Kapitel 4

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-Kapitel 4-

Ich kam zuhause an und das Erste, was ich zu hören bekam, war ein lauter Krach. Sofort guckte ich nach, woher das Geräusch kam und sah meinen Bruder und neben ihm eine kaputte Vase.

Ich: "Abi, was ist los?"

Sinan abi: "Selin.."

Mein Bruder sah mich mit einem traurigen Blick an und setzte sich auf die Couch in unserem Wohnzimmer.

Sinan abi: "Setz dich."

Dabei deutete er auf den freien Platz neben ihm.

Ein kalter Schauder lief meinen Rücken runter und ich fing an zu zittern. Langsam legte ich meine Taschen auf den Boden und setzte mich neben ihm.

Ich: "Abi, warum..."

Sinan abi: "Pscht. Ich muss dir was sagen. Heute Morgen bekamen wir einen Anruf und.."

Ich: "Von wem?"

Sinan abi: "Ist gerade nicht wichtig. Jetzt lass mich ausreden, tamam? Also.. ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll.."

Als er das sagte, rollte ihm eine Träne die Wange hinunter. Das ist ein sehr schlechtes Zeichen. Nur einmal habe ich ihn weinen sehen und das war als unser kleiner Bruder gestorben war. Sonst noch nie. Ihn so zu sehen, ließ auch meine Augen mit Tränen füllen. Schnell wischte er seine Träne weg und fuhr fort.

Sinan abi: "Anne ist zu der Firma von Baba gegangen, weil jemand von einem Unfall oder so geredet hatte. Als sie dann angekommen war, war alles normal und dann hat sie mich angerufen um Bescheid zu sagen, weil sie sich immer noch Sorgen gemacht hatte. Danach wollte sie zum Büro von Baba gehen und er war wohl nicht da, in irgendeinem Meeting oder so und deswegen wollte sie wieder nachhause. Aber sie kam nicht an und ich fing an sie zu suchen..."

Als er das sagte sah er mir direkt in die Augen und sprach langsam und deutlich.

Sinan abi: "Ich fand sie hinter dem Gebäude der Firma. Ohnmächtig und sie blutete an dem Bauchbereich. Ich hab sie ins Krankenhaus gebracht und es sieht nicht gerade sehr gut für sie aus..."

Ich hörte geschockt seinen Worten zu. Was soll das bedeuten? Stirbt meine Mutter? Wie geht es ihr? Mein Bruder redete weiter, aber ich hörte ihm nicht mehr zu. Mein Herz fing an schneller zu schlagen und mir wurde schwindelig. Ich wollte ihn fragen, ob ich zu ihr könnte und wie es passierte, aber es kam kein Wort raus, als ich mein Mund öffnete. Stattdessen kam ein Schluchzer und ich fing an mich verbittert an meinem Bruder auszuweinen. Dabei versuchte er mich zu trösten, was scheiterte. Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, sagte ich ihm, dass ich zu ihr wolle.

Ich: "Abi, bring mich zu ihr!"

Sinan abi: "Ok, komm."

Ich: "Wo ist eigentlich Baba?"

Sinan abi: "Er ist noch im Krankenhaus."

Mit diesen Worten stiegen wir in seinen Wagen und er fuhr auch schon los. Machmal gab er plötzlich mehr Gas, was mich zugegebenermaßen etwas verängstigte, sagte jedoch nichts. Ich weiß für ihn ist es genauso schlimm wie für mich. Ich meine die Frau, die dich 9 Monate lang in ihr getragen hat und sich seitdem um dich gesorgt hat und deine Vertrauensperson, die dir immer zur Seite stand und stehen wird, liegt im Sterben. Andauern sammelten sich neue Tränen auf, die langsam runterflossen.

Als wir endlich ankamen, führte mich mein bruder zu einem Raum wo viele Stühle und einige Tische mit ein paar Modemagazinen drauf lagen. Es war ein Warteraum und ich sah schon meinen Vater sitzen. Er hatte einen Anzug an, bestimmt noch von der Arbeit und er guckte einfach leer in dem Raum. Es schmerzte, ihn so zu sehen, weshalb ich wieder anfing zu weinen. Ich setzte mich zu ihm und lächelte ihm schwach zu. Dabei nahm mein Vater mein hand und drückte sie. Wir saßen einfach da, schweigend. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und mein Vater wirkte so, als ob er nicht bei der Sache wäre. Mein Bruder fragte, ob ich was zu essen oder trinken haben wollen würde.

Ich: "Nein, danke."

Sinan abi: "Hast du heute überhaupt was gegessen?"

Ich: "Jaa abi... aber bring baba was er hat bestimmt nichts gegessen, oder baba?"

Er bemerkte nicht, dass ich ihn was gefragt hatte, so sehr war er in Gedanken vertieft.

Ich: "Baba, hörst du mich? Abim sana yiyecek veya icecek birsey getirsinmi?" (Soll mein Bruder dir was zu Essen oder Trinken holen), sagte ich ihm an der Schulter rüttelnd.

Baba: "Yok sagol kizim, karnim ac degil. Otur oglum. "Nein danke Tochter, setz dich, sohn)

Sinan abi: "Tamam baba"

Eine Weile saßen wir nur so rum und redete  kurz, was mit meiner Mutter passiert sein könnte. Später kam auch eine Ärztin und sagte, dass sie noch operiert werden müsse und später eventuell in einen künstlichen Koma versetzt werden müsse, weil, wenn sie die OP überstehen sollte, ihr Körper Ruhe benötige.

Ich: "Was soll heißen 'wenn sie die OP überstehen sollte'? Könnte sie es nicht schaffen..?"

Ärztin: "Es sind sehr schwerwiegende Verletzungen. Wir versuchen unser Bestes, damit es ihr gut geht. Mehr kann ich ihnen zurzeit nichz sagen. Es wurden jedoch nicht Lebenswichtige Organe verletzt, aber die Schießwunde ist sehr tief und wir werd..."

Ich: "Schießwunde?! Meine Mutter wurde er schossen??", schrie ich die Ärztin an.

Sinan abi: "Selin beruhig dich erstma.."

Ich: "Was für beruhigen?! JEMAND HAT ANNE ANGESCHOSSEN UND DU KOMMST AN MIT BERUHIGEN, DEIN ERNST?!

Sinan abi: "Ja ok, ich mein ja nur..."

Ich: "Wieso hast du es mir nicht zuhause gesagt?"

Sinan abi: "Ich wollte es dir später schonend erzählen.", dabei sah er die Ärztin finster an.

Die Ärztin entschuldigte sich und ging. Sie sagte auch, dass wir nachhause gehen sollten, da es sowieso in den nächsten Stunden keine neuen Nachrichten kommen würden und so gingen wir nach einem Protest von mir doch nachhause. Es war auch schon fast 3 Uhr. Das Erste, was ich, als wir ankamen, machte, war duschen. Nach dem ganzen Weinen fühlte ich mich einfach kraftlos und erschöpft. Eine Dusche würde mir guttuen. Fertig geduscht und getrocknet legte ich mich müde auf mein Bett und schlief sofort ein...


Sen Benim KaderimsinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt