Pov. PatrickIch erzählte den anderen nichts von Manus und meinem kleinen Dilemma, doch ich dachte die ganze Zeit nach, weshalb ich schwieg und mich nicht wie sonst in die Unterhaltungen der anderen einmischte.
Justin fiel das auf.
Ich stochere gerade lustlos in meinem Mittagessen herum, als er sich plötzlich an mich wendet und besorgt fragt: "Hey, was ist los? Du bist heute so still. Geht's dir gut?
Ich denke zuerst nicht mal, dass er mich meint, doch als auch Hendrik mich antippt, sehe ich auf. "Hm? Meint ihr mich?" Die beiden sehen mich fassungslos an. Als wäre ich besessen oder so etwas. "Wen sonst? Du stierst die ganze Zeit nur vor dich hin und siehst nicht gerade glücklich aus. Müssen wir uns Sorgen machen?" Ungläubig sehe ich die beiden an. War es wirklich so offensichtlich? Da die beiden immer noch auf eine Antwort warten, sage ich: "Alles gut, ich bin im Moment nur ein bisschen in Gedanken. Ihr müsst euch aber keine Sorgen machen." Wow, glaubhafter gings wohl nicht. Das denken wohl auch Hendrik und Justin. Doch eines der unausgesprochenen Gesetze hier in der Gruppe ist, dass wenn man nicht über etwas reden möchte, muss man das auch nicht. Immerhin akzeptierten sie mich als einer der ihren. Wieder in meinen Gedanken gefangen, bin ich wieder einmal an dem Punkt angekommen, an dem ich seit ca. drei Stunden hänge.Wie gehe ich damit um? Ich meine, in unserem Alter ist ein Kuss nicht gerade bedeutsam, aber für Manu schien er sehr bedeutsam gewesen zu sein. Warum hat er mich überhaupt geküsst? Ich habe mich schon von Anfang an schuldig gefühlt, wenn die Jungs und ich Manu und Maurice verkloppt haben, aber jetzt, denke ich nicht, dass ich das Ganze weiter mitmachen kann. Ich weiß ja nicht mal, was die zwei überhaupt verbrochen haben, damit sie sowas verdient haben. Bei uns war es immer so, dass man erst mal einen Grund dafür haben musste, um jemanden zu verprügeln. Ansonsten war man der ehrenloseste Hund der ganzen Stadt. Hier schlägt man alles, was nicht bei drei aufm Baum ist. Und alle sagen, Dorfkinder wären sozial. Ahja. Der Tag zieht sich wie Kaugummi, doch um halb drei stehe ich endlich an der Bushaltestelle in Moorbach. Hinter mir steigt gerade Maurice aus. Heute scheint er mit zu Manu zu gehen. Den ganzen Weg über spüre ich seinen stechenden Blick im Rücken. Ich biege nach links in unsere Einfahrt ein.
"He, Patrick! Warte mal kurz!" ,ruft Maurice mir hinterher. Mit einem genervten Gesichtsausdruck drehe ich mich zu ihm um und sehe ihn herausfordernd an. 'Niemals eine Gefühlsregung zeigen! Beherrsche dich!'. So überlebt man solche Aktionen, die Gefühle vor den Taten abschirmen, habe ich mir von Justin sagen lassen. "Was will so ein Loser wie du von jemandem wie mir? Verzieh dich mit der Schwuchtel und lass mich gefälligst in Ruhe! Oder muss ich nachhelfen?" Bedrohlich laufe ich auf die beiden zu. Manuel hat schon von Anfang an den Kopf gebeugt und bittet Maurice jetzt leise, das ganze doch sein zu lassen. Er sagt auch irgendwas von wegen es würde doch sowieso nichts bringen. Jetzt stehe ich fast vor ihnen, ich sehe die Angst in den Augen beider, dessen wohl bewusst lächle ich provozierend und hebe dazu eine Augenbraue.
Ich sehe Maurice schlucken, doch unüberlegt wie er ist, kann er seine Klappe nicht halten. "Wo liegt dein scheiß Problem? Was haben wir dir getan? Lass uns in Ruhe, vor allen Dingen lass Manu in Ruhe!" Als Brüllen kann ich das wohl kaum einstufen, ich werde es auf hysterischem Kreischen beruhen lassen. Unbeeindruckt sage ich mit halbwegs ruhiger Stimme: "Hör mal zu du kleines Miststück, ich lasse mir weder von dir noch von deinem kleinen Freund hier sagen, was ich zu tun habe. In Zukunft unterlässt du das also besser, ansonsten wird es für Manuel noch unangenehmer als es sowieso schon ist. Ich weiß nämlich etwas, das du nicht weißt. Und wenn ihr nicht vorsichtig seid, weiß es bald die ganze Schule! Mal sehen, was dann passiert."
Mit diesen Worten wende ich mich zum Gehen und als ich schließlich vor der Haustüre stehe, drehe ich mich nochmal um und winke den beiden Lauchgestalten zu. Ich hätte nicht gedacht, das der Tag doch noch so einen schönen Höhepunkt haben würde. Geschockt von meinen eigenen Gedanken bleibe ich stehen, um mich selber dafür anzuschnauzen, was mir eigentlich einfällt, so zu handeln. Maurice hat ja recht, sie haben mir nichts getan. Und ich behandele sie wie den letzten Dreck. Doch ich musste es tun. Andernfalls kann ich mich schon bald den beiden anschließen, wenn sie mal wieder nach einer ereignisreichen Pause das Zimmer der Schulsanitäter aufsuchen müssen. Und daran will ich nicht denken. Und manchmal muss man eben Sachen machen, die einem nicht gefallen.
Am Abend bin ich noch bei Hendrik eingeladen, eigentlich ist die ganze Schule hier. Das hier erinnert mich daran, dass ja auch bald unsere Nachbarschaftsparty ansteht, also suche ich die Jungs und finde sie auf der großen Couch im Wohnzimmern. Ich schmeiße mich neben Kevin, der schon mehr als angetrunken ist. Ich beobachte die anderen, jeder von ihnen hat mindestens ein Mädchen aufm Schoß sitzen. Schon bald bin ich ein nicht sehr qualitativ hochwertiges Gespräch mit Kevin verwickelt und mitten im Satz fällt mir wieder ein, was ich eben verkünden wollte. Also wende ich mich an Jason, Hendrik, Steven und Justin und sage so laut, das der Bass meine Worte nicht mehr unkenntlich macht: "Im übrigen schmeißen meine Eltern so ne Art Einweihungsfeier für die Nachbarn, ihr seid natürlich auch alle fünf herzlichst eingeladen! Ich werde euch als seelischen Beistand brauchen."
Alle außer Justin nehmen diese Aussage nur mit einem Nicken zur Kenntnis, er jedoch springt auf und wirft sich mir um den Hals. Manchmal ist er wie ein kleines Kind und ein Mensch mit extremen Stimmungsschwankungen gleichzeitig. "Das find ich toll, dass wir da sein dürfen! Find ich wirklich ganz dolle toll!" Auch er ist nicht mehr sehr klar, also tue ich seinen plötzlichen Gefühlsausbruch mit einem Nicken ab und klopfe ihm auf die Schulter. Laut Hendrik hat Justin es nicht gerade leicht zu Hause und ist deswegen so anhänglich. Als ich einen Blick auf mir spüre, hebe ich den Kopf und sehe Jason, der mich und Justin ein bisschen so anguckt, wie ein stolzer Vater. Schnell lächle ich und wende dann meinen Blick von ihm ab.
Es wird immer später, es kommen komischer Weise immer mehr Leute und schließlich verziehe ich mich in den Garten, weil ich ganz dringend frische Luft brauche. Zum Glück habe ich an diesem Abend nicht so viel getrunken, da morgen Schule ist und ich nicht unbedingt mit einem Morzkater im Matheunterricht hocken möchte. "Na, was machste?" ,höre ich die Stimme von Jason hinter mir. "Ach, ich bin nur froh, dass ich morgen nicht derjenige bin, der mit Kopfschmerzen in Mathe sitzen muss" ,lache ich und Jason stimmt mit ein. Es ist so ziemlich das erste Mal, das ich unter vier Augen mit ihm reden kann. "Du Patrick, ich wollte dir noch was sagen." Erwartungsvoll sehe ich den Bandenführer an und er fährt fort, nachdem er einmal tief Luft geholt hat. "Also, ich muss ehrlich sagen, dass du ein sehr gutes Mitglied unserer Clique geworden bist. Ich bin wirklich stolz auf dich und ich wollte mich zudem noch wegen der Sache im Moor entschuldigen. Nur weil du nicht von hier bist, habe ich dir nicht vertraut, und das ohne Grund. Also, mir tut es aufrichtig leid."
Etwas überrascht sehe ich zu ihm auf und sehe die Reue in seinen Augen. Es kommt nicht oft vor, dass Jason sich entschuldigt. Und mit nicht oft meine ich nie. "Halb so wild, ich war ja der Dummkopf, der auch wirklich reingesprungen ist. Dich trifft keine Schuld. Mach dir keine Vorwürfe!" Er lächelt mich dankbar an, klopft mir auf den Oberarm und begleitet von einem leisen 'Danke' ist er wieder im Haus verschwunden.
Ich fahre mit meinen rauen Händen über mein Gesicht und mir wird klar, dass ich es geschafft habe, wirklich zu der höchsten Gang der Schule dazu zugehören.. Nicht nur das, auch werde ich jetzt als festes Mitglied und als Freund akzeptiert und respektiert. Wenigstens etwas läuft mal gut.
Einen wunderschönen guten Tag/Abend/Morgen/Mittag, je nachdem, wann ihr das lest. Ich hoffe, ihr seid alle gesund und bleibt es auch! Schöne Ferien und frohe Ostern, bis hoffentlich bald, eure lima0080!
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Das Stadtkind - Kürbistumor Fan Fiction
FanficAls der 16-jährige Patrick gezwungen ist, mit seinen Eltern aufs Land zu ziehen, beginnen für ihn schwere Zeiten. Kein Netz, kein PC, kein Fernseher- eben ein Dorfleben wie aus dem Bilderbuch. An seinem ersten Tag lernt er Manuel kennen. Nichts gro...