Kapitel Zwei

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Der nächste Tag war genau so schlimm wie der letzte. Ich kam in die Schule, setzte mich nach hinten, vertrieb mir die Zeit mit lernen und Texte schreiben. In der Pause wollte ich gerade zu meinem neuen Raum als Lucas wieder auftauchte. Ich vergrub mich fast vollständig in meinem Hoodie und sah auf den Boden. „Awww, was hat die kleine Schuchtel denn? Ich hab dich gestern gar nicht mehr gesehen, hattest wohl zu viel Schiss was?" ich machte mich auf Schläge gefasst und spannte mich an. Und schon trat mir jemand die Beine Weg, ich schlug hart auf dem Boden auf, schnell schloss ich meine Augen und hob meine Arme um meinen Kopf zu schützen. „Ach ich verstehe echt nicht wie du dich noch auf die Straße traust." Ich krümmte mich weiter zusammen als ich erneute Tritte in den Magen abbekam, von gestern war noch alles blau und ich wusste wenn das so weiter geht ich es nicht mehr lange aushalte.

Nach weiteren Minuten welche für mich wie Ewigkeiten erschienen, ließen sie von mir ab und gingen lachend und redend in ihren Raum. Ich stand auf und schleppte mich ebenfalls in meinen Unterricht. Wir hatten jetzt Kunst, ein Fach welches mir eigentlich sehr gut gefiel. Heute sollten wir ein Selbstbild zeichnen. Ich nahm meinen Bleistift und fing an, meine Musik hatte ich über Kopfhörer eingeschaltet.

Meine Striche waren Aggressiv und meine einzigsten Farben waren schwarz und Rot. Nach und nach entstand das was ich als mich selbst identifizierte. Es war ein schwarzes Monster, welches zwar meine Figur und mein Gesicht hatte aber trotz allem hässlich war. Die Augen waren rot und mit dunklen Schatten versetzt, meine sonst so helle Haut war rötlich mit vielen Verletzungen, meine Hände voller Blut und dort wo ein Herz sein sollte klaffte ein großes Loch. Meine schwarzen, weichen Haare fielen aus, verloren ihren Glanz. Meine Lippen waren rissig und Blutleer.

Ich war gerade fertig als die Lehrerin und bat zusammenzuräumen und in die Pause zu gehen. Ich packte das Bild in mein Hefter und wollte gerade den Raum verlasen als ich eine leise Stimme wahrnahm. Ich drehte mich um, sah aber niemanden, ich war allein. Doch immer wieder war da ein leises Wimmern, es klang als versuche jemand krampfhaft das weinen zu unterdrücken. Ich sah mich um und entdeckte eine Tür welche in den Vorbereitungsraum führte. Leise öffnete ich sie und schaute in den dunklen Raum. Es gab keine Fenster und das Licht war aus. Vorsichtig schloss ich die Tür und trat in die Dunkelheit. Ich konnte die Schemen eines Jungen erkennen welcher in der Ecke saß und mich gar nicht wahrnahm. Langsam ging ich zu ihm und setzte mich dazu. Er schrak zusammen als ich meine Hand auf seine Schulter legte. „Shh, es ist alles gut, beruhige dich", ohne etwas zu sagen klammerte er sich in meinem Hoodie fest und fing stark an zu schluchzen. Sanft strich ich über seinen Rücken wobei mir jeder Wirbel in die Hand stach. Er war unglaublich dünn. „Es ist okay, lass es raus, ich bin da. Alles Gut, es ist Okay....es ist Okay", immer wieder murmelte ich vor mich hin bis ich es geschafft hatte das er sich etwas beruhigt. „Was ist den los? Warum weinst du?" Meine eiserne Regel in der Schule nicht zu sprechen war mir gerade sehr egal, dieser Junge berührte mein totes Herz und ich hatte das Bedürfnis ihn zu schützen egal was es war. Er sah mich aus verquollenen Augen an und klammerte sich weiter an mein Shirt. „Alles gut kleiner, ich bin da", ich streichelte weiterhin sanft seinen Rücken und hatte auch nicht vor aufzuhören.

Es brauchte ein Weile bis er sich komplett beruhigt hatte und reden konnte. „Ich werde gemobbt, weil ich eine Brille trage und sehr viel lerne. Aber ich will doch nur etwas erreichten ist das so schlecht?" Sofort traten ihm wieder Tränen in die Augen. „Nein das ist nicht schlimm, du musst es mal so sehen; Du wirst in deinem Leben etwas haben. Du wirst klug und gebildet sein, wirst Geld verdienen können, wirst deine Familie ernähren können. Und außerdem bist du mit deiner Brille süß." ich strich ihm die Haare aus dem Gesicht und lächelte leicht, auch wenn er es wegen der Dunkelheit nicht sah. „Wie ist eigentlich dein Name? Ich bin Shin, falls du dich wunderst ich bin Koreaner", wir saßen inzwischen kuschelnd an eine Wand angelehnt. Ich fuhr immer wieder durch seine Haare, sie waren so unglaublich voll und weich. „Mein Name ist Damien", ich glaubte ein Lächeln auf seinem Gesicht gesehen zu haben. Als er sich wieder an mich kuschelte zischte ich kurz auf, sofort ließ er mich wieder los. „Oh Gott, hab ich dir weh getan? Was hab ich gemacht? Es tut mir leid, O Gott!"Er wich zurück und drehte sich weg. Sofort griff ich nach seinem Arm, „Nein alles gut, ich hab nur ein paar blaue Flecke, das war nicht deine Schuld. Bitte komm wieder her, ich tue dir nichts", langsam kroch er wieder zu mir und ich zog ihn in eine feste Umarmung. Obwohl ich ihn noch nicht gut kannte wusste ich das ich ihn nie wieder gehen lassen will.

I know that....but it hurts...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt