Kapitel 2

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- später beim Mittagessen -

Chris POV

Mein Blick ist an dem Tisch, wo Laura sitzt, jeden Tag praktisch fest gefroren. Und während ich die ganze Zeit zum Tisch hinüber spähte, erzählte mir Adrian von dem coolen neuem Spiel, was er sich geholt hatte. "... und die Grafik ist WAHNSINN! Sowas hast du noch nie gesehen!", schwärmte er, "Chris?" Er bekam wohl mit, dass ich nicht voll und ganz bei der Sache war. "Ja? Ich hör zu.", versuchte ich ihm trotzdem deutlich zu machen. "Geht es wieder um Laura?", stoppte er seine Erzählungen über sein Spiel. "Hast du das auf Instagram gesehen? Maries Eltern veranstalten dieses Wochenende wieder eine Gala.", deutete ich auf den Story Post von ihr hin. "Ja und drei Mal darfst du raten, wer nicht eingeladen ist.", brachte er mich auf den Boden der Tatsachen zurück, "Ganz genau: wir!" "Hast' ja Recht", meinte ich leise zu ihm und widmete mich wieder meiner Pampe, die die Schule tatsächlich als Mittagessen bezeichnete. Und er hatte auch Recht. Ich war gefühlt seit der dritten Klasse in Laura verknallt und wenn sie jemals irgendwas von mir gewollt hätte, dann hätte sie wohl längst an meiner Haustür geklingelt.

Ab und zu beobachtete ich sie durch mein Fenster, was sich manchmal nicht wirklich vermeiden ließ, da ich von meinem Zimmer aus direkt in ihres hinein blicken konnte. Ihr Zimmer lag direkt unter dem Dach und hatte ein großes Fenster. Ab und zu schaute ich ihr zu, wie sie ihre langen blonden Haare kämmte. Obwohl ich manchmal Angst hatte, dass irgendwann ein richterlicher Beschluss wegen Stalking in der Post liegen würde, war es schwer weg zuschauen. Ich glaube, mein Stiefvater würde ausrasten, obwohl er das sowieso jeden Tag tat, auch ohne einen solchen Brief.

Laura POV

Jeden Tag sitzen wir hier, genau auf den gleichen Plätzen. Dustin erzählt uns von seiner neuen Trainingseinheit, die er jetzt täglich macht und Marie versucht ständig mich in ein Gespräch über das neue Channel Make-Up zu verwickeln. Dabei interessiert mich weder das Eine noch das Andere. Am liebsten wäre ich aufgestanden und in das Zimmer 118 gelaufen, weil sich dort in der Pause niemand aufhielt, hätte mich dort auf das Fensterbrett gesetzt und in Stephen Hawkings neuem Buch gelesen, was sich die ganze Zeit in meiner Tasche befand. Meine Mutter hatte es mir am Vortrag aus der Buchhandlung mitgebracht und ich hoffte heute in der Schule eine ruhige Gelegenheit zu finden, um mich kurz dort hinein zu vertiefen. Aber bisher war das eher aussichtslos.

Ich spürte einen Blick im Nacken, schon die ganze Zeit während des Mittagessens, aber er war keineswegs unangenehm, so wie mich meine Freunde immer betrachteten. Es war wieder der Nerd mit der Brille vom Flur, der mich vom anderen Ende des Raums anblickte. Am liebsten hätte ich ihm einen dieser Blicke, die er mir zu warf, zurück geworfen, aber das war einfach nicht möglich ohne, dass die anderen es merken. Ich saß blöderweise mit dem Rücken zu ihm. Einen Versuch war es trotzdem wert. Doch da fiel mir die eine Szene aus The Vampire Diaries ein, in der Elena Stefan über die Schulter hinweg anschaut. Ich stützte also meinen Kopf auf meine rechte Hand und drehte meinen Kopf ganz langsam nach hinten, wie Elena es tat. Ich öffnete meine Augen und sah, wie er und wahrscheinlich sein bester Freund sich irgendwas auf dem Handy anschauten.

"Laura, alles okay?", erschrak Marie mich, weil sie anscheinend mitbekam, dass ich ihr nicht mehr zuhörte, "Geht es dir nicht gut?" "Ich hab irgendwie Kopfschmerzen, ich geh kurz an die frische Luft. Wir sehen uns später.", log ich sie und alle anderen am Tisch an. Ich stand auf, nahm meine Tasche und verschwand in Windeseile aus der Mensa, während alle Blicke des Tischs mir folgten. Hier roch es sowieso immer ein wenig nach Abfall. Das war meine Gelegenheit. Außerdem hatte ich Biologie in der nächsten Stunde, was zufällig auch im Raum 118 statt fand. Ich wusste ganz genau, dass ich den Raum noch ungefähr eine Viertelstunde für mich allein hatte, bis die Stundenklingel erneut ertönte. Zeit, um endlich meinen Plänen für den heutigen Tag nachzukommen.

Chris POV

Mein Handy klingelte. "Junge, sei heute pünktlich Zuhause. Es gibt viel Arbeit für dich!", schrie die Stimme am Telefon so laut, dass es selbst der mir gegenübersitzende Adrian mitbekam. Es war mein Stiefvater und im Hintergrund konnte ich meine beiden kleineren Stiefbrüder hören. "Ja, direkt nach der Arbeit komme ich nach Hause.", antwortete ich etwas genervt und hörte nur, wie er mitten in meinem Satz auflegte. "Dein Stiefvater?", fragte mich Adrian besorgt. Ich nuschelte nur ein leises:"Wer denn sonst?" "Aber bald habe ich Geburtstag, dann bin ich endlich 18 und kann weg von alle dem hier und Physik studieren.", versuchte ich mich selbst etwas aufzumuntern, "Außerdem kann ich mir dann von dem Vermögen, was meine Mutter sich hart erarbeitet hatte, endlich eine eigene Wohnung suchen."

Manchmal vermisste ich sie wirklich sehr. Manche Tage ging es mir besser als an anderen, manche Tage waren so unerträglich, dass jeder Atemzug, in dem ich wusste, dass ich ich sie nie wieder sehen werde, einfach nur tief in meiner Seele schmerzte.

"Manchmal verstehe ich nicht, wieso du noch so lieb zu denen bist.", stocherte Adrian in seinem Essen herum. "Weil eben. Er meinte, dass er sonst das Geld verschwinden lassen würde.", nuschelte ich mit gesenktem Blick, "Ich bin mir sicher, dass er einen Weg findet es auszugeben." "Echt scheiße, man. Aber hey, wenn du reden willst: Ich bin immer da, Bro.", sagte er und ich spürte sofort, dass er sich Sorgen um mich machte. "Ich weiß... Danke.", nickten wir uns zu.

Ich sah wieder zum Tisch des Schwarms hinüber und entdeckte, dass Lauras Stuhl leer war. "Ich muss dann los.", sagte ich zu Adrian. "Warte, hast du heute Abend Zeit?", rief er mir noch hinterher, während ich schon am Gehen war, "Um 8 in Room Two?" "Wenn mich mein Vater lässt, ja", ging ich nochmal zu ihm zurück, da ich nicht durch den ganzen Speisesaal schreien wollte. In der nächsten Stunde hatte ich Biologie und da ich nicht wusste, in welchem Zimmer die Stunde statt fand, schlenderte ich ans schwarze Brett, um den Stundenplan zu mustern. "Zimmer 118", murmelte ich leise vor mich hin und machte mich auf den Weg.

Another Cinderella Story - Male VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt