft so reagierte, wenn man zu viel getan hatte. Man fühlte sich schwindelig, Übelkeit kam auf und man hatte das Gefühl, dass man ohnmächtig wurde. Zumindest war es früher bei ihm oft nach dem harten Training so gewesen.

„Es wäre schön, wenn du es probierst", murmelte sie, weil sie einfach nicht mehr konnte. So etwas hatte sie wirklich noch nie erlebt und es machte ihr Angst.

Haru hoffte, dass es keinen negativen Effekt auf sie haben würde, als er seine Hand auf ihre Brust legte und dort vom Herzen aus Magie in sie leitete. Schon dabei spürte er, wie schwach sie war und er beeilte sich dabei, ihren Körper zu untersuchen.

„Sezuna ... der Zauber hat dich auch getroffen, als du den Sturm zu dir gezogen hast ...", flüsterte Haru heiser. Er spürte die violetten Stränge, die sich durch ihren Oberkörper zogen und ihm war klar, dass er wohl das gleiche bei ihr tun musste, wie sie bei ihm und die Stränge durchtrennen, sodass ihr Körper sich wieder erholen konnte. Es hatte den Anschein, dass diese fremde Magie ihr die Magie und Kraft raubte.

„Ich weiß", gab sie nur wiederwillig zu. Ihr war nicht danach das jetzt zu regeln. Im Moment hatte sie dadurch weder Nachteile, noch Schmerzen.

„Warum sagst du mir das nicht?", fragte Haru sie entsetzt. „Ist dir eigentlich bewusst, in welcher Gefahr du schwebst, wenn sie deine Magie raubt und dich nicht erholen lässt? Würdest du dich von mir behandeln lassen, damit du dich wieder erholen kannst?" Seine Frage war dringend und bittend, denn er wollte nicht, dass sie darunter leiden würde. Warum nur hatte sie nichts gesagt? Er hätte warten können!

„Ich spüre nichts davon", gab sie ehrlich zu. „Der Zauber ist da, reagiert aber nur, wenn ich deine Magie nutze. Als würde sie meine eigene nicht erkennen", seufzte sie, nickte aber. „Weoßt du denn, was du machen musst?"

Nachdenklich rieb er sich über seine Bartstoppeln. „Sie will meine Magie ausrotten, deswegen kann ich mich nicht selbst heilen. Sobald ich es versuche, reagiert mein Körper mit Schmerzen. Ja ich weiß, was ich machen muss. Immerhin habe ich dir zugesehen. Nur hoffe ich wirklich, dass es in deinem Körper dann keinen Schaden anrichtet, wenn ich meine Magie benutze", sagte er, wobei er daran zweifelte, dass es erfolgreich sein würde. Vielleicht musste Sezuna nur ihre eigene verwenden und die von Haru in der Zeit komplett ignorieren? Immerhin schien der Zauber nicht auf ihrer eigenen Magie zu liegen, sondern nur auf seiner. Natürlich hatte sie etwas abbekommen müssen, nachdem sie seine Magie in sich trug und oft benutzte.

„Ich glaube der Zauber funktioniert so, dass er auf die Magie gerichtet ist, welche den Sturm zerstört hat. Dabei habe ich meine eigene nicht genutzt, nur deine", bemerkte Sezuna nachdenklich. „Versuch es trotzdem."

Genau das hatte er geahnt ... „Ich versuche es, aber sobald du auch nur einen minimalen Schmerz spürst, sag es mir. Dann wird es nämlich nicht funktionieren. Aber vielleicht hilft es, wenn ich meine Magie aus deinem Körper zurückziehe?", schlug er vor.

„Dann klappe ich dir komplett zusammen und auch ohne Schmerzen wird es nicht gehen, bezweifle ich", antwortete sie nüchtern und schloss kurz die Augen.

„Aber sobald meine Magie aus deinem Körper ist, solltest du dich langsam besser fühlen, weil du dann nur noch deine eigene besitzt, gegen die diese seltsame Macht nichts ausrichten kann", meinte er. Wenn er konnte, wollte er sie nicht den unnötigen Schmerzen aussetzen.

„Oder dann stürzt sich der Zauber gerade auf die Magie. Wer kann das schon sagen. Und wenn das passiert... nun da lass ich lieber die Schmerzen zu, die das Heilen verursacht", gestand sie und schlug müde die Augen auf.

„Also gut, wenn du meinst ...", murmekte Haru und fragte sie, ob er ihr einen Zauber auferlegen sollte, der sie am gesamten Körper betäubt und sie hoffentlich nicht allzu viel davon spüren würde. „Oder ist noch der Trank da?" Vielleicht war es bei ihr einfacher, die Verbindungen zu trennen, da es nicht ihre eigene Magie war, sondern seine und diese nur in ihrem Körper floss.

„Das überlasse ich dir", sagte sie mit einem schiefen Lächeln. „Ich entscheide ungern mit was man mich außer Gefecht setzt", gab sie zu, da sie sich noch an Leila erinnern konnte.

„Es tut mir leid, wenn du Schmerzen haben wirst ...", sagte er mitfühlend und hielt ihr die Tasse mit dem Trank hin, die sie für ihn gemacht hatte und wartete, bis sie diese ausgetrunken hatte.

Erst als sie sagte, dass es wirkte, begann er mit seiner Arbeit. Glücklicherweise waren es nicht sehr viele Stränge, die in ihrem Körper waren, doch als er anfing, sah Haru, wie sie das Gesicht verzog. „Tief einatmen und langsam ausatmen. Und nur darauf konzentrieren", riet er ihr.

Ihr Hand krallte sich ins Bett, auf dem sie lag, aber sie gab keinen Ton von sich, außer ab und an ein schmerzhaftes Stöhnen, als er einen der Stränge zerstörte.

Haru ging sehr behutsam um und sah, wie die Stränge sich gegen seine Magie stellten. Es war nicht ganz einfach, aber nachdem er nun wusste, was er tun musste, gelang es ihm, Strang für Strang zu durchtrennen. Er sah, wie schmerzhaft es für Sezuna war und er wollte es ihr ersparen, aber es blieb ihm nichts anders übrig. „Gleich ist der letzte durch", sagte er beruhigend, nachdem er relativ lange daran gearbeitet hatte. Er selbst hatte noch Schmerzen, da die Stränge in seinem Körper noch nicht alle beseitigt waren. Sobald er Magie anwand, machten sie sich bemerkbar mit Schmerz.

Er konnte also sehr gut nachvollziehen, wie sich Sezuna gerade fühlte, auch wenn er wahrscheinlich viel mehr aushielt, als die zierliche, junge Frau. Trotzdem schlug sie sich tapfer, auch wenn Tränen in ihren Augen standen und sie zum Schluss sogar ein leises Wimmern ausstieß.

Selbst als er den letzten beseitigt hatte und überprüfte, ob ihre eigene und seine Magie nun wieder besser fließen konnte, beendete er die Arbeit. Auch unter ihr hatte sich Blut gesammelt, welches er mit Magie beseitigte. Er konnte sich gut vorstellen, dass sie wahrscheinlich in Ohnmacht fallen würde, wenn sie es sah. Allerdings vergewisserte er sich, dass sie innerlich nicht mehr blutete und das aus ihrem Körper drang. Es war das erste Mal für ihn gewesen, so eine Art von Operation durchzuführen, aber er war stolz, dass Sezuna so tapfer gewesen war.

Als er komplett fertig war, küsste er ihre Tränen vom Gesicht und sagte zu ihr, dass alle Stränge beseitigt seien und er fragte sie, ob sie große Schmerzen noch hatte und wie sie sich fühlte.

„Innerlich ganz wund", gab sie erschöpft zu und versuchte sich nicht zu bewegen. Sie fühlte sich miserabel. Trotzdem beruhigte Harus Anwesenheit sie ein wenig, auch wenn sie noch immer Angst um ihn hatte. Was, wenn sich der Zauber auch ausbreitete?

„Ich weiß, das braucht Zeit zum Heilen. Bleibe ruhig liegen und versuche dich zu erholen. Es war für deinen Körper einfach zu viel. Du hast tapfer durchgestanden, meine Kleine. Ich bin stolz auf dich", flüsterte er ihr leise zu und küsste ihre Stirn. Vielleicht war es in nächster Zeit besser, wenn sie seine Magie nicht benutzte, denn er traute der ganzen Sache nicht wirklich.

„Lass uns beide ein wenig schlafen", flüsterte sie heiser und hatte das Gefühl nicht einmal mehr einen Arm bewegen zu können. Sie wusste ja, dass Magie immer seinen Preis hatte, doch das war wirklich schlimm. Wahrscheinlich hätte der Zauber in dem Sturm sie töten sollen.

„Ich passe auf dich auf, versprochen. Sobald was ist, sag Bescheid. Soll ich dir einen Trank machen?", fragte Haru sie und streichelte ihren Arm leicht. Er wusste doch, dass Sezuna nicht gut auf Magie reagierte, schon alleine deshalb machte er sich wahnsinnige Sorgen um sie.

„Leg dich zu mir, du musst ebenfalls erschöpft sein", seufzte sie und genoss sichtlich seine Berührungen, auch wenn sie das Gefühl hatte wahnsinnig sensibel darauf zu reagieren.

„Nein ich werde mich nicht zu dir liegen. Es ist besser zu sitzen", erwiderte er, verschwieg ihr aber, dass die Schmerzen wieder zurückgekommen waren, seit ihr Trank nachgelassen hatte. Haru hoffte, dass es für sie nicht so war, nachdem er alle entfernt hatte. Für ihn hatte es sich schon so angefühlt, innerlich aufgeschnitten worden zu sein, also war es für sie auch nicht gerade besser. 

Galdur - Kalnai (Band 4)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt