Kapitel 9

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Manchmal.

Manchmal beobachtete ich ihn. Sah ihm nach. Wie er sich bewegte, wie er aß oder Oben ohne umherlief oder mit welcher Leichtigkeit er den Wagen steuerte. Sein Blondschopf wurde länger, mit jedem Tag. Manchmal, wenn wir lange durchfahren mussten, wuchs ihm ein Drei-Tage Bart. Danny hatte recht. Sein Gesicht wirkte älter als es war. Es wirkte reifer, ernster, aber selbst das stand ihm. Ich gewöhnte mir an ihn in Gedanken, still für mich Danny zu nennen. Meine Mama sagte oft ich hätte solch ein bildschönes Gesicht, mir würde sogar der albernste Hut stehen. Linchens Antwort darauf war nur, als ich diesen trug: >Alter, ich habe noch nie sowas Bescheuertes gesehen Mäuschen. <

Ich gab ihr zwar recht und meiner Mutter nicht, aber ich wusste was sie meinte, jeden Morgen, wenn ich mich gezwungen fühlte in sein Gesicht zu sehen. Er schien perfekt. Er sabberte nicht einmal im Schlaf. Er schlief sogar neben mir. Selten, als Kaffee und Schnaps nicht mehr halfen. Er setzte sich hin, tippte auf seinem IPhone herum und schlief dabei ein. Ich sah ihm zu. Die ganze Zeit tat ich nichts anderes außer ihm hinterherzuschauen oder aus dem Fenster zu sehen. Er ließ mich seine Musik auf dem Stick durchstöbern. Viele Lieder waren meine. Das meiste war Musik, die mir gefiel. Bis auf The Darling Buds und Solos von Jamie Campbell Bower., die er wiederum durch mich entdeckt hatte. Die ich nun auch sehr mochte. Es war als bestünde er nur aus Arbeit, aus seinem Job, aus mir. Mein bildschöner Entführer, der Meister darin privates und berufliches zu trennen.

Manchmal spielten wir wieder Schach. Alles was ich gesagt bekam war: > Du wirst besser. <

Dann lachte ich und biss mir auf die Lippe. Oder aber: > Du wirst schlechter. <

Dann rollte ich meine Augen und schmunzelte. Jedes Mal verlor ich. Er war der Fuchs, raffiniert, aufmerksam und hinterlistig. Als bestünde sein Leben darin dieses eine Spiel zu gewinnen. Alles was er tat nahm er ernst. Wirklich alles.

Eines nachmittags wachte ich auf und der Wagen stand. Was ungewöhnlich war, da es mitten am Tag war. Danny klemmte auf dem Fahrersitz. Seine schwarze Kappe war zu sehen. Seine Füße lehnten auf dem Armaturenbrett. Langsam schlich ich mich an. Er spielte Candycrush. Seine Finger ruhten gerade. Er fand kein Paar mehr, welches er ineinanderschieben konnte. Plötzlich tippte ich auf das Display. Es war, als steuerten meine Finger es ganz von selbst an. Eigentlich hätte ich mich das niemals gewagt, doch jetzt war es geschehen. Er zuckte nicht einmal, als wüsste er das mein Kopf über seinem weilte und meine Arme seine Schultern fast berührten. Als würde er nur lauern, bis meine Finger schnappten, oder als würde er warten bis irgendetwas passierte, ganz gleich was es war. Doch, als ich merkte wie nah ich ihm war, als mein Körper wieder heftig zu zittern begann, als ich mich gerade wieder entfernen wollte, hob er seinen Kopf und sah mich mit leuchtenden Augen an. Sie funkelten wie Sterne. Silberne Sterne. Seine Augen bestanden nicht nur aus einem Grauton, sie besaßen einen tiefsilbernen Rand, als gewährten sie den Sternen in seinen Augen Schutz. Daniel hatte keine Augen, Danny besaß Sterne. Leuchtende Silbersterne. Er sah mich an, als würde er mich fragen. Als würde er mich fragen, wie er reagieren sollte. Ich glaube sogar er wollte wütend sein, er wollte ein Arschloch sein, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Ob es die Sterne waren?

Seine muskulöse Brust hob und senkte sich schneller. Schneller und schneller. Der Blondschopf sah mich an und alles was ich betrachtete, alles woran ich dachte, waren die Sterne. Es war wie ein Schock, wie eine Droge. Wie ein stetiger Hunger nach diesem Anblick, nach den Sternen. Noch eine Sekunde länger und ich wäre auf ihn heraufgefallen. Meine Knie zitterten. Als bestünde ich aus Brausepulver. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz. Seine Augen brannten sich in meinen Rücken, er beobachtete jeden meiner Schritte.

> Ich hasse Candycrush. <

Jetzt lachte ich. Danke Gott für seine Worte: > Ich auch. <

UmwegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt