der verzauberte Zauberwürfel

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"Wo warst du denn so lange?", fragte mein Freund, als ich am Schalter neben ihm ankam. "Du hast gesagt, dass du schnell auf die Toilette gehst. Du warst zwanzig Minuten weg."

"Ich war auch auf dem Klo und dann bin ich an einem Kiosk vorbei gegangen und dann hab ich diesen verdammt interessanten Artikel in der Times gesehen und konnte nicht anders als mir das ganze Ding durchzulesen."

"Ah ja? Und wo ist diese interessante Ausgabe der Times?", fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. Das war das schlechte an Vincent. Er war wie ein Lügendetektor. Vielleicht hätte ich mir auch etwas anderes als Ausrede suchen sollen, als eine Zeitung. Oder irgendetwas zu lesen. Dafür kannte er mich zu gut. Das einzige, das ich lesen würde musste sehr viele bunte Bilder haben um meine Aufmerksamkeit für mehr als zehn Sekunden zu beanspruchen.

Traurig aber wahr.

"Na gut. Ich bin bei einem Spielzeugladen vorbei gegangen und hab' fünfzehn Minuten lang versucht so 'nen dämlichen Zauberwürfel zu lösen", gab ich grinsend zu.

"Hast du's wenigstens geschafft?", fragte er mit einem amüsierten Glitzern in den Augen.

"Nein!"

"Schade."

"Deshalb hab' ich das Drecksding auch gekauft", sagte ich und holte den Würfel aus meiner Westentasche.

"Aber wie-"

"Oh und danke für deine Brieftasche." Ich holte seine Brieftasche, die ich mir vorher geliehen hatte aus der anderen Westentasche und gab sie ihm, bevor ich mir ran machte um den Würfel der schwarzen Magie zu entschlüsseln und die Menschheit vor der Versklavung zu retten.

Na gut. Vielleicht versuchte ich auch nur das kleine beschissene gelbe Quadrat aus dem großen blauen Quadrat zu schieben. Wie konnte das kleien Drecksding auch in die Mitte kommen?

 

*DER VERZAUBERTE ZAUBERWÜRFEL*DER VERZAUBERTE ZAUBERWÜRFEL*DER VERZAUBERTE ZAUBERWÜRFEL*

Als wir im Flugzeug saßen war es als ob ich mit Drachen kämpfte um mein Leben zu retten und dem Bösen den Gar auszumachen und die Menschheit zu retten. Es war ein harter Kampf, der mich viel Kraft und Nerven gekostet hatte und hatte sich einen Scheiß ausgezahlt.

Ich hatte nach weiteren fünf Minuten aufgegeben. Der Würfel war einfach verflucht.

"Bist du nervös?", fragte mich Vincent als die Maschine abhob.

"Ich fliege nicht zum ersten Mal, weißt du? Ich kann mich noch erinnern, als ich dreizehn war und wir nach Thailand geflogen sind, man war das schlimm. Der Flieger wäre fast abgestürzt. Drei Mal. Ich weiß ja nicht wo der Pilot seinen Schein gemacht hat, aber nach Thailand flieg' ich nicht mehr."

"Ich meinte eigentlich die Tatsache, dass du meine Eltern kennen lernst."

"Ah das! Ja, das hatte ich eigentlich ganz gut verdrängt, danke das du mich daran erinnert hast."

"Ich liebe dich auch", grinste er.

Ich war nicht nervös. Ich hatte eher eine Scheiß-Angst davor Vincents Eltern kennen zu lernen. Es war das erste Mal, dass ich die Eltern von einem Jungen mit dem ich ausging kennen lernte.

*DER VERAZUBERTE ZAUBERWÜRFEL*DER VERZAUBERTE ZAUBERWÜRFEL*DER VERZAUBERTE ZAUBERWÜRFEL

Vincents Familie war ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte. Es war laut, es wurde viel gelacht, geredet und gefeiert. Das Haus war voller Leben.

Vincent war halb italienner und seine Mutter liebte es zu kochen. Sein Vater liebte es Nachkommen zu zeugen, denn Vincent hatte fünf Brüder. Keine einzige Schwester. Ich hoffte nur, dass Vincent nicht so war, denn das konnte er sofort vergessen. Als ob ich acht Kinder kriegen würde und dann nur Jungs.

Wir saßen gerade beim Abendessen, als Vince fragte, "Was habt Giovanni, Alejandro und du heute gemacht?" Nachdem ich Vincents Familie kennen gelernt hatte, hatten mich Alejandro und Giovanni entführt. Ich mochte die zwei. Sie waren wie die Brüder, die ich meine Eltern immer angefleht hatte zu haben.

Wir sahen uns gegenseitig an bevor Giovanni antwortete, "Wir haben ein Buch gelesen."

Wie konnte mein Freund so klug und sein Bruder so dämlich sein. Wir haben ein Buch gelesen?

Ich sah wie Alejandro seine Hand auf die Stirn schlug und ihm einen Blick zuwarf, der so viel sagen sollte wie: Du bist so dumm wie ein Stück Toastbrot. Verschimmeltes Toastbrot.

"Angie hasst Bücher", sagte Vince und lehnte sich zurück.

"Wir waren Pokern", sagte Alejandro. Klang schon glaubwürdiger. Vince glaubte ihm immer noch nicht. "Na gut. Es war Roulette."

Maria, Vince' Mutter, sah immer geschockter aus, während Mario, Vince' Vater, sich auf die Lippe biss um nicht zu lachen. Ich verstand nicht was an der Situation so komisch war.

"Angie?" Ich spürte Vince' Blick auf mir.

Seufzend griff ich in meine Westentasche und holte den verdammten Zauberwürfel raus. "Wir haben versucht ihn zu lösen."

"Aber er ist nicht-"

"Das sehe ich! Nicht einmal so ein kleiner Chinese hat den lösen können", sagte ich und sah den Würfel in meinen Händen an, als ob er verantwortlich für den Hunger und den Krieg auf der Welt war. Ich hasse diesen dämlichen Würfel.

"Schon okay, baby. Ich als dein Prinz in schimmernder Rüstung werde den Bösewicht besiegen und den Würfel-"

"Mach einfach, Vince", grummelte ich und lies den Würfel nicht aus den Augen. Ich wünschte er würde einfach explodieren. Vince nahm den Würfel in seine große Hand und er verschwand aus meinem Blickfeld.

"Ich hab's!"

Ich sah mit großen Augen auf. "Was? Wie? Aber-" Ich sah schockiert auf den Würfel.

Vincent war mein Prinz in schimmernder Rüstung. Das Gute gegen das Böse. Mein-

"Verdammt noch Mal das gelbe Ding ist immer noch da!"

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt