Kapitel 3

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4 Monate zuvor

Ich hasse es Dienstags nach der Schule Subway zu fahren. Es ist halb fünf und voll.
Menschen in Anzügen und Arbeitsröcken stehen eng neben mir.
Sie hätten meine Siamesischen Zwillinge sein können, so nah stehen sie bei mir.
Die Musik in meinen Ohren hätte nicht lauter sein können, und doch höre ich die Gespräche
der Menschen um mich herum.
Es ist ziemlich nervig. Und helfen tut es meiner Laune auch nicht.
Nach der fünf in Mathe ist diese eh schon im Keller angelangt.

Als ich meine Hand, mit der ich mich festgehalten habe wechsle,  entdecke ich sie.
Das hübsche Mädchen, das ich seit knapp nem Monat immer und immer wieder in der Subway sehe.
Sie sitzt jedes mal auf dem gleichen Platz.
Und jedes mal verhält sie sich gleich: Sie starrt auf den Boden, ihre Hände klopfen ruhig auf ihre Oberschenkel und ihr linker Fuß wippt leicht.
Es ist immer das gleiche. Immer.

Die ganze Fahrt über ist mein Blick auf sie gerichtet. 

Zwei Stationen bevor ich Aussteigen muss, tritt ein älterer Herr ihr auf die Füße.
Ich schaltete meine Musik aus, in der Hoffnung ihre Stimme zu hören.
Aber sie sagt nichts.
Die Augen des Mädchens weiten sich.
Geschockt sieht sie auf ihre Füße. Ich folge ihrem Blick - ihr linker Fuß hat aufgehört zu Wippen, er steht für ein paar Sekunden einfach nur still da, ganz normal.
Und Plötzlich fängt er wild an zu Wippen, unkontrolliert, ganz ohne Rhythmus.
Verwirrt schaue ich wieder hoch.
Das Gesicht des Mädchens ist nun nicht mehr gesenkt, nein.
Sie schaut mir direkt in die Augen.
Ihr Blick ist starr, nichts hätte es unterbrechen können.
Es scheint, als ob sie mich Fixiert hat,
es selbst aber gar nicht merkte.

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