K A P I T E L ♥️ 3

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•MAGNY•

»Nichts fließt schneller als
die Zeit.
Nichts kann sie aufhalten.
Nichts hält dieses Leben auf.
Momente kommen, Momente gehen und auch wenn nichts für die Ewigkeit ist, kommen Erinnerungen dem "für immer" ziemliche nahe.
Sie sind letzten Endes alles, was wir haben.«

»Weißt du eigentlich, wie lieb wir dich haben?«, fragte mich Hail und riss amüsiert die Augenbrauen in die Luft, als ich grinsend den Kopf schüttelte.

Er setzte eine empörte Miene auf und schürzte seine Lippen, bevor er mich in seine Arme zog und auf seinem Schoß bettete.

»Nein? Ash, was sind wir denn für Raben?«

»Wir sind keine Raben, natürlich weiß sie, wie lieb wir sie haben.«

Asher drehte sich ebenfalls um und reagierte auf mein Kopfschütteln mit geschockter Miene.
Er fasste sich betroffen ans Herz.

»Nein? Haben wir dir nie gesagt, das du uns mehr bedeutest, als alles andere auf dieser verrückten Welt?«, er trat einen Schritt näher und fuhr dann fort, »Haben wir dir nie gesagt, dass wir ein Dutzendmal für dich und dein bezauberndes Lächeln sterben würden?«

Er schmiss sich neben Hail und mich und begann meine Haare zu flechten, während Hail fortfuhr zu reden.

»Haben wir dir nie gesagt, dass du der einzige Grund bist, warum es sich für uns jeden Tag lohnt aufzustehen?  Und haben wir dir nie gestanden, dass du für immer unsere kleine Prinzessin bleiben wirst, Baby?«

Mein seliges Lächeln wuchs mit jeder Silbe ein Stückchen mehr und auch, wenn ich ihre Worte nicht ganz verstand, so markierten sie doch die unendliche Liebe, die wir füreinander empfanden. Das war alles, was ich verstehen musste.

Ich schüttelte ein drittes Mal den Kopf und löste damit eine Kuschel-Attacke aus, die mich den ganzen Tag über in ihren Armen und ihrer Wärme schweben ließ.

»Dann müssen wir das wohl nachholen«, hatten sie gleichzeitig gemurmelt und begonnen mein Gesicht abzuknutschen, als hätte es kein Morgen mehr gegeben, um mir ein Lachen zu entlocken.

Die Erinnerung an einen der schönsten Tage in meinem Leben, ließ Tränen aus meinen Augen kullern, die ich nach einer Woche des Alleinseins und Trauern, geglaubt hatte, unter Kontrolle zu haben.

Weinend rannte ich aus dem Schlafzimmer und die Treppe hinab in unser völlig zerstörtes Wohnzimmer, das auch nach diesen sieben Tagen aussah, als sei ein Blitz in unser Heim eingeschlagen.
Naiv glaubte ich doch tatsächlich, dass mich hier nichts einholen konnte, was mich an sie erinnern würde. Aber als sei ich in einer Diashow gefangen, wandelte sich unser Wohnzimmer in einen Parkour und wir tobten zu dritt und wild kreischend über Tische, Bänke und Sofas und spielten Fangen.

»Ihr seid viel zu lahm, um mich zu kriegen!«

»Lahm also?«, rief es hinter mir.

»Ja, zwei lahme Gummienten!«, kicherte ich und sprang vom Sofa auf die erste Treppenstufe, um von dort nach oben zu rasen.

»Hast du das gehört?«, fragte Hail von unten und ich konnte ihn unter der gespielten Empörung lachen hören.
Asher prustete bloß.
»Fünf Jahre und sie wird jeden Tag frecher. Na warte!«, brüllte er mir von unten hinterher und kaum war ich im Obergeschoss angekommen, polterten vier Beine hinter mir her.

Ich kreischte voller Adrenalin und Spaß auf und rannte durch den Flur ohne eine Ahnung zu haben, wohin ich mich retten könnte.

Viel zu schnell waren die beiden wieder hinter mir und bauten sich grinsend vor mir auf, weil ich es nicht geschafft hatte, mich so schnell zu verstecken.

»Nimm deine Worte zurück und wir erbarmen uns dir, Baby!«, begann Hail zu verhandeln und ließ mir damit die Wahl.
Mein fünfjähriges Ich überlegte nicht lange und streckte den Jungen die freche Zunge raus.

»Du hast es nicht anders gewollt«, meinte Asher achselzuckend und riss mich vom Boden in die Luft nur um mich aufzufangen und durch die Luft zu drehen.

Lachend wirbelten wir die Treppe wieder hinunter und schmissen uns gemeinsam auf die Couch. Ich in der Mitte zwischen ihren großen Körpern, die mich zwischen sich einklemmten.
»Und was wollt ihr jetzt machen? Werde ich jetzt bestraft?«, fragte ich kichernd, weil ich wusste, dass sie nur Spaß machten.

»Jetzt wollen wir dir einen Vortrag halten, damit du dich langweilst und bereust, jemals so respektlos gewesen zu sein.« Hail versuchte ernst zu bleiben und weiterzuspielen.
Ich murrte, ehe sie begannen zu reden, und versuchte ihnen die Münder zuzuhalten, als sie schmunzelnd begannen Blödsinn zu reden.

»Leise sein!«, kicherte ich und sprang auf, um Hail beide Hände auf den Mund zu halten.
Er nuschelte einfach weiter und wechselte immer wieder mit Asher, dem ich schließlich die linke und Hail die rechte Hand vor den Mund drückte, als könne ich sie damit aufhalten.

»Hört auf!«, lachte ich und kicherte auf, als man mir in die Seite pikste.

»Na gut, Baby. Aber nur, wenn wir einen Kuss bekommen.«

Ich nickte brav und gab beiden Jungen einen ersehnten Kuss, der sie Zufriedenheit ausstrahlen ließ.

»Wir könnten dir nie böse sein, Baby. Eine Strafe gibt es nur für all jene, die es wagen, dir dein Lächeln aus dem Gesicht zu wischen. Die haben ein mächtiges Problem.«

Ich schmiegte mich an sie, legte meinen Kopf in Ashers Schoß und meine Beine über die Oberschenkel von Hail.

Und während sie mir erzählten, wie sehr sie auf mich aufpassen würden und ich vergessen könnte, sie jemals loszuwerden oder zu verlieren, fiel ich in einen wohl behüteten Schlaf.

Mir konnte nichts passieren.
Nicht, wenn sie bei mir waren.
Und das waren sie immer.

Ich fasste mit meinen Erinnerungen und den unzähligen Worten, die ich aus meiner Kindheit kannte, einen wilden Entschluss. Ich akzeptierte ihren Tod nicht und ich wollte auch die Trümmer nicht hinnehmen, in denen ich mich befand.
Sie waren nicht tot!

Nach all den vielen Worten darüber, dass ich sie niemals verlieren würde, konnte ich das Bild, das sich mir bot, nicht akzeptieren. Ich durfte nicht in Tränen ertrinken und darin versauern. Ich musste sie finden und retten, denn eine leise Stimme dämmerte mir, dass sie nicht gestorben waren.
Es musste etwas Anderes sein, das sie von mir fernhielt und ich würde dieses Etwas zur Schnecke machen.

Mit neu aufgeflammter Energie rannte ich zurück nach oben, riss die Schranktüren auf und kramte nach einer Tasche in die ich alle wichtigen Dinge packen konnte, die mir im Feuer geblieben waren.
Proviant fand Platz darin, genauso wie ihre Pullover, den Talisman, den sie mir zur Geburt geschenkt hatten, ein Bilderrahmen mit ihren Gesichtern, einige Machenschaften unserer Eltern und praktische Dinge, mit denen ich mich im Notfall verteidigen konnte.

Als unverwandelter Mensch und auch noch ohne seine persönlichen Bodyguards war es für mich in einer Welt voller Wölfe nämlich noch gefährlicher.

Mit neu geschöpfter Kraft und der aufgebauten Hoffnung, sie zu finden und wieder mit ihnen vereint zu sein, brach ich schließlich auf und begann mich auf die Suche nach meinem Lebenssinn zu machen.

Ihr seid nicht tot.

FIND MY SOUL, MATE Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt