Kapitel 6

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Harry legte eine Vollbremsung mit seinem Besen ein und gab ihren Begleitern ein Zeichen zum Sammeln. Kurz darauf landeten sie auf einem kargen Hügel.

„Ich fasse nicht, dass du das nicht gleich gesagt hast. Wir könnten wertvolle Zeit verloren haben", schnauzte er Hermine an, während sie beobachteten, wie die anderen kreisend tiefer kamen.

„Zeit wofür?"

„Das fragst du noch? Du bist doch hier die Expertin für Magische Wesen."

Zu einer dunkel gekleideten Hexe, die eben neben ihnen auf den Boden gesunken war, sagte er: „Wir apparieren."

Sie nickte und winkte ihre Kollegen herbei. Harry stützte Hermine, damit sie ihr verletztes Bein nicht belasten musste und Sekunden später spürte sie das bekannte Ziehen hinter dem Bauchnabel, die Welt um sie herum verschwand und als sie sich wieder materialisierte, standen sie im Foyer des St. Mungo Hospitals.

„Lykanthropie."

Er nickte mit dem Kopf in ihre Richtung und schrie dann beinahe, als die Empfangshexe nicht gleich reagierte: „Na wirds bald? Wir haben einen Notfall! Holen Sie einen Heiler!"

„Harry! Was soll das? Ich bin nicht gebissen worden."

„Du bist nicht...? Aber du hast doch gesagt..."

„Ich habe gesagt, dass Greyback mich erwischt hat, ja. Aber mit der Pranke. Er hat mich nicht gebissen."

„Oh, dem Himmel sei Dank", er wischte sich den Schweiß von der Stirn, als zwei Zauberer in limonengrünen Umhängen herbeigeeilt kamen, „falscher Alarm", sagte er zu den beiden, die davon ziemlich genervt aussahen.

„Wenn jeder hier so einen Aufstand machen würde...", zeterte einer, während der andere Hermines Bein begutachtete und eine Bahre heraufbeschwor.

„Ja, schon gut", Harry lachte, sichtlich erleichtert, und ließ sich auf einen der Stühle im Wartebereich fallen, „ich warte hier auf dich."

Der Heiler brachte sie in einen geräumigen, aber minimalistisch eingerichteten Behandlungsraum, in dem mehrere durch Vorhänge voneinander getrennte Betten standen. Die meisten von ihnen waren leer, nur zwei schienen besetzt zu sein. Die Bahre landete auf einem der Betten und wurde augenblicklich zu einer dünnen Decke. Der Zauberer hob ihr verletztes Bein vorsichtig an. Mit der Spitze seines Zauberstabes fuhr er ein Stückchen oberhalb ihres Knies an der Hose entlang und trennte so den Stoff. Das abgeschnittene Hosenbein verschwand und legte den Blick auf die Wunde frei.

„Das war also auch ein Werwolf?", sagte er mit gedämpfter Stimme, „wir hatten schon lange nicht mehr auch nur annähernd so viele Vorfälle wie heute Nacht."

Hermine nickte: „Ja, aber er hat mich nur mit der Pranke erwischt. Es dürfte also nichts passiert sein."

„Nun gut, das sollten wir gleich haben. Am besten beißen Sie einmal kurz die Zähne zusammen, das wird ein wenig brennen."

Er nahm eine kleine Flasche von einem Regal und träufelte einige Tropfen auf die offene Stelle. Es zischte und dampfte und brannte höllisch, als sich das Fleisch wieder schloss und schon kurz darauf sah ihr Bein, von dem verkrusteten Blut einmal abgesehen, aus wie neu.

„Bleiben Sie den Rest der Nacht einfach hier. Zur Sicherheit gebe ich Ihnen den Wolfsbanntrank. Er schmeckt fürchterlich, aber solange die Gefahr besteht, dass doch etwas zurückbleibt, nehmen Sie das wohl gerne in Kauf."

„Ich denke zwar nicht, dass das nötig sein wird, aber Sie haben natürlich recht. Sicher ist sicher."

„Gut, dann lasse ich Ihnen den Trank bringen und sage Ihrem Begleiter Bescheid, dass er nicht auf Sie warten braucht."

Lumine II - WolfsbrutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt