Wo bist du?

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Lance POV
Völlig erschöpft saß ich auf dem Sofa in meinem Zimmer. Hunk hatte tröstend einen Arm um mich gelegt und Pidge gab mir eine heiße Tasse Tee. Dankbar sah ich sie an. Der Tee wärmte mich von innen heraus und schmeckte nach Vanille. Shiro lief derweil unruhig in meinen Zimmer hin und her, wie es seine Art war. Niemand von uns sagte ein Wort. Insgesamt war die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Wir hatten den ganzen Wald, den Canion drumherum und Keiths Wohngegend abgesucht. Dabei hatten uns die Polizei und ein Teil des Garrison-Sicherheitdienstes geholfen. Nichts. Er war einfach verschwunden. Ohne irgendeinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort zu hinterlassen. Mittlerweile gingen alle von einer Entführung aus. Und ich saß hier und erlitt ein Trauma. Ich hatte schon wieder eine geliebte Person verloren. Und noch dazu war ich jetzt komplett machtlos. Kein Löwe, kein Voltron. Nur ich. Na ja, ich hatte ja noch meine Freunde. Doch auch diese mussten nach Hause. Hunk erbarmte sich schließlich als Letzter bei mir zu bleiben, bis ich ihm sagte es würde schon gehen und er müsse sich keine Sorgen um mich machen.
Also umarmte er mich zum Abschied fest und sagte mir, dass wir Keith schon finden würden. Stumm nickte ich, lächelte ihn aber an. Ich versuchte es zumindest. Von meinem Fenster aus sah ich ihm noch nach, bis ich die Lichter seines Geländewagens nicht mehr sehen konnte. Dann stand ich auf und zog mir einen Pullover und meine Sneaker an. Ich brauchte einfach frische Luft und ein bisschen Ruhe. Schnell holte ich meine alte Strickleiter unter meinem Bett hervor und öffnete mein Fenster. Ein lauer Sommerwind und der Geruch nach Salzwasser schlugen mir entgegen und ich schloss kurz die Augen. So roch Heimat. Auch wenn Keith für mich verlockender roch. Ähhhh...Ja. Streichen wir den letzten Satz einfach. Sorgfältig machte ich das eine Ende der Leiter an den kleinen Haken in meinem Fensterbrett fest. Mit meinem großen Bruder hatte ich früher immer geübt die Knoten zu machen. Manchmal hatten wir einfach Stunden hier gesessen und ich hatte ihm dabei zugeschaut, wie er das Seil immer wieder um den Haken schlang und davon löste. Dabei hatten wir uns Eselsbrücken für die Knoten überlegt. Z.B. kam die Schlange aus dem See, wenn das Ende durch eine Schlaufe gezogen werden musste. Noch heute murmelte ich diese Anleitungen vor mich hin, wenn ich mal wieder ungestört verschwinden wollte. Genau wie jetzt. Möglichst leise ließ ich die Leiter an der Hauswand herunter. Sie sollte ja nicht gegen die Wand donnern. Noch einmal sah ich mich im Zimmer um. Mein Blick fiel auf etwas grünes. Meine Jacke! Die würde ich garantiert nicht hier vergessen. Schnell schlüpfte ich in das heißgeliebte Teil, dem man sein Alter langsam ansehen konnte. Was soll's? Mit einem Schulterzucken begann ich nach unten zu klettern. Die letzten fünf Sprossen übersprang ich einfach. Kaum stand ich sicher auf dem weichen Gras, begann ich in Richtung Meer zu gehen. Um diese Uhrzeit war niemand mehr unterwegs. Alle schliefen. Bis auf ein paar Leute in der Kneipe der Stadt, von der ich jedoch zum Glück weit entfernt war. Bald lief ich nicht mehr auf Gras oder Stein sondern auf dem feinen Sand Kubas, den ich während meines Aufenthaltes im All besonders vermisst hatte. Seufzend setzte ich mich auf einen Stein und sah zum Meer. Leise Wellen schwappten auf den Strand und zogen sich schnell wieder zurück. Dabei funkelte das Wasser im Mondschein. Es war diese typische kalte Schönheit. Schon fast beängstigend, wodurch sie auch so anziehend war. So wie bei Keith. Wieder seufzte ich. Ich war am verzweifeln. „Wo bist du? Wo bist du nur Keith?" flüsterte ich und sah zum Himmel. Die Sterne schienen um die Wette zu funkeln. Mitten durch dieses Durcheinander zog sich die Milchstraße in verschiedenen Violetttönen. Keiths Augen waren violett grau. Ein weiterer Seufzer kam über meine Lippen. Und der Mond schaute wie ein riesiges Auge auf mich herab, wie ich um jemanden trauerte, der mich nie lieben würde.
„Ja, schau nur! Hast ja wohl nichts besseres zu tun mh?" Sagte ich und starrte zurück. Da nahm ich plötzlich eine Bewegung aus dem Augenwinkel war. Etwas bewegte sich rasend schnell auf mich zu! Waren die Galra doch noch aktiv? Schickten sie wieder irgendeinen Kampfroboter? Aber was gab es hier noch für sie zu holen? Angespannt versuchte ich es zu identifizieren, doch erst als sich das Objekt direkt vor dem Mond befand erkannte ich die großen Flügel und den elegant gebogenen Schanz. Es war der schwarze Löwe. Und er war auf dem Weg zu mir.

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