>Halt still. <
Benommen starrte ich in seine tiefen grauen Augen. Ich verlor mich darin. Egal ob ich meine schloss und wieder öffnete. Ich sah seine Augen. Ich sah sie überall und betete das ich nicht auch noch davon träumen würde. Mein Kopf war nun vergleichbar mit zwei Säcken Zement. Er eierte umher, ohne Halt, ohne Verstand. Wie als ob ich bewusstlos bei Bewusstsein wäre.
> Still halten! Hab ich gesagt! <
Er tupfte mit einem feuchten Tuch meine Kopfwunde sauber. Das Wasser hatte er aus einer der Wasserflaschen. Uns ging das Wasser aus:> Ich verstehe nicht wie man so blöd sein kann. Was denkst du wer du bist? Silvester Stalone? Bist du komplett bescheuert? Mädchen, jetzt halt still! Mach das nie wieder! NIE WIEDER! <
Er war genervt, laut, sauer, was weiß ich noch alles. Und er schrie. Er nahm mein Gesicht unsanft in seine linke Hand und schrie auf mich ein. Immer und immer wieder. Wie dumm ich doch war, dass ich verdammt nochmal nie wieder eine Waffe auch nur ansehen sollte. Naja, wenigstens redete er. Wenigstens beschäftigte er sich mit mir. Wenigstens lebten wir noch. Schon ziemlich bitter, wenn man als 18jährige solche Gedanken hatte. Es klang bald so als wäre ich eine von ihrem Mann geschundene, geschlagene Ehefrau. Hauptsache lebend. Mit Narben. Mit Tränen die schwer in den Augen hingen, mit Blut, Verletzungen. Einem pochenden, explodierenden Schädel. Er gab sich alle Mühe einmal nicht ganz so grob zu sein, doch seine Berührungen taten weh, so weh, dass ich mir jedes Mal selber zureden musste das er mir gerade half und NETT war. Meine Blutung hatte aufgehört und es sah nicht so aus als würde er das Nähzeug auspacken um sich mütterlich ans Werk zu machen. Also war es doch nicht so schlimm. Gott, wie tat es weh, doch Gott ich atmete! Meine Augen fielen zu. Aber ich wollte sie offenhalten. Denn ich wollte seine nicht sehen, beziehungsweise doch. Aber in echt. Gerade jetzt, nah an meinem Gesicht. Auch meine Knie schmerzten. Dadurch das ich auf dem Sitz so herumgewirbelt wurde sind sie wieder aufgeschürft. Es brannte wie Hölle. Mit wässrigen Augen sah ich mir ihn an. Sein Blut lief an seinem Hals herunter und färbte sein Shirt rot. Sein Auge, dass ich ihn blau geschlagen hatte, schien aber gut zu heilen. Der Schnitt, an dem ihn die Kugel gestreift hatte war auf derselben Seite. Es war als hätte er zwei Seiten. Die eine verwundete, schreckliche, verletzliche Seite und die Andere. Die Schöne, die Perfekte, die so von Eis und Mauern überschattet war, dass es fast weh tat. Er war schön. Alles an ihm. Was machte seine Seele? War sie weg? Ich stellte mir vor, wie er so wäre, wenn ich ihn richtig sehen könnte. Nicht nur bis vor die Stirn. Was tat ich hier? Mich hatte es ganzschön erwischt. Hoffentlich waren das ausschließlich die Verletzungen: > Hey. Hey! Nicht einknicken! <
Er griff hinter mich. Griff nach seiner Tasche. Holte etwas hervor. Wasser und eine kleine weiße Tablette. Dann griff er nach vorn, zu seinem Kaffeebecher. Er goss Wasser ein und schmiss die Tablette hinterher. Sie löste sich sprudelnd auf, dann reichte er es mir. Als er merkte das ich nicht zugreifen konnte, hielt er den Becher vorsichtig an meinen Mund. Ich presste meine Lippen aufeinander. Plötzlich sah er mich verwirrt an und setzte ab. Dann wurde ihm meine Reaktion klar. Wenigstens wusste es einer von uns beiden:> Es ist nur eine Schmerztablette. Aus meiner Brieftasche. Es sind meine. Die Letzte. Da ist nichts drin. Trink es, es hilft. <
Ich trank. Schluckte hastig, bis auf den letzten Tropfen. Es schmeckte sogar noch leicht nach Kaffee. Wie ich Kaffee hasste. Aber Durst hatte ich und wie. Meine Augen fielen zu und ich fiel in einen endlos langen traumlosen Schlaf.
Nachdem wir den roten Wagen abgehängt hatten, fuhren wir noch ein ganzes Stück. Wechselten oft die Richtung. Ich war mir sicher, dass er mit mir hier eigentlich nicht lang wollte, aber wir mussten fliehen. Warscheinlich wiegte er sich in Sicherheit, als er irgendwo anhielt, mich vom Beifahrersitz zurück auf die Rückbank hievte und verarztete.
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Umwege
RomanceNichts ist wie es scheint. Doch das ist nicht unbedingt schlecht oder ? Um den richtigen Weg zu finden, muss man manchmal vom Weg abkommen. Penelope ist blutjung. Sie will raus ins Leben. Doch leider kommt eine Entführung dazwischen. Sie muss sich...