4. Kapitel

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*Niall*

Mit dem Kopf an Harry's Schulter gelehnt, war sie auf mir sitzend eingeschlafen. Zwar waren ihre Augenbrauen immer noch zusammengezogen, doch allgemein sah sie nun ruhiger aus. Ihr Atem ging langsamer, um ihren Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab. Sie hatte wunderschöne, volle Lippen. Ich hätte wetten können, dass diese auch weich waren. "Halt, Niall! An was denkst du denn bitte? Weiche Lippen? Hallo, du kennst sie erst seit heute Mittag und du denkst schon an ihre Lippen?", meldete sich eine fiese kleine Stimme in meinem Kopf. Ich schüttelte langsam den Kopf. Wie konnte ich bloß auf solche Gedanken kommen?

Harry und Louis hatten nach der Cola nun einen Energieschub und zankten sich über Liam hinweg, der leider zwischen ihnen sitzen musste. Nervös wippte er mit dem Fuß auf und ab. Ich konnte mir vorstellen, dass er große Lust verspürte aus dem Wagen zu steigen und ihnen endlich aus dem Weg zu gehen. Doch dazu kam es leider nicht, denn als wir endlich in Holmes Chapel angekommen waren und Paul wieder weg gefahren war, verschwand Anne in ihr Zimmer, sie musste noch etwas am Telefon besprechen, Zayn verschwand im Park, er würde noch mit Perrie telefonieren und ich hatte den Auftrag bekommen, Sophie auf ihr Zimmer zu bringen. Sie schlief trotz des Lärms, den Harry und Louis veranstalteten, tief und fest. Liam packte Harry und Louis beim Kragen und verfrachtete sie in ihr Zimmer. Die beiden benahmen sich ab und zu wie Kindergarten-Kinder, und ich meine nicht die von der guten Sorte! Seufzend öffnete ich mit einem Fuß Sophie's Zimmertür. Anne hatte das Zimmer designed, und die Arbeit ziemlich gut hingekriegt. Ich legte die tief-schlafende Sophie in ihr Bett, als ich sie zudecken wollte, rutschte eines der Pullover-Ärmel hinauf und entblöste zig Narben auf ihrem linken Arm. Ich keuchte auf. Eine verzweifelte Stimme in meinem Kopf schrie "Selfharm! Selfharm! Selfharm!", eine andere schrie ich solle ruhig bleiben, doch mein Magen rebellierte und ich musste mich ins Badezimmer stürzen um mir dort die Seele aus dem Leib zu kotzen. Nicht dass ich Personen, die sich selbst verletzten, verabscheute, nein! Ich hatte mich selbst mit dem Thema konfrontieren müssen, als meine beste Freundin so eine Phase hatte, doch ich fand es widerwärtig wie die heutige Gesellschaft unsichere Mädchen dazu brachte, sich selbst zu verletzen.

Nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte um den Geschmack an gespiebenem zu verjagen, wusch ich mir noch kurz das Gesicht und entschloss mich kurzer Hand in mein Zimmer zu gehen. Um dahin zu gelangen musste ich an Sophie's Zimmer vorbei, welches vor ihrer Ankunft ein Büro war. Ich lauschte kurz an ihrer Tür. Ich hatte kurz davor ein Geräusch gehört, war mir aber dabei nicht sicher. Sicherheitshalber öffnete ich die Tür und ging leise ins Zimmer. Sophie schlief noch, wandte sich im Schlaf aber unruhig hin und her, dabei leise wimmernd. Ich näherte mich ihrem Bett und beobachtete sie. "Mom!", murmelte sie. Sie wiederholte sich noch ein, zwei Mal, beim dritten Mal schrie sie fast. Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich versuchte sie zu wecken, rüttelte sie dabei an ihrer Schulter. Panisch fuhr sie hoch.

"Niall!", sagte sie nur, sichtlich verwirrt von meiner Anwesenheit. Ich entschloss mich, ihr Gesellschaft zu leisten, ging zurück zur Tür und schloss diese. "Darf ich dir Gesellschaft leisten?", fragte ich sie und errötete in der Dunkelheit. Langsam und ein wenig unsicher nickte sie. Ich zog mir die Jeans aus und legte mich zu ihr ins Bett. Glücklicherweise war das Bett breit genug für zwei Personen. "Hattest du einen Alptraum?", fragte ich sie vorsichtig. Ich wusste gar nichts vom Tod ihrer Eltern, außer, dass sie in einem Autounfall ums Leben gekommen waren, Hazza hatte es mir netterweise erzählt. Sophie nickte leicht. Ihre Stimme zitterte als sie sprach. "Ich habe von meiner Mutter geträumt, wie sie stirbt. Ich war beim Unfall nicht dabei, wir hatten uns gestritten...", ihre Unterlippe zitterte nun auch. Sie atmete tief ein und beruhigte sich wieder, "Wir haben wegen einer verdammten Party gestritten, und dann ist sie gestorben, ich konnte mich nicht einmal bei ihr entschuldigen... Ich fühle mich so verdammt scheiße!"
Nun kullerten ihr unzählige Tränen auf den Wangen. Ich wischte sie weg.
"Shht! Sophie, ich bin mir sicher, dass es ihr nun gut geht, im Himmel oder so!", ich war nie gut im trösten, und nun bereute ich es den Mund geöffnet zu haben. Ich nahm sie in den Arm, und sie vergrub ihr Gesicht in mein t-Shirt. Beruhigend streichelte ich ihren Arm. Plötzlich fing sie an unkontrolliert am ganzen Leib zu zittern.
"Sophie?", fragte ich unsicher. Ein wimmern kam aus ihrem Mund.
"Es ist alles okay, Sophie, alles okay!", sprach sie zu sich selbst. Ich hielt sie noch fester. Plötzlich ging die Tür auf und Anne stand im Zimmer.
"Sophie!", sagte sie, "Ich habe die Zeit total vergessen,..."
Sie verstummte und schaute mich verwirrt an, hatte sich aber kurz darauf wieder im Griff und überquerte schnellen Schrittes das Zimmer, aus einem Beutel, den ich nie zuvor gesehen hatte, fischte sie eine Spritze heraus und ein Fläschchen mit einer Creme-farbigen Flüssigkeit. Sie füllte die Spritze damit und nahm Sophie's Arm. Sophie zuckte leicht zusammen, als Anne die Nadel direkt in eine Ader einführte. "Beruhigungsmittel.", erklärte mir Anne. Gleich darauf lockerte sich Sophie's griff um meinem Arm und ihre Atemzüge gingen regelmäßiger. Nach einigen Minuten weinte sie auch nicht mehr. Anne ging langsam zur Tür rüber, wünschte uns noch eine Gute Nacht und warf mir einen tadelnden Blick zu. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hob Sophie noch kurz den Kopf. "Danke, Niall!", flüsterte sie mir ins Ohr. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich lag noch gefühlte zwei Stunden wach im Bett und passte darauf auf, dass Sophie auch schlief. Als sie sich dann im Schlaf noch enger an mich schmiegte, war ich mir sicher, dass sie durch schlafen würde. Ich schloss die Augen und driftete gleich darauf ins Land der Träume, das bei mir aus fliegenden Pancakes und Chips bestand, Skittles wuchsen auf Bäumen, und Gitarren auf Sträuchen, irgendwo, in diesem Wirr-Warr aus Essen und Musik lag ich, in einem Feld aus glücklichen Sonnenblumen, ja, Sonnenblumen können glücklich sein.
Ich erwachte langsam aus meinen Träumen, weil mich irgendetwas an der Nase kitzelte. Verschlafen öffnete ich zuerst das eine und dann das andere Auge, und erschrak. Auf zwei Zentimeter Abstand von meiner Nase sprangen mir Harry's Grüne Augen entgegen. "Harry! Hast du mich erschrocken!", keuchte ich auf.
"Was machst du im Bett meiner Schwester?", hakte er nach. Ach ja, ich war ja Gestern zu ihr ins Bett gegangen.
"Ehm, sie hatte einen Alptraum!", erklärte ich. Errötend setzte ich mich auf. Harry rollte sich von mir runter.
"Komm, bevor die Jungs alles auf essen! Ich habe uns Spiegeleier mit Bacon gekocht!", sagte er und lockte mich damit wortwörtlich aus dem Zimmer. Ich zog mir noch schnell die Jeans an, die ich am gestrigen Abend ausgezogen hatte und ging schnell in die Küche herunter. Der Geruch von Bacon und Spiegeleier stieg mir in die Nase und mein Magen knurrte.

Broken Angel In The Sky...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt