Kapitel 29 - Angst siegt über Liebe

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Alexander's PoV

Langsam öffne ich meine Augen. Irgendwas holt mich zurück in die Realität. Ich kann nicht erkennen, wer es ist. Warum hat man mich zurückgeholt? Ich wollte das doch nicht.

Irgendjemand berührt mich. Ich habe Panik davor. "Bitte lass mich in Ruhe. Geh weg, geh weg."

Die Person hört nicht auf.

Ich schlage und trete mit Händen und Füßen. Ich will allein sein.

"Du bist wach, Alec."

Ich nehme die Stimme wahr, doch ich kann sie nicht zuordnen obwohl sie mir bekannt vorkommt.

"Alec! Ich bin es. Izzy. Deine Schwester. Hörst du mich?"

Sie nimmt mich in den Arm. Das versetzt mich wieder in Panik. Ich schubse sie weg. "Lass mich in Ruhe! Fass mich nicht an!" Schreie ich.

Izzy's PoV

"Was ist nur los mit ihm, Magnus?"

"Ich habe da so eine Ahnung. Er wurde bestimmt von Valentine und Lydia so schlimm gefoltert, dass er jede aber auch wirklich *jede* Berührung ablehnt."

"Was können wir dagegen tun?" Frage ich besorgt. Alec hat die Bettdecke über seinen Kopf gezogen. Ich spüre die große Angst, die tief in ihm stecken muss.

"Zum ersten Mal in meinem langen Leben bin ich ratlos, Izzy."

"Denkst du, dass er einfach nur Zeit braucht?"

"Vielleicht wäre es besser, wenn er in psychologische Behandlung geht." Schlägt meine Mum vor.

"Gibt es einen Psychologen unter Shadowhuntern?"

"Nur einen und seine Methoden sind etwas ungewöhnlich."

"Wie ist sein Name, Mum?"

"Er heißt Dr. Victor Aldertree. Er ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Ich rufe ihn sofort an."

Ich kann beobachten, wie Mum ihr Handy zückt und eine Nummer wählt. Sie stellt auf Lautsprecher, sodass wir alle mithören können.

"Sie sprechen mit der Praxis von Dr. Victor Aldertree. Mein Name ist Heidi MacKenzie. Wie kann ich helfen?"

"Hallo Mrs. MacKenzie. Mein Name ist Maryse Lightwood. Wir brauchen dringend die Hilfe von Victor Aldertree. Es geht um meinen Sohn Alec. Er hat Schlimmes durchlebt und lehnt jede Berührung ab."

"Ich schicke ihn sofort vorbei. Er ist in zwanzig Minuten da."

Sie legt zuerst auf und dann meine Mum.

Zwanzig Minuten später trifft Dr. Aldertree ein.

"Hallo Mrs. Lightwood. Es freut mich, sie endlich persönlich kennenlernen zu dürfen."

"Die Freude ist ganz meinerseits. Wie sieht Ihre Behandlung aus?" Beide reichen sich die Hände.

"Zuerst muss ich erst einmal wissen, was genau passiert ist."

"Das kann ich Ihnen schildern, Dr. Aldertree." Wirft Magnus ein.

"Sehr gerne. Dann legen Sie mal los."

Eine halbe Stunde später weiß Dr. Aldertree alles, was er wissen muss.

"Das ist echt ein harter Fall aber ich bin bereit, mich der Sache anzunehmen. Wollen Sie mich unterstützen Mr. -?"

"Bane. Magnus Bane."

"Es freut mich, dass Sie mich unterstützen wollen. Alec ist wohl wegen diesem Vertrauensverlust in diesem Zustand. Ich werde am Anfang versuchen, auf ihn einzureden. Sie werden ihn zwischendurch sanft berühren aber nur mit dem kleinen Finger. Immer schrittweise. So will ich ihn wieder dazu bringen, dass er Berührungen von Leuten annimmt, die er kennt und liebt."

"Denken Sie echt, dass das funktioniert?" Fragt meine Mutter.

"Ja schon aber es wird ein langer und harter Weg." Sagt Dr. Aldertree.

"Wie lange denken Sie, dass er brauchen wird?" Fragt Magnus.

"Mindestens ein Monat."

"Ein Monat?" Frage ich schockiert.

"Leider ja aber diese Zeit wollen Sie ihm doch geben. Nicht wahr?"

"Er bekommt alle Zeit der Welt. Wie soll er essen und trinken zu sich nehmen?"

"Die Krankenschwester hat ihm eine Infusion mit Flüssigkeit und eine Magensonde gelegt. Er wird künstlich ernährt. Das bekommt er so lange, bis er bereit ist, was zu sagen oder jemanden an sich ranzulassen. Sie benötige ich heute nicht mehr, Mrs. Lightwood und das junge Mädchen neben Ihnen auch nicht. Heute möchte ich nur mit Mr. Bane arbeiten."

Mum und ich verstehen sofort und gehen.

Victor's PoV

Ich sehe das Leid des armen Jungen in seinen Augen. Ihm muss echt was Schreckliches angetan worden sein.

"Hi Alec. Ich bin Dr. Aldertree. Magnus ist bei mir. Wir wollen dir helfen, dass du wieder mit uns redest und du dich auf Berührungen einlässt."

Magnus sieht hoffnungsvoll zu dem jungen Shadowhunter. Ich sehe es in seinen Augen, dass er den Shadowhunter nicht verletzen wollte. Er bereut es wirklich zutiefst.

"Ich werde dir einfache Fragen stellen, die du nur mit einem Nicken oder einem Kopfschütteln beantworten brauchst. Hast du das verstanden?"

Geduldig sehe ich ihn an und bemerke ein leichtes Nicken von ihm. Es ist nicht viel aber immerhin schon etwas.

"Hast du Angst vor Valentine?"

Er nickt und zieht seine Decke enger an sich.

"Shhhhhhhh. Es ist schon gut. Er kann dir nichts mehr tun."

Er lugt etwas aus seiner Decke heraus. Er scheint mich schon akzeptiert zu haben.

"Kennst du Magnus? Er sitzt neben dir."

Wieder nickt er und dreht seinen Kopf zu ihm.

"Erlaubst du Magnus, dass er deine Hand streichelt?"

Alec schüttelt den Kopf. Das war vorherzusehen.

"Liebst du Magnus?"

Er zückt mit den Schultern.

"Was soll das bedeuten?" Fragt mich Magnus.

"Das bedeutet, dass er noch keine Gefühle hat außer der Angst."

Ein Schwerer FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt