Kapitel 5

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- am nächsten Tag -

Chris POV

"Und du weißt nicht, wer sie ist?", fragte mich mein bester Freund ganz aufgeregt. "Nein, ihren echten Namen hat sie mir nicht verraten, aber zum Glück kennt sie meinen auch nicht.", antwortete ich, "Mit mir und den Frauen ist es hoffnungslos. Trotzdem kam mir ihre Stimme so vertraut vor, als hätte ich mit ihr schon einmal gesprochen."

"Ach quatsch. Nur weil wir nie etwas mit Mädchen zutun haben, kommt dir das so vor. Gerade auf Room Two - da steht die Chance 1 zu eine Milliarde auf ein Mädchen zu treffen, man.", erzählte er. "Aber sie geht auf unsere Schule. Überleg mal, praktisch jede könnte es sein.", schauten wir uns um. "Ja, aber vielleicht, vielleicht ist sie auch einfach ein dicker 8 Jahre alter Junge, der vor seinem PC mit einer Packung Chips hockt und dich nur verarscht.", regte er sich etwas auf. "Bei dir werden die aber auch immer jünger.", versuchte ich die Stimmung wieder etwas aufzulockern. Wir lachten. "Ne, aber jetzt im Ernst, man. Lass lieber die Finger davon.", sagte er und seine Stimme klang sehr ernst.

Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche.

Hey Choc',
sorry, dass ich gestern so schnell los musste..
Wiederholen wir das heute?
-Lynsi

Sofort zeigte ich Adrian die Nachricht. "Siehst du!", freute ich mich. "Okay, da du sowieso nicht auf mich hören wirst, tue mir bitte trotzdem einen Gefallen.", sagte er besorgt. "Und welchen?", fragte ich nach. "Sei einfach vorsichtig. Keine Lust dich weinend vom Straßenrand zu kratzen.", wieder klopfte er mir auf die Schulter. Mittlerweile ist das ein bisschen zu einer Angewohnheit von Adrian geworden. Ich denke, dass er mir damit immer zeigte, dass er es nur gut mit mir meint.

Trotzdem wollte ich aus meinem Schuljahr etwas besonderes machen und ich war dieses Jahr endlich bereit etwas zu riskieren. Es war immerhin das letzte. Nach der Schule sind sowieso alle verstreut in der Welt, dass niemand mehr an einen Streber denkt, der sowieso schon kaum Beachtung bekommt. Die einen werden nach Australien gehen, soweit ich weiß. Der Rest hat sich schon ein paar Universitäten angeschaut. Ein paar von meinen Mitschülern werden vielleicht auch eine Ausbildung machen.

Adrian zum Beispiel wollte schon immer Zimmermann werden. Er hatte das handwerkliche Geschick, was ihm praktisch von seinem Vater, der selbst auch Zimmermann ist, und seiner Mutter, welche selbst schneidert, in die Wiege gelegt bekommen hat. Und ich? Ich wollte schon immer Physik studieren. Das war mein Traum. Den Schnitt hatte ich definitiv dafür. Ich musste also nur noch dieses Jahr überstehen.

Ich öffnete die Nachricht von Lynsi und bemerkte, wie sie mir ein kleines Lächeln entlockte. Während ich auf das Handy starrend den Gang entlang lief und die Antwort auf ihre Nachricht gerade abschickte, konnte ich zufälligerweise ein Gespräch zwischen Marie und Laura mithören.

Laura POV

"WAASSS?! Du gehst nicht mit Dustin zur Gala?", sagte Marie laut auf dem Gang, sodass es ihr unmittelbarer Umkreis mitbekam. Alle hörten für einen kurzen Moment auf zu reden. "Psscht, nicht so laut.", flüsterte ich. "Aber mit wem dann?", versuchte sie mich auszuquetschen. "Das bleibt bis Samstag ein Geheimnis.", sagte ich und schloss meine Schließfachtür. Wir gingen den Gang entlang und unmittelbar neben uns stand wieder dieser Streber. Am liebsten würde ich ihn fragen, ob er mit mir zur Gala geht, aber er würde es wahrscheinlich überall herum erzählen.

"Willst du es mir wirklich nicht verraten?", versuchte Marie auf Mitleid zu machen. "Keine Chance.", lachte ich sie an und wir gingen in unsere Kurse.

Mein Handy klingelte. Eine neue Nachricht von Choco. Obwohl ich noch nicht wusste, was in der Nachricht steht, freute ich mich total von ihm zu lesen.

Hey,
ja das fand ich auch.
Heute Abend? Ich bin 19 Uhr fertig mit der Arbeit; danach würde es bei mir passen.

Ich fing also an zu tippen:

Passt perfekt.
Sag mal, gehst du zur Gala am Samstag?

Ich ging in den Geschichtsunterricht. So ein unnötiges Fach - meiner Ansicht nach. Ich konnte mich noch nie für tote Menschen faszinieren, da ich mich immer mit den Lebendigen unter uns umgab. Aus diesem Grund war ich hier auch eher körperlich anwesend, als geistig. Wieder eine neue Nachricht von Choco.

Nein.
Ich hab keine Einladung.
Und die Garderobe für ein solches Event schon gar nicht. :D

Der Lehrer kam gerade an mir vorbei und ich ließ mein Handy schnell in meiner sehr geräumigen Federtasche verschwinden. "Frau Müller, würden Sie uns vielleicht die drei Phasen der französischen Revolution nennen?", fragte mich der Lehrer. Keine Ahnung, woher sollte ich das auch wissen. Ich wollte mich sowieso nach der zwölften Klasse von Geschichte für immer verabschieden. Mein Traum war es schon immer angewandte Naturwissenschaften zu studieren. Da ist ein bisschen von Allem drin, was ich liebe: Mathematik, Biologie, Astronomie, Chemie und vor allem Physik. Dazu wollte ich auch ein paar Literaturkurse als Nebenfächer belegen. Aber Geschichte kam in meinen Zukunftsplänen nicht wirklich vor.

"Beginn, Mittelteil und Ende?", ließ ich mir schnell eine Antwort einfallen. Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften wusste ich hier die Antwort nicht. In den anderen Fächern war es teilweise wirklich schwer sich so dumm zu stellen, wie ich es in Geschichte nun einmal war.

"Fast, aber auch nur fast, Frau Müller.", lächelte er mich höflich an. Das, was ich ihm eben als Antwort gab, war bestimmt völliger Blödsinn. Er lief in die andere Richtung des Klassenzimmers und fragte jemand anderen. In der Zeit holte ich mein Handy aus meiner Federmappe wieder hervor und schrieb Choco zurück:

Und, wenn dich jetzt jemand fragen würde, ob du mit ihm dahin gehst?
Was würdest du antworten?

Während ich die Nachricht tippte, musste ich mir mein Grinsen verkneifen. Sonst hätten nur wieder alle geschaut und gefragt, worüber ich mich so freue. Schon kam die Antwort von Choco:

Also ich mit einem 'er' würde ich zu so einer Festlichkeit nicht gehen.
Aber, wenn mich eine holde Dame begleiten würde, mit größter Freude.

Irgendwie brachte mich das auch zum Lachen. Ich brauchte mich nicht zu verstellen. Ich entschied mich ihn zur Gala einzuladen. Ich konnte schließlich nicht allein bei Marie aufkreuzen. Da hätten mich alle dafür ausgelacht. Trotzdem wollte ich gern mit ihm dahin gehen. Ich weiß nicht warum, aber es fühlte sich irgendwie richtig an; so als, würde mir das Schicksal etwas mitteilen wollen. Trotzdem wäre ich viel lieber mit Chris auf den Ball. Zumindest hätte ich ihn gern näher kennengelernt, aber das war nicht möglich. Nicht in diesem Leben.

Chris POV

Ich saß in der hintersten Ecke der Bibliothek in meiner Freistunde. Eigentlich wollte ich meine Freistunde sinnvoll damit verbringen mein Referat über die Relativitätstheorie fertig zu stellen. Trotzdem war es wesentlich schöner mit Lynsi zu schreiben. Ich fühlte mich auf eine seltsame Art und Weise von ihr verstanden, obwohl wir uns nur so kurz erst kennen. Es fühlt sich so an, als wären wir schon Jahre lang enge Freunde. Ich hatte meine letzte Nachricht kaum abgeschickt, vibrierte mein Handy wieder:

Besorg dir einen Anzug. Den Rest sprechen wir heute Abend ab.
Es sei denn... Du willst mit jemand anderen dahin gehen?
Das wäre für mich natürlich auch okay.

Laura POV

Was schreib ich da bitte? Für mich wäre es nicht okay. Ein bisschen traurig wäre ich schon, aber ich könnte es auch verstehen. Ich hab ihn damit ganz schön überrumpelt.

Ich nehme die Einladung dankend an.

"Frau Müller, können Sie mir sagen, was Napoleon für eine Person war?", bleib der Lehrer direkt vor mir stehen. "Ein Mann?", zuckte ich mit den Schultern. "Sehr lustig. Das nehme ich.", nahm er mir mein Handy weg, "Sie sollten sich mehr auf das Geschehen hier vorn konzentrieren." Zum Glück hatte ich es vorher gesperrt. "Sie können sich das am Ende des Tages bei mir im Büro abholen.", fügte er noch hinzu.

Another Cinderella Story - Male VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt